1. Mai: Prozess gegen zwei Schüler: Schüler bestreiten Mordvorwurf
Seit Dienstag stehen zwei Schüler vor Gericht, weil sie einen Molotowcocktail auf Polizisten geworfen haben sollen. Die Schüler bestreiten die Tat, ihre Anwälte nennen den Staatsanwalt befangen.
"Im Nachhinein war es falsch, dorthin gegangen zu sein." Ausführlich schildert Yunus K., ein schmächtiger 19-Jähriger, vor den Richtern seine Sicht auf den für ihn so verhängnisvollen 1. Mai. Hinter ihm sitzt der 17-jährige Rigo B. Beide Freunde haben dunkle, etwas längere Haare, tragen T-Shirt, Jeans und Sneakers. "Wir haben mit den Molotowcocktails nichts zu tun", schüttelt Yunus K. den Kopf. Als Schaulustige seien sie am 1. Mai nach Kreuzberg gegangen und um dort Freunde zu treffen. Das mit den Brandsätzen hätten sie nicht mal mitbekommen. Es sei alles eine große Verwechslung.
Am Dienstag begann unter großem Zuschauerinteresse vor dem Landgericht der Prozess gegen die beiden Schüler wegen des Verdachts des versuchten Mordes und der fahrlässigen Körperverletzung. Es ist der bisher schwerste Vorwurf nach Maikrawallen. Die Schüler sollen am 1. Mai gegen 21.45 Uhr am Kottbusser Tor einen Molotowcocktail auf Polizisten geworfen, diese aber verfehlt haben. Stattdessen trafen Teile der brennenden Flüssigkeit eine Passantin, die schwere Verbrennungen erlitt.
Schüchtern betreten die Angeklagten zu Beginn den Raum, grüßen lächelnd Eltern und Freunde. "Bleibt stark", ruft einer zurück. "Wir wollten gucken, was am 1. Mai los ist", schildert Yunus K. den Abend. Anfangs seien sie am Rande der "18 Uhr"-Demo mitgelaufen. Später hätten sie am Kottbuser Tor vom Straßenrand die Krawalle beobachtet. Als beide zu einer Sparkasse liefen, um Geld abzuheben, seien sie unvermittelt festgenommen worden.
Oberstaatsanwalt Ralph Knispel verweist dagegen auf drei Polizisten, die gesehen hätten, wie Yunus K. den Brandsatz angezündet und Rigo B. ihn geworfen habe. Die Verteidigung will wiederum Zeugen laden, die der Version der Beamten widersprechen. "Hier wurden die falschen Personen angeklagt", so Anwältin Christina Clemm.
Bereits zu Prozessbeginn fordert die Verteidigung die Ablösung von Knispel, da dieser befangen sei und entlastende Beweise nicht berücksichtigt habe. So sei die Kleidung der Angeklagten nicht sofort auf Brandspuren untersucht worden. Zudem gebe es einen Zeugen, der nach der Verhaftung der Angeklagten die echten Brandsatzwerfer gesehen haben will. Zudem präsentierten die Anwälte ein Foto eines Zeugen, das die wahren Täter zeigen soll. Das Bild sei bei den Ermittlungen nicht berücksichtigt worden, so die Verteidigung.
Staatsanwalt Knispel weist die Vorwürfe als "grotesk bis unverfroren" zurück. Das Foto zeige einen anderen Vorgang, bei dem ein Molotowcocktail geworfen worden sei. Er verweist auch auf die Bewährung, unter der Yunus K. stand. Er soll in der Walpurgisnacht 2007 eine Flasche geworfen haben. K. bestreitet dies.
"Wahren Sie Offenheit und Unvoreingenommenheit", appellierte Clemm an die Richter. Am Dienstag wird der Prozess fortgesetzt.
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