+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Verbot von Facebook und Instagram
Die beiden Dienste sind in Russland bereits blockiert, nun wurden sie als „extremistisch“ eingestuft und verboten. Josep Borrell verurteilt die russischen Streitkräfte scharf.
Deutschland will 2025 neue EU-Eingreiftruppe stellen
Deutschland will im Jahr 2025 die neue schnelle Eingreiftruppe für die EU stellen. Es sei wichtig, klar das Signal zu senden, dass man füreinander einstehe, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Montag am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Zu beraten sei noch, wie man die Möglichkeiten der EU mit denen der Nato zusammenbringen, „um so schlagkräftig und so konsequent wie nur irgendwie möglich auftreten zu können“.
Die neue schnelle Eingreiftruppe ist laut Lambrecht das „militärische Herzstück“ des geplanten sicherheitspolitischen Konzepts, das am Montag von den Außen- und Verteidigungsministern der EU-Staaten beraten wurde. Sie soll aus substanziell veränderten EU-Battlegroups sowie anderen Streitkräften und Fähigkeiten der Mitgliedstaaten bestehen. Die Größe wurde zuletzt mit bis zu 5000 Soldaten angegeben.
Das bisherige EU-Battlegroup-Konzept sieht vor, dass ständig zwei Einheiten mit im Kern jeweils rund 1500 Soldaten bereitgehalten werden, die alle sechs Monate wechselnd von unterschiedlichen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt hatte es allerdings immer wieder Probleme gegeben, genügend Truppen zusammenzubekommen. Zum Einsatz kamen die EU-Kräfte noch nie. (dpa)
Facebook und Instagram in Russland als „extremistisch“ verboten
Die Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram sind in Russland als „extremistisch“ verboten worden. Ein entsprechender Antrag der Generalstaatsanwaltschaft wurde am Montag von einem Gericht in Moskau angenommen. Die beiden Dienste sind in Russland bereits blockiert, der ebenfalls zum US-Konzern Meta gehörende Messenger-Dienst WhatsApp soll dem Gericht zufolge nicht betroffen sein.
Hintergrund des Vorgehens der russischen Justiz ist eine Entscheidung von Meta, Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter ist nicht mehr aufrufbar. Menschen in Russland befürchteten zunächst, dass auch WhatsApp abgeschaltet werden könnte. Aktivisten kritisieren eine zunehmende Internet-Zensur im flächenmäßig größten Land der Erde.
Meta hatte im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine Regel-Lockerungen bekannt gegeben. Als Beispiel für eine Ausnahme bei Äußerungen, die normalerweise gegen Richtlinien verstoßen hätten, nannte ein Facebook-Sprecher den Satz „Tod den russischen Eindringlingen“. Das sorgte in Moskau für große Empörung. Später präzisierte Meta die Regeln für Inhalte-Prüfer: Sie gelten demnach nur in der Ukraine, und Gewaltaufrufe dürfen nicht gegen Russen generell oder gegen Staatschefs wie Wladimir Putin gerichtet sein. (dpa)
Tschechiens Regierungschef fordert härtere Sanktionen
Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala hat eine Ausweitung der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Ukrainekriegs gefordert. „Die ganze Welt sieht, dass (der russische Präsident) Wladimir Putin Kriegsverbrechen begeht und in seinem Krieg unschuldige Menschen sterben“, schrieb der liberalkonservative Politiker am Montag bei Twitter. Als Beispiel führte er die Verwüstung der ukrainischen Hafenstadt Mariupol an. Weitere Sanktionen seien der einzige Weg, Putin zu stoppen.
Fiala war vor gut einer Woche gemeinsam mit seinen polnischen und slowenischen Kollegen, Mateusz Morawiecki und Janez Jansa, nach Kiew gereist, um ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu setzen. Tschechien hat nach Regierungsangaben bereits rund 270.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Sie haben seit dieser Woche Anspruch auf eine Hilfsleistung von 5.000 Kronen (rund 200 Euro) und dürfen eine Arbeit aufnehmen. Zugleich warnt die Regierung in Prag, dass die Unterbringungskapazitäten bald erschöpft sein könnten. (dpa)
Kiew lehnt russisches Ultimatum für Kapitulation in Mariupol ab
Mit klaren Worten hat die Ukraine ein russisches Ultimatum zur Kapitulation in der belagerten Hafenstadt Mariupol abgelehnt. „Es kann keine Rede davon sein, Waffen abzugeben“, sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der Zeitung Ukrainska Pravda in der Nacht zum Montag. Während die EU Russland „massive Kriegsverbrechen“ in Mariupol vorwarf, wurden bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in der Hauptstadt Kiew nach Behördenangaben mindestens acht Menschen getötet.
Russland hatte den ukrainischen Streitkräften in Mariupol am Sonntagabend bis Montag 4.00 Uhr MEZ Zeit gegeben, sich zu ergeben. Moskau fordere die ukrainischen Soldaten „und ausländischen Söldner auf, die Kampfhandlungen einzustellen, ihre Waffen niederzulegen und sich durch mit der ukrainischen Seite vereinbarte humanitäre Korridore in die von Kiew kontrollierten Gebiete zu begeben“, sagte der Leiter des russischen nationalen Verteidigungskontrollzentrums, Michail Misinzew.
Das russische Verteidigungsministerium drohte den Verantwortlichen von Mariupol ansonsten an, sie vor ein „Kriegsgericht“ zu stellen. Für Einwohner stünden „bequeme Busse“ bereit, welche diese Richtung Russland oder – nach einer Einigung mit Kiew – in ukrainisch kontrollierte Gebiete transportieren könnten. In Mariupol sind fast 350.000 Menschen eingeschlossen.
Die ukrainische Vize-Regierungschefin Wereschtschuk bezeichnete die russische Ankündigung als „bewusste Manipulation“ und „echte Geiselnahme“. Über die Ablehnung des Ultimatums sagte sie: „Wir haben die russische Seite bereits darüber informiert.“ (afp)
Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten beklagt „Völkermord“
Mariupol ist die letzte große Hafenstadt am Asowschen Meer unter ukrainischer Kontrolle. Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar wurden nach Angaben der ukrainischen Regierung mehr als 2.100 Einwohner der Stadt getötet. Der griechische Konsul Manolis Androulakis, der die Stadt am Wochenende als einer der letzten westlichen Diplomaten verlassen hatte, verglich sie mit „Stalingrad“.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte das Vorgehen der russischen Streitkräfte am Montag scharf. „In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab“, sagte Borrell vor Beratungen mit den EU-Außen- und Verteidigungsministern in Brüssel. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die gezielten russischen Angriffe auf Zivilisten in Krankenhäusern und Theatern in der Ukraine „eindeutig Kriegsverbrechen“.
Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Ihor Schowkwa, sprach im ZDF von einem „Völkermord“ in Mariupol.
Auch in anderen Landesteilen setzte die russische Armee ihre Attacken fort. Bei dem Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kiew wurden nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft mindestens acht Menschen getötet. Nach Schilderungen eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP lagen mehrere Leichen vor dem Einkaufszentrum Retroville im Nordwesten der Hauptstadt, während Rettungskräfte in den Trümmern nach weiteren Opfern suchten. (afp)
Kreml: Noch zu früh für Treffen zwischen Putin und Selenski
Die russische Regierung sieht die Bedingungen für ein Treffen zwischen Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski noch nicht gegeben. „Um über ein Treffen der beiden Präsidenten zu sprechen, ist es zuerst notwendig, die Hausaufgaben zu machen, ist es nötig, Verhandlungen abzuhalten und sich auf die Ergebnisse zu einigen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag. Bislang habe es bei den Verhandlungen „keine erhebliche Bewegung“ gegeben.
Delegationen der Ukraine und Russlands haben mehrere Verhandlungsrunden wegen des russischen Kriegs in der Ukraine abgehalten. Selenski ist eigenen Angaben zufolge dazu bereit, Putin direkt zu treffen, um auf ein Abkommen bei wichtigen Punkten hinzuarbeiten. (ap)
Sechs Millionen Kinder in der Ukraine in Gefahr
Die zunehmenden Angriffe auf Schulen, Krankenhäuser und andere zivile Orte in der Ukraine bringen nach Angaben von „Save the Children“ auch rund sechs Millionen Kinder in Gefahr, die noch nicht aus dem Land geflohen sind. Städtische Gebiete würden beschossen, ganze Straßenzüge in Schutt und Asche gelegt, erklärte die Kinderrechtsorganisation am Montag in Berlin. Mindestens 518 Schulen und andere Bildungseinrichtungen seien nach Angaben des ukrainischen Bildungsministeriums bisher bombardiert und 72 davon zerstört worden. Auch mehr als 40 Krankenhäuser seien bereits beschossen worden.
„Schulen sollten für Kinder sichere Zufluchtsorte sein – keine Orte der Angst und des Todes“, betonte Pete Walsh, Landesdirektor von „Save the Children“ in der Ukraine. „Die Straßen des Landes werden zum Schlachtfeld, obwohl die Regeln des Krieges eindeutig sind: Kinder dürfen nicht zu Angriffszielen werden, ebenso wenig wie Schulen oder Krankenhäuser.“
Bisher sei etwa jedes fünfte ukrainische Kind geflohen, mehr als 1,5 Millionen Jungen und Mädchen, erklärte die Hilfsorganisation weiter. Fast sechs Millionen aber seien noch im Land, viele von ihnen vermutlich in Gebäuden unter Beschuss. Mindestens 115 Kinder seien nach ukrainischen Angaben bereits Opfer der Gewalt geworden, vielen weiteren werde durch die Bombardierung ihrer Zufluchtsorte der Zugang zu sauberem Wasser, Essen und medizinischer Versorgung abgeschnitten und eine Flucht unmöglich gemacht. (epd)
Acht neue Evakuierungsrouten für Montag geplant
Für die umkämpften Gebiete in der Ukraine sollen am Montag acht Fluchtkorridore für Zivilisten eingerichtet werden. Die Korridore werden für Busse zur Evakuierung und zur Lieferung von Hilfsgütern genutzt, wie Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Montag sagte. Aus der Umgebung der belagerten Hafenstadt Mariupol sollen Menschen in die südostukrainische Großstadt Saporischschja gebracht werden. Aus den umkämpften Orten nördlich und östlich der Hauptstadt Kiew ist demnach eine Evakuierung näher an die Hauptstadt geplant.
Der Plan sieht zudem eine Evakuierung aus dem Großraum Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Luhansker Gebiet in die Stadt Bachmut in der benachbarten Region Donezk vor. Wereschtschuk kündigte an, am Abend über die Umsetzung zu informieren. Vor etwas mehr als drei Wochen hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen. UN-Angaben nach wurden bereits über 900 Zivilisten getötet. (dpa)
🐾 Aus Leid wird Profit
Wenn Menschen vor Krieg fliehen, sind Menschenhändler nicht weit. Innenministerin Faeser setzt nun auf mehr Polizei. Doch das reicht nicht aus. Den Kommentar von taz-Redakteurin Sabina Zollner lesen Sie hier.
Bennett bekräftigt Vermittlerrolle
Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett hat bekräftigt, die Kontakte zur Ukraine und zu Russland als Vermittler zu nutzen. Israel werde sensibel, großzügig und verantwortlich vorgehen und dabei verschiedene und schwierige Überlegungen abwägen, sagte Bennett am Montag, einen Tag nach der Fernsehansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski an israelische Abgeordnete. Selenski hatte Israel aufgefordert, Stellung zu beziehen. Er bat um Waffenlieferungen und Sanktionen Israels gegen Russland.
Bennett sagte, Israel habe seine helfende Hand in der Ukrainekrise von Anfang an ausgestreckt, „über verschiedene Kanäle“. So habe Israel humanitäre Güter geschickt und ukrainische Flüchtlinge und Migranten aufgenommen. (ap)
Selenski-Berater fordert weitere Sanktionen gegen Russland
Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Ihor Schowka, hat die EU zu weiteren Sanktionen gegen Russland aufgefordert. Der Handel mit russischem Gas und Öl müsse blockiert und weitere Konten eingefroren werden, sagte Schowka am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“ laut Simultanübersetzung des Senders. Die Ukraine kämpfe nicht nur für ihr eigenes Land, sondern für ganz Europa.
Schowka nannte die russischen Angriffe auf die belagerte Stadt Mariupol „Völkermord“. Alle 15 Minuten würden in der Hafenstadt russische Raketen einschlagen. Bei den Angriffen würden jeden Tag Zivilisten getroffen. „Wir brauchen auf jeden Fall dringend Luftverteidigungsfähigkeiten“, sagte der Selenski-Berater. Die Ukraine habe deswegen Deutschland und andere europäische Länder um Unterstützung gebeten. (dpa)
NRW-Integrationsminister will Masterplan für Geflüchtete
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) dringt auf schnelle Vorbereitungen für die Aufnahme von bis zu einer Million Flüchtlingen aus der Ukraine. Eine Art Masterplan solle eine Million Betten vorsehen, sagte er am Montag im „Morgenmagazin“ des ZDF. „Auch wenn wir sie vielleicht am Ende hoffentlich nicht in Anspruch nehmen müssen“, fügte der FDP-Politiker hinzu.
Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) plädierte für eine Entlastung der Großstädte bei der Flüchtlingsaufnahme. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Betreuung von Geflüchteten im Nahbereich des ländlichen Raumes eher möglich ist als in der Anonymität der Städte“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag): „Wir sollten deshalb möglichst viele Menschen möglichst schnell in die ländlichen Räume bringen.“
Zwar gebe es eine unglaubliche Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, betonte der Linken-Politiker. Sie ersetze aber kein bundeseinheitliches Krisenmanagement. „Im Moment arbeiten wir zu viel nebeneinander und auf zu vielen Ebenen gleichzeitig“, sagte Ramelow.
Stamp sagte, es brauche „eine nationale Kraftanstrengung“. „Und die Kommunen müssen wissen, dass sie sich jetzt auf Bund und Länder auch verlassen können“, fügte der Minister im ZDF hinzu. (epd)
Wohlfahrtsverbände warnen vor Herausforderungen
Seit dem russischen Angriff am 24. Februar sind in Deutschland deutlich mehr als 200.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Das Bundesinnenministerium gab die Zahl der von der Bundespolizei registrierten Flüchtlinge am Montag mit 225.357 an. Die tatsächliche Zahl kann höher sein, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt.
Der Paritätische Gesamtverband befürchtet eine Überlastung der Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge in Deutschland und forderte von der Politik schnelle und unbürokratische Hilfen. „Insbesondere in den Ballungszentren sind schon jetzt die Kapazitäten zur Unterbringung fast ausgeschöpft, und die Verteilung ist eine große Herausforderung“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der Düsseldorfer Rheinischen Post (Montag).
Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers, forderte die Kommunen auf, die Situation von Kindern besonders zu berücksichtigen. „Die Kinder und in aller Regel ihre Mütter brauchen zuerst Sicherheit. Sie müssen ein Mindestmaß an Privatsphäre zum Waschen und Wickeln ermöglichen. Die Kinder brauchen Orte zum Spielen mit Gleichaltrigen. Und sie brauchen Betreuerinnen und Betreuer, die traumasensibel mit ihnen umgehen“, sagte Hilgers der Rheinischen Post (Montag). (epd)
🐾 Stadt im Widerstand
Odessa wird seit Kriegsbeginn attackiert. Doch die Menschen in der Schwarzmeerstadt tun alles, um Moskaus Angriff standzuhalten. Ein Ortsbericht von Tatjana Milimko.
Lindner dämpft hohe Erwartungen an Staatshilfen
Vor einem Treffen der Koalitionsspitzen hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vor übertriebenen Erwartungen an Wirtschaftshilfen des Staates in der Ukrainekrise gewarnt. Einen „allgemeinen Verlust an Wohlstand, der sich aus steigenden Weltmarktpreisen für Energieimporte ergibt“, könne der Staat ebenso wenig ausgleichen „wie das individuelle unternehmerische Risiko“, sagte Lindner der Augsburger Allgemeinen vom Montag.
„Ich kann aber versichern, dass wir Schocks abfedern und Menschen vor dem Verlust ihrer Existenz schützen werden“, sagte der FDP-Chef weiter. Gleichzeitig verteidigte Lindner den von ihm vorgeschlagenen Tank-Rabatt für Autofahrer gegen Kritik von den Koalitionspartnern. Er sei für andere Ideen offen, versicherte er. „Eine Krise ist aber nicht der richtige Zeitpunkt, grundsätzliche Skepsis gegenüber dem Auto zu diskutieren oder Verteilungsdebatten auszufechten.“ Sein Ziel sei, die Menschen „in der ganzen Breite der Gesellschaft“ zu entlasten.
Die Union warnte er davor, das geplante Milliarden-Paket für die Bundeswehr zu blockieren. „Ohne die Zustimmung der Union ist eine so schnelle Stärkung der Bundeswehr nicht möglich“, sagte Lindner. „Der Verteidigungshaushalt reicht mit etwa 50 Milliarden Euro bei weitem nicht aus.“
In der Koalition werden derzeit verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie und welche Verbraucher von den steigenden Energiepreisen entlastet werden sollten. Zuletzt hatte sich die SPD für ein Mobilitätsgeld für kleine und mittlere Einkommen ausgesprochen – ein staatlicher Zuschuss, der mit dem regulären Monatsgehalt überwiesen werden soll.
Die Bild-Zeitung berichtete, bei dem Treffen der Koalitionsspitzen am Montag solle auch über eine mögliche Senkung der Energiesteuer auf Benzin diskutiert werden. Dabei solle ausgelotet werden, inwieweit eine solche Steuersenkung zeitnah umgesetzt werden kann, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Koalitionskreise. (afp)
Union: Flüchtlingsfrage muss Chefsache werden
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz zur Bewältigung des Zustroms von Flüchtlingen aus der Ukraine. „Die Bundesregierung muss endlich in den Aktionsmodus wechseln, eine konsequente Registrierung und Verteilung in Europa organisieren, den Schutz von Frauen und Kindern garantieren und die Integration ermöglichen“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Rheinischen Post (Montag). „Durch die mangelnde Handlungsbereitschaft der Bundesregierung droht bei steigenden Flüchtlingszahlen schnell der Kontrollverlust.“ Deutschland brauche schnellstens ein koordiniertes Flüchtlingsmanagement. „Unser Land muss darauf vorbereitet werden, dass binnen kürzester Zeit eine große Zahl an Menschen auf der Flucht aus der Ukraine aufgenommen werden“, sagte Dobrindt.
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul hält Prognosen, wonach eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kommen, für zu niedrig. „Ich erwarte ein Vielfaches dessen für Deutschland. Deshalb müssen wir uns auch wesentlich besser vorbereiten“, sagte der CDU-Politiker der Bild-Zeitung (Montag). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse das Thema „endlich zur Chefsache“ machen. Denn offensichtlich nehme Innenministerin Nancy Faeser (SPD) das Thema immer noch nicht ernst genug, sagte Wadephul.
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden bis Sonntag in Deutschland mehr als 218.000 Kriegsflüchtlinge registriert. Die tatsächliche Zahl dürfte aber deutlich höher sein, weil es im Regelfall keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt und Ukrainer zudem ohne Visum einreisen dürfen. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele der Geflüchteten womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze will aus der Ukraine geflüchtete Frauen gezielt unterstützen. „Diese Frauen haben oft Schlimmes erlebt und stehen jetzt in einem fremden Land vor Fragen, auf die sich keine von ihnen vorbereiten konnte“, sagte die SPD-Politikerin der Augsburger Allgemeinen (Montag). Schulze kündigte an, das Aktionsnetzwerk Frauen auf der Flucht auch für Frauen und Mädchen aus der Ukraine zu öffnen und Fördermittel für Hilfsprojekte von Frauenorganisationen bereitzustellen. (dpa)
Außenministerin Baerbock will EU-weite Verteilung der Geflüchteten
Der Deutsche Kinderschutzbund appellierte an die Kommunen, die Situation der Jüngsten besonders zu berücksichtigen. Die Kinder und ihre Mütter brauchten zuerst Sicherheit, ein Mindestmaß an Privatsphäre, Orte zum Spielen und Betreuer, „die traumasensibel mit ihnen umgehen“, sagte der Präsident der Organisation, Heinz Hilgers, der Rheinischen Post (Montag). Auch hätten die Kinder ein Recht auf Bildung, arbeitende Mütter bräuchten eine Kinderbetreuung.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) plädierte dafür, Geflüchtete verstärkt auf dem Land unterzubringen. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Betreuung von Geflüchteten im Nahbereich des ländlichen Raumes eher möglich ist als in der Anonymität der Städte“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). „Wir sollten deshalb möglichst viele Menschen möglichst schnell in die ländlichen Räume bringen“, schlug Ramelow vor. NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) regte in der Welt (Montag) eine Prüfung an, „ob man in den eher einwohnerärmeren Regionen im Osten möglicherweise großflächigere Einrichtungen bauen kann“.
Außenministerin Annalena Baerbock will sich beim Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister für eine EU-weite Verteilung der Flüchtlinge einsetzen. „Es werden viele weitere Menschen kommen. Wir werden von der europäischen Außengrenze verteilen müssen“, sagte die Grünen-Politikerin am Sonntag in Hannover, wo sie eine Notunterkunft für Geflüchtete besucht hatte. „Jedes Land in Europa muss Menschen aufnehmen“, forderte Baerbock. (dpa)
Tote bei Beschuss in Kiew
Bei Beschuss in einem Stadtteil von Kiew sind mindestens acht Menschen getötet worden. Das teilten Rettungskräfte am Montag mit. Getroffen und zerstört wurde am Sonntagabend ein Einkaufszentrum im Bezirk Podil nahe dem Stadtzentrum. Die Wucht der Explosion zertrümmerte alle Fenster in einem benachbarten Hochhaus. Während Artillerie in der Ferne zu hören war, versuchten Feuerwehrleute sich einen Weg durch die Trümmer zu bahnen. (ap)
Menschen suchen vor Ammoniak Schutz
Nach dem Austritt von hochgiftigem Ammoniak aus einem Chemiewerk in der ukrainischen Stadt Sumy besteht nach Darstellung der Behörden keine Gefahr für die Bevölkerung. Das teilte der staatliche Zivilschutz am Montagmorgen bei Telegram mit und sprach von einem „leichten Ammoniak-Austritt“. Durch Beschuss sei ein Tank beschädigt worden. Die betroffene Stelle sei abgedichtet worden. Den Angaben zufolge wurde ein Mitarbeiter des Unternehmens verletzt.
Der regionale Militärchef Dmytro Schywytzky hatte in der Nacht zum Montag an alle Bewohner im Umkreis von fünf Kilometern um das Chemiewerk „Sumychimprom“ appelliert, möglichst Keller oder Wohnungen im Erdgeschoss aufzusuchen, um nicht mit dem Ammoniak in Kontakt zu kommen. Das stark stechend riechende Gas ist leichter als Luft, es steigt also nach oben.
Laut Zivilschutz arbeiten Spezialisten daran, die Ammoniakwolke im Nordosten der Ukraine unschädlich zu machen. Eine unabhängige Klärung vor Ort war nicht möglich.
Das russische Militär hatte in der vergangenen Woche der Ukraine vorgeworfen, unter falscher Flagge einen Chemiewaffenangriff auf Zivilisten vorzubereiten. (dpa)
Biden will am Freitag nach Polen reisen
US-Präsident Joe Biden will am Freitag nach Warschau reisen, um mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda über den Einmarsch Russlands in der Ukraine zu sprechen. „Der Präsident wird erörtern, wie die Vereinigten Staaten an der Seite unserer Verbündeten und Partner auf die humanitäre und menschenrechtliche Krise reagieren, die Russlands ungerechtfertigter und unprovozierter Krieg gegen die Ukraine ausgelöst hat“, teilte das Weiße Haus am Sonntagabend (Ortszeit) mit.
Biden wird demnach nach seinem Besuch in Belgien am Donnerstag nach Polen weiterreisen. In Brüssel will der US-Präsident an einem EU-Gipfel sowie einem Nato-Gipfel teilnehmen.
Die polnische Regierung hatte vergangene Woche für Verstimmung innerhalb der Nato gesorgt, indem sie eine bewaffnete „Friedensmission“ des Verteidigungsbündnisses im Nachbarland vorgeschlagen hatte. Die Forderung stieß im Bündnis allerdings auf Skepsis bis offene Ablehnung. Auch der Vorschlag Warschaus, über den US-Stützpunkt Ramstein in Deutschland Kampfflugzeuge an die Ukraine zu liefern, war in Washington auf Ablehnung gestoßen. Es wird eine direkte militärische Konfrontation der Nato mit der Nuklearmacht Russland befürchtet. (afp)
15.000 Menschen besuchen Veranstaltung „Sound of Peace“
Mit einer großen Solidaritätskundgebung haben Kulturschaffende am Sonntag in Berlin vor Tausenden Menschen ihre Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine demonstriert. Die Friedensaktion „Sound of Peace“ (Klang des Friedens) sollte nach Einschätzung der Veranstalter „Europas größte musikalische Kundgebung“ gegen den Krieg werden. Auch in anderen deutschen Städten demonstrierten Tausende von Menschen gegen den Krieg.
Nach Angaben der Polizei waren geschätzt 15.000 Menschen zu der musikalischen Aktion mit rund 50 Auftritten in Berlin gekommen. Auf vielen Plakaten wurde sofortiger Frieden gefordert. Häufig zu sehen waren Blau und Gelb, die Farben der Ukraine. Ziel von „Sound of Peace“ sollte es auch sein, Spenden zu sammeln, um die Opfer des Krieges in der Ukraine zu unterstützen. Bis zum Abend kamen dabei nach Angaben der Veranstalter mehr als zwölf Millionen Euro zusammen.
Mit dabei war auch Natalia Klitschko, Frau des Bürgermeisters von Kiew und Ex-Profiboxers Vitali Klitschko. „Nur zusammen schaffen wir Frieden“, sagte sie. Anschließend sang Klitschko mit „Better Days“ ein „neues Lied für mein Land“. „Es ist wichtig, die Massen zu sehen, die hier zusammenkommen. Es ist wichtig zu sehen, dass die ganze Welt für die Ukraine steht“, sagte Natalia Klitschko.
Auf der Bühne gab es immer wieder Beiträge, in denen die Lage in der Ukraine und von Flüchtlingen dort und weltweit beschrieben wurde. Musikerinnen und Sänger gaben sich das Mikrofon in die Hand. Marius Müller-Westernhagen sang begleitet von Tausenden Stimmen seinen Song „Freiheit“, Peter Maffay stimmte unter Jubel „Über sieben Brücken“ an. Pascal Kravetz sang „Wozu sind Kriege da“, den Song, den er 1981 mit Udo Lindenberg gesungen und berühmt gemacht hatte. Der Geiger David Garrett spielte, Michael Patrick Kelly läutete eine Schweigeminute für den Frieden ein. Clueso sang, einen Song auch zusammen mit der ukrainischen Grundschullehrerin Katharina. Fury in the Slaughterhouse war dabei, ebenso wie In Extremo, Mia., Mine, Revolverheld, Sarah Connor, Silbermond, The BossHoss oder Zoe Wees. (dpa)
Zehntausende besuchen Benefiz-Konzert in Wien
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), früher selbst Band-Managerin, sagte: „Die Musik überwindet alle Grenzen, bringt Menschen zusammen – Musik gibt Hoffnung, gibt Kraft gegen diejenigen, die Hass und Gewalt und Mord und Tod mit sich bringen.“ Wichtig sei, dass auch russische Künstlerinnen und Künstler dabei seien. „Es wäre verheerend, wenn wir jetzt in einen Kulturboykott geraten würden“, betonte Roth.
Auch in Hamburg demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen den Krieg. Die Veranstalter gingen von mehr als 5000 Teilnehmern aus, die Polizei schätzte die Zahl zu Beginn der Veranstaltung auf etwa 3000. Auf Plakaten war zu lesen „STOP AggRussia“, „Nato help finally“ oder „Russe sag Nein zum Krieg“. Auf dem Wasser protestierten Ruderer von acht Vereinen gegen den Krieg.
In Frankfurt am Main kamen nach Polizeiangaben rund 600 bis 700 Demonstranten zusammen, deutlich weniger als erwartet. Die Menschen hielten Schilder in die Höhe, auf denen unter anderem „Stop War, Putin“ oder „Putin wird den Krieg verlieren“ zu lesen war. In Bremen schätzte die Polizei die Zahl der Teilnehmer an einer Friedensdemonstration auf etwa 1300, in Hildesheim auf 700.
Bei einem großen Benefizkonzert in der österreichischen Hauptstadt Wien spielten am Samstag vor mehr als 40.000 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion Dutzende Musiker gratis, darunter Bilderbuch und Wanda. Der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen dankte für die Hilfsbereitschaft aller. „Wir setzen gemeinsam ein starkes Zeichen für den Frieden“, sagte er in einer Rede. Er richtete sich auch direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Armee am 24. Februar in der Ukraine einmarschiert war: „Präsident Putin, stoppen Sie diesen Krieg!“ (dpa)
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