100 Tage Ministerpräsident: "Krokodil" Mappus schnappt zu

Stefan Mappus ist als CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg 100 Tage im Amt. Bisher sind seine inhaltlichen Schwerpunkte übersichtlich. Im Atomstreit agiert er nun bundespolitisch.

Wie Mappus die Rekordverschuldung Baden-Württembergs senken will, dazu hat er sich noch nicht geäußert. Bild: apn

STUTTGART taz | Das erstes Opfer im Bund war Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Es erwischte ihn, als der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) in dieser Woche seine Stimme senkte, um einen ganzen Saal voll Journalisten klanglich ins Vertrauen zu ziehen. Mit strengem Blick sagte Mappus: "Ich bin nicht mehr bereit, die Eskapaden des Bundesumweltministers zu tolerieren."

100 Tage ist Mappus jetzt im Amt, als Nachfolger des nach Brüssel weggelobten Günther Oettinger. Sein erster Vorstoß in die Bundespolitik gilt als geglückt, nachdem er ziemlich direkt Röttgens Rücktritt gefordert hatte und Kanzlerin Angela Merkel ihn gewähren lies. Offenbar funktioniert Mappus Berliner Netzwerk; er gilt als gut verdrahtet mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). "Die Zeit ist zu ernst, um jetzt vorrangig Eigenprofilierung zu betreiben", schoss Röttgen via Bild-Zeitung zurück.

Seine polternde Art brachte Mappus in seiner Zeit als CDU-Fraktionschef in Baden-Württemberg den Titel "Mappi-Schnappi, das Krokodil" ein. Angela Merkel bleibt noch verschont: Der Unions-Kritik an ihrer Führungsschwäche schließt er sich zwar an, allerdings nicht als Vorreiter. Gleichzeitig geißelt Mappus Banker wegen ihrer Boni, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, weil dieser den Griechen die Zahlungsfähigkeit absprach, und fordert notfalls nationale Alleingänge, um die Finanzmärkte zu regulieren.

Hinter den Ausflügen jenseits der Landespolitik steckt die für Schwarz-Gelb so desaströse Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Im März nächsten Jahres wird auch in Baden-Württemberg gewählt. Bei den letzten Umfragen vor der Wahl in NRW allerdings lag die schwarz-gelbe Koalition gerade noch um 4 Prozent vor SPD, Grünen und Linkspartei. Mappus inszeniert sich als Gegenpol zu Berlin.

Genau in die Kerbe schlägt die Opposition. "Mappus will zwar die Bundeskanzlerin als Sündenbock für die schlechte Lage der CDU darstellen, aber er selbst hat ja die bisherige Politik etwa mit den Steuersenkungen mitgetragen", sagt SPD-Landeschef und Spitzenkandidat Nils Schmid. Fraktionschef Claus Schmiedel lästert, Mappus lenke mit den Attacken nur von eigenen Schwächen ab.

Tatsächlich sind die inhaltlichen Schwerpunkte von Mappus bisher sehr übersichtlich: In seiner Zeit als Fraktionschef hat er Steuersenkungen befürwortet, später dann abgelehnt. Denkbar undeutlich war seine Position beim Ankauf einer Steuersünder-CD, ehe er sie schließlich ablehnte.

Wie er die Rekordverschuldung des Bundeslandes von 4,7 Milliarden Euro im Doppelhaushalt 2010/11 wieder zurückfahren will, dazu sagt er kein Sterbenswörtchen. Nu, was es nicht geben soll: Steuererhöhungen seien mit Baden-Württemberg im Bundesrat nicht zu machen. Bei Kindern und Bildung will er nicht sparen, über Kürzungen bei Hartz IV müsse man jedoch nachdenken.

Doch trotz seines Atomkurses als "aggressivster atompolitischer Scharfmacher der Republik", wie die beiden Grünen-Landesvorsitzenden ätzten, lassen sich hinter den Kulissen weder SPD noch Grüne zu einer Absage an Mappus als Koalitionspartner hinreißen. Beide wissen: Reicht es 2011 nicht für Schwarz-Gelb, ist einer von beiden am Zug.

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