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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Selenskyj bietet Neuwahlen in der Ukraine an

Trotz Kriegsrecht könne es binnen 3 Monaten Neuwahlen gebe, sagt Selenskyj – unter Bedingungen. Trump hatte ihm Druck gemacht. Der Kreml zeigt sich erfreut.

Unter Druck: Unreines Präsident Wolodymyr Selenskyj Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

Kreml erfreut über Trumps und Selenskyjs Aussagen

Der Kreml hat US-Präsident Donald Trump für seine in der Zeitschrift „Politico“ geäußerte Kritik am ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und die Forderung nach harten Zugeständnissen an Russland gelobt. Trumps Äußerungen „zu den Themen Nato-Mitgliedschaft, Territorium und so weiter, zum Thema, wie die Ukraine Boden verliert, stimmen mit unserem Verständnis überein“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Trump habe zudem Kiews Streben in die Nato als Ursache des Konflikts benannt, was wichtig für eine friedliche Lösung sei, führte er aus.

Peskow begrüßte auch Selenskyjs Bereitschaft zu Neuwahlen in der Ukraine. Dies sei „ziemlich neu“ und decke sich mit Forderungen, die Russlands Präsident Wladimir Putin schon länger und US-Präsident Trump kürzlich erhoben hätten, sagte er. Putin, der Anfang 2022 den Krieg gegen die Ukraine befohlen und mit seinen Truppen derzeit rund ein Fünftel des Nachbarlands besetzt hält, erklärt seit dem vergangenen Jahr, dass Selenskyjs Amtszeit abgelaufen und er damit nicht mehr der legitime Präsident der Ukraine sei. Trump griff diese Darstellung im „Politico“-Interview auf und mahnte ebenfalls Wahlen an. (dpa)

Selenskyj zu Wahlen in drei Monaten bereit

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu Wahlen innerhalb von drei Monaten bereiterklärt. Voraussetzung sei jedoch, dass die USA, „vielleicht zusammen mit den europäischen Partnern“, die Sicherheit der Abstimmung gewährleisteten, sagte er am Dienstag vor Journalisten. „Und dann wird die Ukraine in den nächsten 60 bis 90 Tagen bereit sein, eine Wahl abzuhalten.“ Umfragen zufolge sind die Ukrainer zwar gegen eine Abstimmung während des Krieges. Sie wünschen sich jedoch neue Gesichter in der politischen Landschaft, die sich seit den Wahlen 2019 kaum verändert hat.

Selenskyjs Angebot folgt Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, der die Regierung in Kiew zu einem raschen Friedensschluss in dem seit fast vier Jahren andauernden Krieg mit Russland drängt. In einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Zeitung „Politico“ hatte Trump der ukrainischen Regierung vorgeworfen, den Krieg als Vorwand zu nutzen, um Wahlen zu vermeiden. „Sie reden von einer Demokratie, aber irgendwann ist das keine Demokratie mehr“, sagte Trump. Selenskyj wies den Vorwurf, er klammere sich an die Macht, als „völlig unangemessen“ zurück.

Wahlen sind in der Ukraine unter dem geltenden Kriegsrecht gesetzlich verboten. Selenskyjs Amtszeit ist im vergangenen Jahr abgelaufen, weshalb Kritiker seine Legitimität als Präsident infrage stellen. Er kündigte am Dienstag an, das Parlament um Gesetzesvorschläge zu bitten, die Wahlen während des Kriegsrechts ermöglichen könnten. Bislang hatten Selenskyj und andere Regierungsvertreter eine Abstimmung angesichts der russischen Luftangriffe, fast einer Million Soldaten an der Front und Millionen von Vertriebenen zurückgewiesen. (rtr)

Wahlaussetzung bei Kriegsrecht

Dass es unter dem geltenden Kriegsrecht keine Neuwahl geben kann, ist keine ukrainische Besonderheit, sondern in vielen Ländern der Welt gängige Praxis – auch in Deutschland. So ist in Artikel 115h des Grundgesetzes festgelegt, dass eine Wahlperiode des Bundestags erst sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalls endet, wenn sie ansonsten in Kriegszeiten ablaufen würde. Bei den Amtszeiten von Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts sind es ebenfalls sechs, im Falle des Bundespräsidenten sogar neun Monate Verzögerung. (dpa)

EU will Entscheidung zu eingefrorenen russischen Milliarden bis Mitte Dezember

EU-Ratspräsident Antonio Costa will die Staats- und Regierungschefs der Union notfalls tagelang verhandeln lassen, um eine Einigung über die Finanzierung der Ukraine zu erzielen. Bei dem Gipfel am 18. Dezember soll eine Lösung gefunden werden, wie die Erträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten für die Ukraine-Hilfe genutzt werden können. Er sei zuversichtlich, eine Lösung zu finden, die die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten erhalte, sagte Costa am Dienstag in Dublin. Sollte es nötig sein, werde der Gipfel bis zum 19. oder 20. Dezember verlängert, bis es ein positives Ergebnis gebe, erklärte er.

Hintergrund ist die Zusage der EU vom 23. Oktober, Kiew für die kommenden zwei Jahre finanziell zu unterstützen, auch weil die US-Hilfen zurückgehen. (rtr)

Überarbeiteter Friedensplan noch nicht an USA übermittelt

Den mit Hilfe europäischer Verbündeter überarbeiteten Entwurf eines Friedensplans haben die Ukrainer offenbar noch nicht an die USA übermittelt. „Wir arbeiten auf der Ebene unserer Berater, heute und morgen. Ich denke, dass wir ihn morgen übergeben“, sagte Selenskyj Journalisten, wie der öffentlich-rechtliche Sender Suspilne am Dienstagabend meldete. Es gebe ein Rahmendokument aus 20 Punkten, „das ständig geändert wird“, ein Papier zu Sicherheitsgarantien und ein drittes zum Wiederaufbau. „Das wird wirksam, wenn der Krieg endet oder ein Waffenstillstand erreicht wird“, sagte Selenskyj.

Zugleich sprach er der russischen Führung erneut jeglichen Friedenswillen ab. „Was Russland anbelangt, so sehen wir nur ihre Angriffe. Angriffe auf Energieanlagen. Die Menschen sind ohne Strom“, sagte Selenskyj. Die Attacken würden belegen, dass Russland nicht am Friedensprozess interessiert sei, auch wenn Moskau öffentlich anderes behauptet.

Ende November hatte Kiew von der US-Regierung einen Friedensplan aus 28 Punkten vorgelegt bekommen, der vielfach als „russische Wunschliste“ und faktische Kapitulationserklärung der Ukraine kritisiert wurde. Darin enthaltene Bestandteile wie ein vollständiger Rückzug der ukrainischen Truppen aus den östlichen Gebieten Donezk und Luhansk sowie eine Amnestie für Kriegsverbrechen werden von Selenskyjs Führung abgelehnt. (dpa)

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