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200. Geburtstag von DarwinWenn Finkenmännchen singen

In diesem Jahr wird der 200. Geburtstag von Charles Darwin gefeiert. Seine Evolutionstheorie steht in jedem Biologiebuch. Kein Forscher hat Geschlechterklischees so geprägt.

Streben nach Fortpflanzung als Motor allen Handelns: Charles Darwin prägt noch immer die Wissenschaft. Bild: dpa

Charles Darwin hat wohl geahnt, was er da anzettelte: "Ich weiß wohl, dass kaum ein Punkt in diesem Buche zur Sprache kommt, zu welchem man nicht Tatsachen anführen könnte, die oft zu gerade entgegengesetzten Folgerungen zu führen scheinen." Das schrieb der Begründer der Evolutionstheorie in der Einführung zu seinem Hauptwerk, in dem er sich unter anderem mit den Regeln der "sexuellen Selektion" beschäftigte. Darwins Zweifel waren berechtigt.

Seine Thesen und deren Spätfolgen dürften in diesem Jahr wieder breiter diskutiert werden, denn 2009 ist ein "Darwin-Jahr" mit einem Doppeljubiläum. Vor 200 Jahren erblickte Charles Darwin das Licht der Welt. Vor 150 Jahren erschien sein Hauptwerk "Über die Entstehung der Arten", in dem er unter anderem über die Anpassungsfähigkeit von Vögeln und Riesenschildkröten und das Paarungsverhalten von Insekten referierte.

Die "natürliche Auslese" wirkt laut Darwin so, dass die am besten an ihre Umwelt angepassten genetischen Varianten einer Art am ehesten überleben und Nachkommen zeugen. Dabei komme auch die "geschlechtliche Selektion" zum Zuge. Diese sei ein "Kampf zwischen den Individuen des einen Geschlechts, meistens den Männchen, um den Besitz des anderen Geschlechts … Im Allgemeinen werden die kräftigsten, die ihre Stelle in der Natur am besten ausfüllenden Männchen die meiste Nachkommenschaft hinterlassen." So heißt es in dem Hauptwerk.

Damit war das Schema entworfen, das bis heute gnadenlos Hunderte von Studien prägt. Das Streben nach Fortpflanzung gilt als Motor allen Handelns. Der Wert der Männchen bemisst sich an ihrem Sieg über Konkurrenten. Und Weibchen wiederum zählen nur etwas, wenn um sie geworben wird und sie bestenfalls Interessenten auswählen dürfen.

Nun könnte man sagen, dass nach Darwins Thesen die Männchen ziemlich benachteiligte Wesen sind, gehen viele von ihnen doch als Verlierer vom Kampfplatz. Andererseits ist es auch keine besonders aufregende weibliche Lebensaufgabe, untätig auf möglichst tolle Bewerber zu warten und nur am Fortpflanzungserfolg gemessen zu werden.

Doch der Sprengstoff von Darwins Thesen liegt bis heute vor allem in der angeblichen "Naturgesetzlichkeit" der Geschlechterbeziehungen. Diese Suche nach dem Unabänderlichen, den "Naturgesetzen" befeuert die Geschlechterforschung bis heute. Biologen berufen sich auf die Evolution, wenn sie über die männliche "Jagdleidenschaft" räsonieren oder den Hormonstatus von ManagerInnen erkunden. Begeistert wird inzwischen auch nach der evolutionär ausgebildeten Differenz zwischen "männlichen" und "weiblichen" Hirnen gefahndet.

Die Betrachtungen fallen dabei durchaus auch zum Vorteil der Frauen aus, wie etwa die These der US-amerikanischen Anthropologin Helen Fisher, dass das weibliche Hirn besonders gut zum "Netzwerkdenken" befähige und Frauen damit in der Wirtschaft schwer im Kommen seien.

Die Sache mit den erfolgreichen Frauen aber, sagt der Münchner Psychotherapeut und Buchautor Stefan Woinoff, führe zu neuen Problemen. Denn gebildete Frauen aus dem Management finden angeblich schwerer Partner, da Frauen aufgrund ihrer tief im Hirn verankerten Auswahlkriterien am liebsten noch höher gebildete Männer wünschten, welche aber nicht in ausreichender Zahl vorhanden seien.

Doch keine Partnerschaft, keine Kinder - damit hätte sich die Evolution gewissermaßen selbst erledigt. Zumindest theoretisch.

Von diesem Schlamassel ahnte Charles Darwin wohl nichts, als er vor mehr als 150 Jahren mit dem Tornister über die Galapagos-Inseln stapfte und dem Gesang der Finkenmännchen lauschte, die damit die Weibchen zu beeindrucken suchten. Er konnte nicht wissen, dass seine Thesen zu den "ewigen" Naturgesetzen auch in der Geschlechterfrage für vielfältige Versuchsanordnungen sorgten. Und sich damit als vielseitig verwendbar erwiesen. Das ist aber keine Frage der Biologie. Sondern eine der Kultur.

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2 Kommentare

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  • A
    anke

    ... und wieder hat ein falsch(verstanden)es Wort genügt...! Das Wort "Kampf", ist offensichtlich eines dieser sogenannten Schlüsselworte. Es nützt Charles Darwin rein gar nichts, dass er beinahe im selben Atemzug von Anpassung spricht und von den "ihre Stelle in der Natur am besten ausfüllenden Männchen." Die Stelle nämlich, die dem Mann seiner Meinung nach noch immer am ehesten zukommt, ist die des rücksichtslosen, sexbesessenen Eroberers. Nun – offensichtlich hat sich die Evolution bis heute keineswegs selbst erledigt. Ich nehme an, das liegt daran, dass sie sich einen feuchten Kehricht schert um die seltsamen Vorstellungen, die Menschen von sich selbst und ihresgleichen mitunter hegen.

  • AR
    ASt Reyntjes

    Auf Finkenvögel konnte Darwin keine menschlichen Mann-Frau-Auseinandnersetzugen beziehen. Auch nicht von ihnen herleiten. - Er war kein "lieber Gott", den es nicht gibt, als Naturgröße; kein Frauenflüsterer.

     

    Einige Sätze, in Deutsch nach der engl. Fasssung, in der Darwin immer sehr behutsam, um nicht zu viele Abfeindungen zu riskieren, seine Beobachtungen als Grundauffassungen darzustellen suchte:

     

    (Aus dem 21. Kapitel von „The Descent of Man”. 1871. - Provisorischer Titel des Abschnitts “Der Glaube an Gott“; von mir korrigierte Fassung einer deutschen Übersetzung von J. Victor Carus. Ffm. 2008.)

     

    Darwin:

    "Ich weiß sehr wohl, dass der vermeintliche instinktive Glauben an Gott von vielen Personen als Beweismittel für das Dasein Gottes selbst benutzt worden ist. Dies ist aber ein voreiliger Schluß, da wir danach auch zu dem Glauben an die Existenz vieler grausamer und böswilliger Geister getrieben würden, die nur wenig mehr Kraft als der Mensch selbst besitzen.

    Denn der Glaube an diese ist viel allgemeiner als der an eine liebende Gottheit. Die Idee eines universellen und wohlwollenden Schöpfers des Weltalls scheint als Zuschreibung nach den geistigen und sozialen Grundverhältnissen des Menschen nicht eher zu entstehen, als bis er als Projektion sich durch langwirkend fortgesetzte Kultur emporgearbeitet hat."

     

    Einen solch weiten und weitherzigen Kulturbegriff hatte Darwin, der alle Fragen, Hemmnisse und möglichen Veränderungen und Lösungen von Gender-Fragen zu umfassen mag. (Wie es dann Psychologen und Psychoanlytiker und Frauenpolitiker und poly-kindernden, sxchwarz-vermögenden Politikerinnen und greinende oder kreischende Feministen zu erpoben suchten.)

     

    Ja, menschliche, zumeist männliche rutluK, äh: Kultur, ist (eigentlich wird: passisvisch...) erwachsen, erlitten, erschrie(b)en aus der Natur und der sozialen Phantasie.

     

    - Wenn man/frau denn selber diese tradierten oder auch okkupierten und ergänzbaren Verhältnisse als Werk der eignen Ein- und Zugriffe auf soziale Gefühle und Ordnungen begreift.