1. Mai deutschlandweit: Demos gegen rechte Gewalt
Zehntausende Menschen feiern bundesweit den Tag der Arbeit. Die Gewerkschaften fordern Konjunkturpaket und Mindestlöhne. Tausende protestieren gegen Fremdenfeindlichkeit.
BERLIN taz | Mit Mahnwachen, Demonstrationen und Protesten in ganz Deutschland wurde am Dienstag der internationale Tag der Arbeiterbewegung begangen. Neben den traditionellen Gewerkschaftskundgebungen riefen an zahlreichen Orten zivilgesellschaftliche Bündnisse zu Demonstrationen gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt auf. (Alle aktuellen Entwicklungen in unserem Live-Ticker.)
In Berlin und Hamburg, wo der 1. Mai früher häufig zu Spannungen führte, blieb die Lage bis zum späten Nachmittag zunächst friedlich. Bei der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Stuttgart forderte Gewerkschaftsboss Michael Sommer die Bundesregierung zum Stopp der europäischen Sparpolitik auf. Gerade in Krisenzeiten brauche es Konjunkturprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft, sagte Sommer vor rund 5.000 Menschen. Finanziert werden sollten diese durch die Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Daneben forderte Sommer die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sowie höhere Tariflöhne.
Wie an vielen anderen Orten erinnerte der Gewerkschaftschef an die lange Zeit unerkannt gebliebene Mordserie der rechtsterroristischen Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“. Auch Neonazis nutzten den 1. Mai in vielen Städten für ihre Aufzüge.
In Bonn demonstrierten tausende Menschen bei Kundgebungen, Mahnwachen und Gottesdiensten gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremen. Über 80 Gewerkschafts-, Friedens-, Kirchen- und Parteigruppen hatten in der früheren Bundeshauptstadt zu den Protesten gegen rechts aufgerufen. Die Polizei ging dabei gegen Sitzblockaden vor und setzte vereinzelt Tränengas ein.
Im schleswig-holsteinischen Neumünster demonstrierten am Dienstag rund 2.000 Menschen gegen einen Aufzug der rechtsextremen NPD. An dem Protesten beteiligten sich neben Grünen-Chefin Claudia Roth und dem Vorsitzenden der Piratenpartei, Bernd Schlömer, zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen. Nachdem die Rechten die Auflagen missachtet hatten, löste die Polizei die Demonstration dort auf und nahm rund 120 Rechte einzeln in Gewahrsam. Auch an zahlreichen anderen Orten kam es am 1. Mai zu Protesten gegen Aufmärsche von Rechtsextremen, darunter im thüringischen Weimar, im oberfränkischen Hof und im brandenburgischen Wittstock.
In Berlin feierten – begleitet von rund 7.000 Polizeibeamten – zehntausende Menschen den Tag vor allem bei einem multikulturellen Fest im Szeneviertel Kreuzberg. Für den Abend hatte das autonome Spektrum zur traditionellen „Revolutionären 1.-Mai-Demo“ gerufen, für die bis zu 15.000 Demonstranten erwartet wurden. Eine Demonstration des linksautonomen Spektrums war in der Nacht zum Dienstag weitgehend friedlich verlaufen. Im Arbeiterstadtteil Wedding waren in der Walpurgisnacht nach taz-Schätzungen rund 4.000 Menschen auf die Straße gegangen. Die Anmelder hatten mit 1.500 Demonstranten gerechnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid