Forschen zu Geschlechterfragen: 27 Frauen, ein Mann
■ An der Uni Oldenburg haben zwei neue Studiengänge begonnen
Der Philosoph Descartes sagte einmal: „Wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein.“Das bezweifelt Soziologie-Professorin Ilse Dröge-Modelmog. „Was ist denn mit einer Schwangeren?“fragt sie sich. Die trage schließlich einen Körper im Körper. Doch dieser weibliche Aspekt kam dem französischen Philosophen des 17. Jahrhunderts nicht in den Sinn.
An der Universität Oldenburg sollen ab diesem Semester über solche und ähnliche Fragen verstärkt nachgedacht und geforscht werden. Im neu eingerichteten Magisterstudiengang „Frauen- und Geschlechterstudien“können StudentInnen Seminare aus ganz verschiedenen Fachrichtungen belegen: ProfessorInnen der Philosophie, Biologie, Soziologie, Musikpädagogik, Mathematik und anderen Fakultäten beschäftigen sich mit frauen- und geschlechterspezifischen Fragen. „Wir arbeiten interdisziplinär. Es sollen damit tradierte Strukturen aufgebrochen werden“, sagt dazu Dröge-Modelmog. Im ersten Semester werden schon 37 Veranstaltungen angeboten.
Jetzt fehlen nur noch die StudentInnen. Bisher haben sich lediglich 27 Frauen und ein Mann für den neuen Studiengang eingeschrieben, der im Nebenfach belegbar ist. „Die Genehmigung vom Ministerium kam ganz plötzlich. Wir konnten keine Werbung mehr machen“, erzählt Dröge-Modelmog. Im nächsten Semester wird sich die Zahl der StudentInnen vervielfachen, da ist sie sich sicher.
Daß der Studiengang den Namen „Frauen- und Geschlechterstudien“und nicht – wie zum Beispiel an der Humboldt-Universität in Berlin – den Titel „Genderstudies“trägt, war eine bewußte Entscheidung. „Es bedeutet eine Verengung, wenn das Wort Frau wegfällt“, sagt Dröge-Modelmog. Gleichzeitig knüpft die Namenswahl deutlich an die Frauenbewegung an. Die kann den feministischen Nachwuchs gut brauchen, genauso wie Parteien, Gewerkschaften oder Verwaltung. All das – so Dröge-Modelmog – seien spätere Berufsfelder für AbsolventInnen.
Wer aber lieber an der Universität Oldenburg bleiben möchte, kann im Aufbaustudiengang „Kulturwissenschaftliche Geschlechterstudien“promovieren. „Wir untersuchen die Inszenierung von Männlichkeit und Weiblichkeit im öffentlichen Raum“, erzählt Karen Ellwanger, Professorin für europäische Textilkunde. In etwa sechs Semestern besuchen die PromoventInnen Seminare und schreiben gleichzeitig ihre Doktorarbeit. „Wir wollen, daß im Team gearbeitet wird“, sagt Ellwanger. Das scheint viele zukünftige Doktoranden zu reizen, schon jetzt wurde eine Warteliste angelegt. Ein großes Manko hat der Aufbaustudiengang aber: Es gibt bisher keine Stipendien. „Aber wir arbeiten daran“, verspricht Ellwanger. susa
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