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30 Minister einigen sich, den Kompromiß zu wollen

■ EG/Efta-Beratungen zum EWR gescheitert: Außer Spesen nichts gewesen

Luxemburg (dpa/taz) — Über dreißig Minister aus der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Freihandelszone Efta haben in Luxemburg sechzehn Stunden lang den Durchbruch zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum (EWR) versucht. Am Ende des Verhandlungsmarathons kam in der Nacht zum Mittwoch nicht einmal eine abgestimmte Erklärung heraus.

Großzügig verkündeten der luxemburgische Außenminister und derzeitige EG-Ratspräsident Jacques Poos und der Efta-Chefunterhändler Wolfgang Schüssel einen „politischen Erfolg“: Man habe sich darauf verständigt, sich auf Fischfangrechte vor Island einigen zu wollen; die Efta-Staaten hätten sich auch im Prinzip bereiterklärt, die ärmeren der EG-Staaten finanziell zu unterstützen.

In der heikelsten Frage, wieviele Lkw aus Ländern der Europäischen Gemeinschaft künftig die Alpen mit ihren Schadstoffen werden belasten dürfen, erreichten die Minister noch nicht einmal den gemeinsamen Willen zum Kompromiß. Die österreichischen und schweizerischen Unterhändler wollten ihren Völkern keinen weiteren Schwerlastverkehr zumuten.

Seit Monaten schon schieben die Politiker den Streit über diese Themen vor sich her. Ein weiteres Mal sahen sich die Chefdiplomaten außerstande, Kompromisse zu finden. Jetzt sollen ihre Beamten „in wenigen Tagen und Nächten“, so Poos, die vagen politischen Vorstellungen unter einen Hut bringen. Im österreichischen Salzburg soll dann statt der für Montag geplanten Paraphierung eines Vertragswerks auf einer nüchternen Arbeitssitzung zumindest das bis dann Erreichte bekanntgegeben werden. „Außer Spesen nichts gewesen“, kommentierte ein portugiesischer Diplomat.

Wie schon einen Monat zuvor bekräftigten EG- und Efta-Minister, jeder wolle unbedingt den gemeinsamen Wirtschaftsraum vom Nordkap bis Sizilien. Während die Efta-Mitglieder Schweiz, Österreich, Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Liechtenstein die Vorzüge des schrankenlosen Binnenmarktes ab 1993 genießen sollen, verspricht sich die Zwölfergemeinschaft, mit dieser Formel die Beitrittswünsche der Efta-Staaten auf die lange Bank schieben zu können und darüber hinaus noch gute Geschäfte zu machen.

Seit zwei Jahren arbeiten die beiden Wirtschaftsblöcke auf die Paraphierung des EWR-Vertrags in der kommenden Woche in Salzburg hin. Doch in letzer Minute ist jetzt dieser Termin geplatzt und auf den nächsten Monat verlegt worden. Das Gerangel um Fisch, Brummis und Ecu gibt einen Vorgeschmack darauf, wie es in einer erweiterten Gemeinschaft zugehen könnte. Schließlich stehen schon viele EuropäerInnen — ob aus Nord, Süd oder Ost — vor den Toren der Gemeinschaft Schlange. Schon schmollten in Luxemburg die Schweizer über Stunden in ihrem Hotel: Sie fühlten sich brüskiert, weil viele Minister vorzeitig ihre Koffer packten, um lieber am nächsten Tag am Tisch der KSZE in Berlin zu sitzen.

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