2000 Anschläge: „Öffentliche Kritik wird diskreditiert“ Verweigertes Selbstgespräch
■ Der Gastkommentar: Galeristin und „Anstoß“-Aktivistin Katrin Rabus über die Diskussion um das NordwestRadio
Das neue NordwestRadio versteht sich als regionales Informations- und Kulturprogramm, es will mehr Hörer als zuvor mit deutlich weniger finanziellem Aufwand gewinnen – ein sehr anspruchsvolles Experiment, dazu noch in ungewohnter Kooperation mit einem großen Nachbarsender. „...Im Radio muss es um beides gehen, um Sachen, die dem Publikum wichtig sind, um schnelle Information und Unterhaltung, aber auch um das öffentliche Gespräch.“ Dies äußert Fritz Pleitgen, Intendant des WDR, in einem Interview der FAZ am 5.1.2002.
Und er fügt hinzu, für diese „cause du peuple“ als Selbstge spräch der Gesellschaft seien die Kulturprogramme das Kernstück. Sie garantieren, dass große und kleine Kulturereignisse nicht Sache der Eingeweihten bleiben, sondern allen zugänglich werden. Und weiter: „Programme dieser Art erfordern aufmerksames Zuhören. Es kann nicht überraschen, dass sie zum Nebenbeihören kaum taugen. Je anspruchsvoller ein Programm, desto seltener wird es eingeschaltet.“ Kein Wunder, dass die aktiven, im Sinne Fritz Pleitgens am Selbstgespräch der Gesellschaft interessierten Hörer des alten RB2 den Wechsel aufmerksam und kritisch verfolgen und sich entsprechend öffentlich dazu äußern. Einen besseren Beweis für die noch bestehende Rolle Radio Bremens als öffentliches Medium kann man sich kaum denken. Eben diese sollte nicht verspielt werden. Dabei steht vor allem das Tagesprogramm von Montag bis Freitag im Mittelpunkt, für viele Kritiker ist das computergenerierte Musikprogramm der Hauptanstoß – unabhängig von Inhalt und Stimmung des Wortbeitrags gibt es immer Überraschungen, zum Beispiel am Starttag der Sixdays folgt auf den Schlusssatz über Klaus und Klaus ... lupenreine Klassik, vermutlich Schubert! Leider ist dann auch dem Moderator keine Freiheit zur Ironie gelassen, aber vermutlich kennt er die Musik vorher auch nicht.
Und nun das Fatale: Die öffentliche Kritik – offensichtlich von den Verantwortlichen in dieser Heftigkeit nicht erwartet, alle maßvoll kritischen Stimmen auch aus dem Rundfunkrat übergehend – wird diskreditiert, als „gesteuert“ oder als Meinung von Einzelnen dargestellt. Im taz-Interview geht niemand auf die sachliche Kritik des Rundfunkrats ein. Radio Bremen selbst stellt sich nicht der „cause du peuple“, dem öffentlichen Selbstgespräch. Da liegt das Problem. Die Alternative zum NordwestRadio ist ein besseres NordwestRadio.
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