10 Jahre nach dem G-8-Gipfel in Genua: Autonome wollen Rache
Zum 10. Jahrestag des G-8-Gipfels von Genua sind bundesweit Veranstaltungen geplant. Für Samstagnacht rufen Autonome in Berlin zur Militanz.
BERLIN taz | "Rache für Carlo" - das ist der Kampfruf, mit dem im linksmilitanten Spektrum derzeit zu zahlreichen Aktionen für die kommenden Tage aufgerufen wird. Zum anstehenden zehnten Jahrestag des umkämpften G-8-Gipfels von Genua sind bundesweit zahlreiche Gedenk- und Informationsveranstaltungen geplant.
Bei den Protesten gegen den Gipfel der weltweit mächtigsten Staatenlenker waren vom 19. bis 22. Juli 2001 bis zu 300.000 Menschen aus aller Welt in der italienischen Stadt Genua auf die Straße gegangen. Dabei kam es auch zu massiven Übergriffen durch die Polizei auf Demonstranten. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen war dabei am 20. Juli 2001 der Demonstrant Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen worden.
Für Samstagnacht ruft nun in Berlin das linksautonome Spektrum zu einer unangemeldeten Demonstration auf. Aktivisten erklärten in einem Schreiben gegenüber der taz, eine Eskalation läge dabei nicht im Interesse der Demonstration. In einschlägigen Internetforen wird dagegen unmissverständlich betont: "Für den Fall eines Konfliktes, der bei dieser Demo zwangsläufig von der Polizei provoziert würde, glauben wir an unsere Konfliktfähigkeit", schreibt eine sogenannten "Bezugsgrupe 13". An anderer Stelle ist von "wütendem Protest" und "entschlossenem Widerstand gegen jegliche Polizeigewalt" die Rede.
Auch in anderen deutschen Städten ruft das autonome Spektrum zu Aktionen auf. Bereits für den gestrigen Freitagabend war eine Demonstration in Duisburg geplant, wo zum Todestag Giulianis am 20. Juli erneut demonstriert werden soll. In Nürnberg ruft die Autonome Jugendantifa für Samstagnachmittag zu einer Demonstration auf. In Aachen soll es in der kommenden Woche Protest geben.
Bereits in den vergangenen Wochen wurden in zahlreichen deutschen Städten zunehmend Plakate und Graffitis zur Erinnerung an Carlo Giuliani sichtbar. Darüber hinaus hatten Unbekannte in der Nacht zu Mittwoch einen Brandanschlag auf ein Gebäude des Berliner Landeskriminalamts verübt und an der Wand einen unzweideutigen Schriftzug hinterlassen: "Für Carlo, 20.7.2001. RIP."
Neben den Plänen aus dem autonomen Spektrum sind für die kommende Woche bundesweit zahlreiche Diskussions- und Informationsveranstaltungen aus dem gemäßigten linken Spektrum geplant. Zahlreiche Aktivisten wollen in der kommenden Woche auch zu Gedenkveranstaltungen nach Italien reisen. Dort sind noch immer Gerichtsverfahren anhängig, in denen die Rolle der italienischen Polizei teils bis heute nicht abschließend geklärt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke