102. Nordderby in der Fußballbundesliga: Trister Sieg für Bremen
Nach dem glücklichen 1:0 von Werder Bemen könnte das Spiel am Sonntag das vorerst letzte Nordderby gewesen sein: Der HSV ist dem Abstieg näher gerückt.
BREMEN taz | „Eine Kühne-AG als Gegner, nur mit Clowns und eine Szene, die so keine ist, macht das Derby für uns alle grau und trist“, schrieben die Werder Fans auf einem Transparent über die ganze Ost-Kurve – in Anspielung auf HSV-Anteilseigner Klaus-Michael Kühne und den Rückzug großer Teile der Hamburger Ultra-Szene. Dass das Spiel tatsächlich über weite Strecken trist wurde, lag dann aber doch vor allem eher an der mangelnden spielerischen Klasse – auf beiden Seiten.
Es ist schon gute Tradition, dass der HSV mit einem neuen Hoffnungsträger zum Nordderby nach Bremen reist: 2013 war es das Ehepaar van der Vaart, dass sich nach Jahren wieder die Ehre gab, und die 100. Ausgabe des Klassikers war vergangenes Jahr das zweite Spiel mit Trainer Mirko Slomka auf der HSV-Trainerbank. Auf die kehrte am Samstag nun Bruno Labbadia zurück.
Faustdicke Überraschungen
Beide Mannschaften hatten die Möglichkeit, mit einem Sieg den Tabellenplatz zu erreichen, der für das Saisonende das Ziel ihrer jeweiligen Träume ist: der HSV einen Nichtabstiegsplatz, die Bremer Rang sieben, der vermutlich zur Teilnahme an der Europa League berechtigt. Während Labbadia nur den gesperrten Verteidiger Djourou ersetzen musste, sorgte Werders Trainer Viktor Skripnik gleich für drei dicke Überraschungen:
Entgegen seiner verbalen Rückendeckung unter der Woche ersetze er Torwart Raphael Wolf erstmals in einem Liga-Spiel durch die Wolfsburger Leihgabe Koen Casteels. Für Außenverteidiger Janek Sternberg, der beim 2:3 in Stuttgart ebenfalls geschwächelt hatte, rückte Sebastian Prödl auf die linke Abwehrseite. Und für den verletzten Spielmacher Fin Bartels absolvierte der lange verletzte Özkan Yildirim sein erstes Spiel seit mehreren Monaten.
Die Zuschauer sahen in der ersten Halbzeit ein hektisches Spiel ohne klare, aber mit vielen dreckigen Aktionen im Mittelfeld, bei denen sich vor allem der HSV hervortat. Negativer Höhepunkt war ein rotverdächtiges Foul von Rafael van der Vaart an Jannik Vestergaard, der verletzt gegen Assani Lukimya ausgewechselt wurde. Werder erarbeitete sich zwar ein leichtes Übergewicht, hatte aber gegen die schon in seiner Hälfte attackierenden Hamburger Schwierigkeiten im Aufbau. Da sich die vorderen Linien wenig bewegten, schlug die Defensivabteilung viele Bälle ins Nirgendwo.
Harmlos vor dem Tor
Nach 20 Minuten gewann der HSV zunehmend Zweikämpfe im Mittelfeld und kam ein paar Mal aussichtsreich in Tornähe – blieb dort aber harmlos. Die größte Möglichkeit der ersten Hälfte hatte nach einem Konter dann Davie Selke auf den Fuß, der nach einer Flanke von Franco Di Santo aber aus elf Metern freistehend verzog.
Die zweite Hälfte begann Werder etwas präsenter, das Spiel aber blieb zerfahren und nervös. Das sollte erst nach einer halben Stunde Levin Öztunali ändern, der für Yildirim hereinkam. Öztunalis Großvater – ein gewisser Uwe Seeler – war vor Spielbeginn auf der Videowand neben der kürzlich verstorbenen Werder-Legende Pico Schütz eingeblendet worden.
Doch auch mit Öztunali zeigte Werder zu keiner Zeit, dass die Mannschaft schon so weit ist, an die Tür eines europäischen Wettbewerbs zu klopfen. Dass sie es nach diesem Spieltag trotzdem tut, lag daran, dass der HSV sich einmal mehr eine Ungeschicklichkeit in der Abwehr leistete: Valon Behrami zog dem einschussbereiten Zlatko Junozovic die Beine weg, das brachte ihm Rot ein – und Werder einen Elfmeter, den Di Santo verwandelte.
Die Bremer belohnten sich für eine zumindest kämpferisch gute Leistung. Der HSV indes tat auch unter seinem neuen Trainer, der erstmals ein Premieren-Spiel verlor, zu wenig, um sich einen Punkt verdient zu haben, konnte von den Niederlagen der Tabellennachbarn nicht profitieren – und bleibt Tabellenletzter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist