+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: USA kündigen neue Militärhilfen an

US-Präsident Biden will Kiew weitere fast drei Milliarden Dollar fürs Militär bereitstellen. Selenski soll an diesem Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen.

US-Präsident Joe Biden steht an einem Rednerpult im Weißen Haus vor einer ukrainischen Flagge

Hat am Mittwoch mehr Geld fürs ukrainische Militär versprochen: Präsident Biden, hier am 10. August Foto: Even Vucci/reuters

Polen will generellen Visa-Stopp für Russen

Polen ist für einen generellen Stopp der Vergabe von Schengen-Visa für Russen. „Wir stellen schon seit einiger Zeit keine Touristenvisa mehr aus, deshalb müssen wir uns in dieser Sache auch keinem Bündnis anschließen“, sagte Regierungssprecher Piotr Müller am Mittwoch. Es gebe aber eine Diskussion darüber, künftig nicht nur die Visa für Touristen auszusetzen. „Polen ist dafür, dass dieses Verbot generell sehr breit gefasst wird“. Russische Staatsbürger, die als Kremlgegner Verfolgung fürchten müssten, könnten in der EU Asyl beantragen, sagte Müller weiter.

Immer mehr EU-Länder schränken die Vergabe von Schengen-Visa an Russen im Alleingang ein. Dazu gehören Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und will sonst ebenfalls selbst handeln. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich zuletzt ablehnend zu Vorschlägen für schärfere Visa-Regeln geäußert. (dpa)

Diplomaten: Selenski soll Mittwoch vor UN-Sicherheitsrat sprechen

Ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges soll der ukrainische Präsident Selenski per Video zur UN-Sicherheitsratssitzung am Mittwoch zugeschaltet werden. Das berichteten Diplomaten in New York wenige Stunden vor der Sitzung, die um 16 Uhr MESZ starten soll. Es sei demnach nicht auszuschließen, dass Russland versuchen werde, die Rede Selenski vor dem wichtigsten UN-Gremium zu blockieren. Dafür dürfte Moskau allerdings nicht die nötigen Stimmen des 15-köpfigen Rates haben.

Vor genau sechs Monaten begann Russland seine Invasion – anlässlich dessen trifft sich auch der Sicherheitsrat. Gleichzeitig ist am Mittwoch ebenfalls der ukrainische Unabhängigkeitstag. (dpa)

USA kündigen weitere Militärhilfen an

US-Präsident Joe Biden hat weitere Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von fast drei Milliarden Dollar angekündigt. Biden teilte am Mittwoch mit, die Hilfe werde es der Ukraine ermöglichen, Luftabwehrsysteme, Artilleriesysteme und Munition, Drohnen und andere Ausrüstung einzukaufen. Damit solle sichergestellt werden, dass sich das Land langfristig selbst verteidigen könne. Die Ankündigung machte Biden am ukrainischen Unabhängigkeitstag.

Er wisse, dass der Feiertag in diesem Jahr angesichts der vielen Kriegsopfer schwierig sei, erklärte Biden. „Aber sechs Monate unerbittlicher Angriffe haben den Stolz der Ukrainer auf sich selbst, auf ihr Land und auf ihre einunddreißigjährige Unabhängigkeit nur noch verstärkt.“ (ap)

Grünen-Chef begrüßt weitere Waffenlieferungen für Ukraine

Omid Nouripour (Grüne) begrüßt die Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), weitere Waffen an die Ukraine zu liefern. „Das ist gerade an diesem Unabhängigkeitstag ein gutes Zeichen.“ Deutschland habe schon viel gemacht. Aber: „Es geht mehr. Wir müssen von Tag zu Tag gucken, was mehr geht.“ Wo der Ringtausch nicht funktioniere, müsse man auch überlegen, ob nicht aus den Beständen der Bundeswehr oder der Industrie mehr geliefert werden könne. (dpa)

Papst Franziskus fordert konkrete Maßnahmen

Am ukrainischen Unabhängigkeitstag und ein halbes Jahr nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat Papst Franziskus den „Wahnsinn des Krieges“ angeprangert und vor dem „Risiko einer nuklearen Katastrophe“ im Atomkraftwerk Saporischschja gewarnt. Seit nunmehr sechs Monaten leide das „geliebte ukrainische Volk unter dem Schrecken des Krieges“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Mittwoch nach seiner wöchentlichen Generalaudienz in Rom. Der Papst forderte „konkrete Maßnahmen“ um den Krieg zu beenden.

Wie schon bei früheren Aussagen zum Krieg in der Ukraine benannte der Papst weder Russland noch Präsident Wladimir Putin als Aggressoren. Vielmehr seien seine Gedanken bei all jenen, „die den Preis für diesen Wahnsinn zahlen“ – Gefangene, Flüchtlinge, Kinder, Waisen. Er bezog sich in diesem Zusammenhang auch auf die am Samstag in Moskau durch eine Autobombe getötete russische Ultranationalistin Daria Dugina. (afp)

Belarus gratuliert der Ukraine zum Unabhängigkeitstag

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat der Ukraine zum Unabhängigkeitstag gratuliert und seinen Einsatz für „freundliche“ und gutnachbarliche Beziehungen betont. Er sei davon überzeugt, dass „die derzeitigen Widersprüche“ die über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen zwischen den Völkern der Ukraine und von Belarus nicht zerstören könnten, erklärte Lukaschenko am Mittwoch.

Belarus werde sich weiter „für die Erhaltung von Harmonie und die Entwicklung freundschaftlicher, auf gegenseitigem Respekt beruhender Kontakte auf allen Ebenen einsetzen“, erklärte Lukaschenko.

Am ukrainischen Unabhängigkeitstag am Mittwoch war der Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine ein halbes Jahr her. Diesen hatte Russland aus mehreren Richtungen gestartet, auch von belarussischem Territorium aus. In den Monaten zuvor hatte Lukaschenko einen russischen Truppenaufmarsch in seinem Land geduldet, offiziell zu Militärmanövern. Belarus ist finanziell und politisch stark von Russland abhängig. (afp)

Russischer Stadtleiter Mychailiwka offenbar von Autobombe getötet

Der von Russland eingesetzte Leiter der ukrainischen Stadt Mychailiwka ist den örtlichen Behörden zufolge durch eine Autobombe ums Leben gekommen. Iwan Suschko sei bei der Explosion der an seinem Auto angebrachten Bombe schwer verletzt worden und später im Krankenhaus verstorben, schreibt einer der Verwalter der Region Saporischschja, in der die Stadt liegt, auf Telegram. Die Region im Süden der Ukraine wird von Russland kontrolliert. (rtr)

Scholz gratuliert zum Unabhängigkeitstag

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine zu ihrem Unabhängigkeitstag gratuliert und sein Mitgefühl für die Opfer des Krieges ausgedrückt. „Eigentlich sollte dies ein Tag fröhlicher Konzerte, Picknicks und Paraden sein“, sagt der SPD-Politiker am Mittwoch in einer Video-Ansprache. „Doch der dunkle Schatten des brutalen russischen Angriffskriegs lastet schwer – auch auf diesem 24. August, genau sechs Monate nach Kriegsbeginn.“

Scholz versichert, die Ukraine weiterhin zu unterstützen. „Wir werden weiter Waffen liefern, von der Panzerhaubitze bis zum Flugabwehrsystem, Monat für Monat.“ Zudem werde Deutschland sich am Wiederaufbau des Landes beteiligen. Ende Oktober werde es in Berlin eine internationale Wiederaufbaukonferenz geben mit Beteiligung der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, um die Weichen zu stellen. (rtr)

Selenski hält kämpferische Rede zum Unabhängigkeitstag

Der ukrainische Präsident Selenski gibt sich in einer aufgezeichneten Rede anlässlich des Unabhängigkeitstages seines Landes kämpferisch. Als Russland seine Invasion am 24. Februar begonnen habe, sei die Ukraine wiedergeboren worden, sagt er und bekräftigt das Ziel, die annektierte Halbinsel Krim und die besetzten Gebiete im Osten der Ukraine zurückzuerobern. Er betont, dass er den Krieg nicht dann für beendet betrachten werde, wenn es Frieden gebe, sondern wenn sein Land gesiegt habe. (rtr)

UN fordert erneut Zugang zu AKW Saporischschja
Russischer Soldat vor AKW.

Mit schwerem Geschütz bewacht: russischer Soldat auf dem Gelände des Kernkraftwerks Saporischschja Foto: dpa

In Bemühungen um eine Entsendung von Fachleuten der Internationalen Atomenergiebehörde zum Atomkraftwerk Saporischschja kommt offenbar Bewegung. Laut deren Generaldirektor könnte es schon bald losgehen, sofern die Verhandlungen zum Ziel führen. Im höchsten UN-Gremium machen sich die Ukraine und Russland erneut schwere Vorwürfe.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat für ihre Fachleute erneut einen ungehinderten Zugang zum Atomkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine gefordert. Dies teilte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, zum Auftakt einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage an der Anlage am Dienstag (Ortszeit) mit. IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi stellte in Aussicht, dass die geplante Mission innerhalb der nächsten Tage stattfinden könnte, falls die laufenden Verhandlungen erfolgreich verliefen.

Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Gelände des größten Kernkraftwerks Europas zu beschießen. Über die Anlage hatten russische Angriffstruppen Anfang März die Kontrolle übernommen, also bald nach ihrer Invasion der Ukraine am 24. Februar. Techniker aus der Ukraine erhalten den Betrieb des Kernkraftwerks aufrecht.

DiCarlo nannte die Situation in und rund um die Anlage „gefährlich“. Sollten sich die fast täglichen Berichte über „alarmierende Vorfälle im Hinblick auf die Anlage“ fortsetzen oder es zu einer Eskalation kommen, „könnten wir mit einem Desaster konfrontiert sein“, warnte sie. Alle Streitkräfte müssten sich samt ihrer Ausrüstung sofort aus dem Atomkraftwerk zurückziehen. Eine Einigung auf die Einrichtung einer demilitarisierten Zone rund um die Anlage müsse es ebenfalls geben. (ap)

Furcht vor verstärkten russischen Angriffen

Angesichts von Befürchtungen über verstärkte russische Angriffe in den kommenden Tagen veröffentlichte die US-Botschaft in Kiew eine neue Sicherheitswarnung. Darin heißt es: „Das (US-)Außenministerium verfügt über Informationen, wonach Russland seine Bemühungen verstärkt, in den kommenden Tagen Angriffe gegen die zivile Infrastruktur der Ukraine und Regierungseinrichtungen zu starten.“ Die Ukraine feiert am Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion. (dpa)

Melnyk begrüßt weitere deutsche Waffenlieferungen

Die Ukraine zeigt sich dankbar für die von Kanzler Olaf Scholz angekündigten Waffenlieferungen im Wert von 500 Millionen Euro. „Wir sind dankbar für diese Zusage“, sagt der scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk dem ZDF laut redaktioneller Fassung. Dabei gehe es allerdings „um Waffen, die erst im kommenden Jahr lieferbar sind“. Melnyk sprach sich demnach für eine schnelle Lieferung bereits zuvor angekündigter Waffen aus. Gegenwärtig gehe es „um jeden Tag vor dem Winter“, an dem sein Land zeigen müsse: „Wir können diesen Krieg gewinnen. Nur dann besteht eine Chance auf Verhandlungen und einen nachhaltigen Frieden.“ (rtr)

Nato-Chef Stoltenberg warnt vor nachlassender Hilfe

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt vor einem Nachlassen bei der militärischen Unterstützung für die Ukraine. „Ich sage nicht, dass es einfach ist – es verlangt harte Arbeit“, sagt Stoltenberg dem Nachrichtenportal ZDFheute.de. Unter Verweis auf US-Hilfe erklärt er: „Ich erwarte von den europäischen Verbündeten, dass sie ebenfalls weiter voranschreiten.“ Man müsste sich darauf einstellen, die Ukraine notfalls auch über Jahre hinweg zu unterstützen. Dies erfordere weitreichende Konsequenzen, auch für die Industrie: „Wir müssen die Produktion erhöhen.“ (rtr)

DIW: Krieg kostet Wirtschaft bis zu 200 Milliarden Euro

Der seit einem halben Jahr andauernde Krieg Russlands gegen die Ukraine wird die deutsche Wirtschaft nach den Worten von DIW-Präsident Marcel Fratzscher noch über Jahre belasten. „Der Ukraine-Krieg hat massiven Schaden für die deutsche Wirtschaft verursacht“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Von dem zu Jahresbeginn für möglich gehaltenen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 4,5 Prozent in diesem Jahr könnte bestenfalls ein Plus von anderthalb Prozent übrig bleiben, was größtenteils an den ökonomischen Folgen des Krieges liege, der am 24. Februar begann.

„Und das ist jetzt nur der Einfluss auf dieses Jahr.“ Das werde sich die nächsten zwei, drei Jahre fortsetzen – „so lange, bis wir wirklich unabhängig von russischem Gas sind“, sagte Fratzscher. Das werde bis mindestens 2025 dauern. „Wir reden grob geschätzt über drei Jahre hinweg von vier bis fünf Prozentpunkten des Bruttoinlandsproduktes, die verloren gehen“, sagte Fratzscher. „Das sind 150 bis 200 Milliarden Euro weniger Wirtschaftsleistung.“ (rtr)

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