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150 Fahrern droht KündigungBundestag fährt auf Niedriglohn ab

Künftig soll eine Bahn-Tochterfirma die Bundestagsabgeordneten chauffieren. Parlamentarier protestieren gegen die drohenden Fahrer-Entlassungen und Dumpinglöhne.

Großer Auftritt, kleiner Preis: Das plant die Bundestagsverwaltung. Bild: dpa

BERLIN taz Wer den Film "Miss Daisy und ihr Chauffeur" gesehen hat, weiß, wie nahe sich Fahrer und Gefahrene kömmen können. Ähnlich muss es beim Fahrdienst des Bundestages sein. Den rund 150 Beschäftigten droht der baldige Verlust ihrer Jobs. Ihre Nachfolger könnten gezwungen sein, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten - ausgerechnet für den Bundestag. Über Fraktionsgrenzen hinweg fordern Abgeordnete nun eine Überprüfung der geplanten Neuvergabe.

Nach taz-Informationen plant die Verwaltung des Bundestages, bei der anstehenden Neuvergabe des Auftrags nicht mehr den bisherigen Dienstleister RocVin zu engagieren, sondern die Bahn-Tochterfirma DB Rent GmbH. Parlamentarier von SPD, CDU und FDP haben erst vor wenigen Tagen von den Plänen gehört, nach neun Jahren den Anbieter zu wechseln - und sind empört. Sie fürchten, der Bundestag könne von Niedriglöhnen profitieren.

Bislang arbeitet die Firma RocVin für die Verwaltung des Bundestags. Das Unternehmen stellt die Fahrer für die schwarzen Nobelkarossen, in denen die Abgeordneten in Berlin unentgeltlich von Termin zu Termin fahren dürfen. Aus verschiedenen Fraktionen hieß es unisono, die Chauffeurinnen und Chauffeure seien bislang sozialversicherungspflichtig beschäftigt und erhielten 9,45 Euro brutto pro Stunde. Das meiste Geld verdienen sie in den Sitzungswochen, wenn die Parlamentarier in der Hauptstadt unterwegs sind. So kommt ein Bruttogehalt von 700 bis 1.000 Euro zustande. Die freie Zeit nutzen viele Fahrer, um sich als Selbstständige Taxi- oder Kurierfahrer etwas dazu zu verdienen.

Alle drei Jahre muss die Verwaltung des Bundestags diesen Auftrag neu ausschreiben. Dass der DB Rent GmbH das Rennen gemacht hat, ab Herbst die Parlamentarier kutschieren zu dürfen, lässt viele Parlamentarier Schlimmes ahnen: Die Ausschreibung erfolgt nach den EU-Vergaberechtlinien, und die legen unter anderem fest, dass der Preis eine wichtige Rolle bei der Entscheidung des Auftraggebers spielen muss. Kurzum: Der künftige Stundenlohn der Fahrer könnte deutlich unter den bisherigen 9,45 Euro liegen. Dagegen regt sich Widerstand.

"Wir wollen, dass die Arbeitsbedingungen der Fahrer unverändert bleiben", fordert die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks. Sie bemängelt, die Bundestagsverwaltung habe die Fraktionen zu spät über die Neuvergabe informiert. Ihr Fraktionskollege Karl Lauterbach sagte: "Weniger als beim bisherigen Anbieter RocVin darf nicht bezahlt werden." Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, erklärte, die Liberalen hätten durchgesetzt, dass sich am Mittwoch der Ältestenrat des Parlaments mit dieser Frage beschäftigte. "Die Fahrbereitschaft ist immer ein heikles Thema", urteilt van Essen. "Ich kann da nur raten, sich genau an die Vorgaben des Vergaberechts zu halten."

Beim bisherigen Dienstleister zeigt man sich ratlos. "Dass nun ausgerechnet der Staatsbetrieb Deutsche Bahn zum Zuge kommen soll, verstehen wir nicht", erklärte der Geschäftsführer von RocVin, Torsten Diehl. Seine Firma erwägt nun, beim Bundeskartellamt ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Die Verwaltung des Bundestages wollte zu alldem nicht Stellung nehmen. Dessen Sprecher Christian Boose beruft sich darauf, es handele sich um ein schwebendes Verfahren. Das könnte bald vorüber sein. Einige Beschäftigte der Fahrbereitschaft erklärten, sie hätten bereits die Kündigung zum 1. August erhalten.

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18 Kommentare

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  • B
    Betroffener

    Wo sind sie geblieben, die staatsbediensteten Chauffeure, Hausmeister und Hilfskräfte - seit vielen Jahren geopfert auf dem Altar des Lohndumpings auch mitgetragen von den Abgeordneten. Ist da Wagen waschen auch noch inklusive?

     

    Und nun heucheln sie mal wieder - diejenigen, die sich ihre Diäten um mehr erhöhen wollten, als ihre Chauffeure den ganzen Monat Brutto bekommen.

  • E1
    Etage 13

    Wir könnten die Arbeit von Regierung und Parlament doch auch 'ner Zeitarbeitsfirma übertragen. Bezahlt wird nach Ergebnis - in diesem Fall gemessen an Übereinstimmung mit dem Wählerwillen.

  • J
    JoLa

    Schon wieder einmal geheuchelte Empörung!

    Viel besser wäre es, wenn die Parlamentarier in Berlin und Brüssel darauf hinwirken, dass bei den Vergabeverfahren nicht der billigste, sondern der, der Mindestlöne nicht unterschreitet und sozialversicherungsplichtige Arbeitsplätze anbietet, zum Zuge kommt! Ob Jörg van Essen dann immer noch rät, ..."sich genau an die Vorgaben des Vergaberechts zu halten",ist dann wohl mehr als fraglich.

  • K
    K.D.Neumann

    Die gleichen Volksvertreter, welche mit ihrer Politik solche Zustände ermöglichen, jammern jetzt rum...

    Vielleicht sollte mal die Arbeit des Bundestages EU-weit "ausgeschrieben" werden. Bei "My Hammer"gibt es dann bestimmt ein günstiges Angebot, und "der Staat" könnte dann viel Geld sparen.

  • S
    samida

    Warum werden solche Jobs überhaupt ausgeschrieben? Was soll dieser bürokratische Unsinn?

  • C
    ChriWa

    Dumpinglöhne durch die Bundestagsverwaltung sind doch schon längst Realität: Fragen Sie doch mal, was die Pförtner und Sicherheitskräfte am Reichstag verdienen, die ebenfalls durch Dienstleister beschäftigt werden.

     

    Viel ist es nicht....

  • B
    Betroffener

    Wo sind sie geblieben, die staatsbediensteten Chauffeure, Hausmeister und Hilfskräfte - seit vielen Jahren geopfert auf dem Altar des Lohndumpings auch mitgetragen von den Abgeordneten. Ist da Wagen waschen auch noch inklusive?

     

    Und nun heucheln sie mal wieder - diejenigen, die sich ihre Diäten um mehr erhöhen wollten, als ihre Chauffeure den ganzen Monat Brutto bekommen.

  • E1
    Etage 13

    Wir könnten die Arbeit von Regierung und Parlament doch auch 'ner Zeitarbeitsfirma übertragen. Bezahlt wird nach Ergebnis - in diesem Fall gemessen an Übereinstimmung mit dem Wählerwillen.

  • J
    JoLa

    Schon wieder einmal geheuchelte Empörung!

    Viel besser wäre es, wenn die Parlamentarier in Berlin und Brüssel darauf hinwirken, dass bei den Vergabeverfahren nicht der billigste, sondern der, der Mindestlöne nicht unterschreitet und sozialversicherungsplichtige Arbeitsplätze anbietet, zum Zuge kommt! Ob Jörg van Essen dann immer noch rät, ..."sich genau an die Vorgaben des Vergaberechts zu halten",ist dann wohl mehr als fraglich.

  • K
    K.D.Neumann

    Die gleichen Volksvertreter, welche mit ihrer Politik solche Zustände ermöglichen, jammern jetzt rum...

    Vielleicht sollte mal die Arbeit des Bundestages EU-weit "ausgeschrieben" werden. Bei "My Hammer"gibt es dann bestimmt ein günstiges Angebot, und "der Staat" könnte dann viel Geld sparen.

  • S
    samida

    Warum werden solche Jobs überhaupt ausgeschrieben? Was soll dieser bürokratische Unsinn?

  • C
    ChriWa

    Dumpinglöhne durch die Bundestagsverwaltung sind doch schon längst Realität: Fragen Sie doch mal, was die Pförtner und Sicherheitskräfte am Reichstag verdienen, die ebenfalls durch Dienstleister beschäftigt werden.

     

    Viel ist es nicht....

  • B
    Betroffener

    Wo sind sie geblieben, die staatsbediensteten Chauffeure, Hausmeister und Hilfskräfte - seit vielen Jahren geopfert auf dem Altar des Lohndumpings auch mitgetragen von den Abgeordneten. Ist da Wagen waschen auch noch inklusive?

     

    Und nun heucheln sie mal wieder - diejenigen, die sich ihre Diäten um mehr erhöhen wollten, als ihre Chauffeure den ganzen Monat Brutto bekommen.

  • E1
    Etage 13

    Wir könnten die Arbeit von Regierung und Parlament doch auch 'ner Zeitarbeitsfirma übertragen. Bezahlt wird nach Ergebnis - in diesem Fall gemessen an Übereinstimmung mit dem Wählerwillen.

  • J
    JoLa

    Schon wieder einmal geheuchelte Empörung!

    Viel besser wäre es, wenn die Parlamentarier in Berlin und Brüssel darauf hinwirken, dass bei den Vergabeverfahren nicht der billigste, sondern der, der Mindestlöne nicht unterschreitet und sozialversicherungsplichtige Arbeitsplätze anbietet, zum Zuge kommt! Ob Jörg van Essen dann immer noch rät, ..."sich genau an die Vorgaben des Vergaberechts zu halten",ist dann wohl mehr als fraglich.

  • K
    K.D.Neumann

    Die gleichen Volksvertreter, welche mit ihrer Politik solche Zustände ermöglichen, jammern jetzt rum...

    Vielleicht sollte mal die Arbeit des Bundestages EU-weit "ausgeschrieben" werden. Bei "My Hammer"gibt es dann bestimmt ein günstiges Angebot, und "der Staat" könnte dann viel Geld sparen.

  • S
    samida

    Warum werden solche Jobs überhaupt ausgeschrieben? Was soll dieser bürokratische Unsinn?

  • C
    ChriWa

    Dumpinglöhne durch die Bundestagsverwaltung sind doch schon längst Realität: Fragen Sie doch mal, was die Pförtner und Sicherheitskräfte am Reichstag verdienen, die ebenfalls durch Dienstleister beschäftigt werden.

     

    Viel ist es nicht....