15-Jähriger legt Teilgeständnis ab: Wegen Steinwurf auf Juden vor Gericht
In Hannover hat der Prozess gegen einen 15-Jährigen begonnen, der bei einem Angriff auf eine jüdische Tanzgruppe in Hannover mitgemacht haben soll.
![](https://taz.de/picture/282023/14/steinwurfdpa.20110125-18.jpg)
GÖTTINGEN taz/epd/dpa | Vor dem Jugendgericht Hannover hat am Dienstag der Prozess gegen einen 15-Jährigen begonnen, der im vergangenen Sommer einen Stein auf eine jüdische Tanzgruppe geworfen haben soll. Ihm wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Angeklagte habe in dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verfahren gleich am ersten Tag ein Teilgeständnis abgelegt, sagte ein Gerichtssprecher.
Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte zusammen mit acht anderen Jugendlichen im Juni 2010 Kieselsteine auf eine Tanzgruppe geworfen und dabei eine Tänzerin am Bein verletzt haben. Vier Steine trafen ihr Ziel, einen davon soll der Angeklagte geworfen haben. Auch antisemitische Parolen sollen gerufen worden sein. Jemand habe durch ein Megafon "Juden raus!" skandiert, berichteten Zeugen. Die Tanzgruppe der Liberalen Jüdischen Gemeinde brach ihren Auftritt auf dem Kulturfest in Hannover daraufhin ab.
Die Tat hatte damals eine Debatte über Antisemitismus insbesondere unter Jugendlichen mit arabischem Hintergrund ausgelöst. Zwar haben fast alle der mutmaßlichen Mittäter des Angeklagten tatsächlich einen arabischen Migrationshintergrund. Er selbst jedoch nicht. Ihm würden auch keine "politischen, antisemitischen oder ethnischen Motive" unterstellt, sagte ein Gerichtssprecher. Er habe vermutlich "einfach mitgemacht".
Die Ermittlungen gegen vier mutmaßliche Mittäter des Jugendlichen wurden unterdessen eingestellt. Drei von ihnen sind laut Ermittlungsakte Kinder und somit nicht strafmündig. Ein 19-Jähriger sei geistig behindert und deshalb nicht schuldfähig. Insgesamt sollen neun Kinder und Jugendliche an der Attacke beteiligt gewesen sein.
Der nun angeklagte 15-Jährige muss sich unabhängig davon wegen Diebstahl, räuberischer Erpressung und Hehlerei verantworten, so der Sprecher. Das Jugendgericht verhandelt diese Vorwürfe gleich mit.
Dem Angeklagten drohen erzieherische Maßnahmen, die der Richter nach dem Jugendstrafrecht anordnen kann. Die Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, Lamya Kaddor, hatte im Sommer vorgeschlagen, "dass die Täter zum Beispiel Sozialstunden in einer Synagoge ableisten."
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