: 20 Jahre Haft für serbischen Kriegsverbrecher
■ UN-Tribunal in Den Haag verkündet Strafmaß gegen den bosnischen Serben Tadić. Druck auf internationale Organisationen im serbischen Teil Bosniens wächst
Den Haag (rtr/AP) – Das UNO-Tribunal in Den Haag hat den bosnischen Serben Dušan Tadić gestern wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu 20 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht hatte Tadić am 7. Mai in elf Fällen dieser Verbrechen schuldig befunden. Der Serbe bezeichnet sich als unschuldig. Seine Verteidiger hatten gegen den Schuldspruch Berufung eingelegt und wollen wahrscheinlich auch das Urteil anfechten. Das Gericht verfügte, daß Tadić mindestens zehn Jahre seiner Strafe verbüßen müsse. Tadić war in München festgenommen und dem Tribunal überstellt worden.
Die Vorsitzende Richterin Gabrielle Kirk McDonald erklärte, Tadić habe seine Taten vorsätzlich und mit sadistischer Brutalität begangen. Wenn man seine Handlungen tolerieren würde, würde der Anarchie freier Lauf gelassen.
Tadić war vorgeworfen worden, 1992 während des Bürgerkrieges im Lager Omarska bei Prijedor im Nordwesten Bosniens Muslime gefoltert, vergewaltigt und getötet zu haben. Das Gericht fand ihn in elf Fällen der Mißhandlung von Häftlingen und der Komplizenschaft bei der Ermordung von zwei Polizisten schuldig. Tadić' Anwalt Nikola Kostich sagte, das Urteil sei sehr hart. Das Gericht habe seinen Mandanten in die erste Linie gerückt, obwohl er nur ein kleiner Mitläufer gewesen sei. Wo Tadić seine Strafe verbüßen muß, war unklar. Bislang haben nur Italien und Finnland ein Abkommen mit dem Tribunal über die Aufnahme verurteilter Kriegsverbrecher geschlossen. Das Münchner Justizministerium erklärte, Bayern habe die Bereitschaft signalisiert, die Haftstrafen gegen bosnische Kriegsverbrecher zu vollstrecken.
Unterdessen verschärfte sich im serbischen Teil Bosniens nach dem härteren Vorgehen gegen Kriegsverbrecher die Bedrohung internationaler Organisationen. Ein Sprengsatz explodierte am Sonntag in Zvornik, nur wenige Stunden nach der Beisetzung Drljačas, der als mutmaßlicher Kriegsverbrecher gesucht wurde. UN-Sprecher Liam McDowall berichtete von Flugblättern, in denen die internationalen Organisationen bedroht würden. Auch seien Vermieter, in deren Häusern UN-Mitarbeiter wohnten, aufgefordert worden, diese hinauszuwerfen.
Beobachter befürchteten, daß sich die Bedrohung nach der Verkündigung des Strafmaßes gegen Tadić erhöhen könnte. Tadić stammt aus Prijedor, wo der von der SFOR erschossene Drljača Polizeichef war. Der stellvertretende bosnisch-serbische Justizminister Goran Nesković erklärte, das Urteil zeige, daß das Tribunal nur gegen Serben gerichtet sei. „Tadić wurde nur verurteilt, weil er in Prijedor gelebt hat. Dieser Mann ist unschuldig“, sagte Nesković.
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