+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Biden sagt Selenskyj ATACMS zu
Biden verspricht Selenskyj neue Raketen, die EU-Außenminister zögern bei Patriot-Zusage an Kyjiw. Russland zerstört den Fernsehturm von Charkiw.
Biden sagt schnelle Lieferung zu
Kurz vor der Abstimmung im US-Senat über ein neues Ukraine-Hilfspaket hat US-Präsident Joe Biden dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schnelle Unterstützung in Aussicht gestellt. Biden habe am Montag mit seinem Kollegen telefoniert, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Selenskyj sagte später in seiner abendlichen Videoansprache, bei dem Gespräch seien Details zur Lieferung neuer reichweitenstarker Raketen vom Typ ATACMS „finalisiert“ worden. Ein weiteres großes Militärpaket sagte derweil auch Großbritannien zu.
Bisher haben die USA ATACMS mit einer gedrosselten Reichweite von 165 Kilometern geliefert. Die Ukraine wünscht sich aber einen Raketentyp mit einer Reichweite von 300 Kilometern, um auch Ziele weit hinter der Front angreifen zu können. Selenskyj machte am Montag keine Angaben dazu, welches Modell ATACMS die USA liefern wollen. (dpa)
Großbritannien verspricht großes Hilfspaket
Eine neue Hilfszusage kam derweil auch aus London: Großbritannien versprach der Ukraine sein bisher größtes Hilfspaket mit Dutzenden Kampfbooten, Hunderten Fahrzeugen, mehr als 1.600 Raketen und Millionen Schuss Munition. „Die Verteidigung der Ukraine gegen die brutalen Ambitionen Russlands ist für unsere Sicherheit und für ganz Europa von entscheidender Bedeutung“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak einer Mitteilung zufolge vor einem Besuch in Polen. „Sollte Putin in diesem Angriffskrieg Erfolg haben, wird er nicht vor der polnischen Grenze haltmachen.“ (dpa)
Fernsehturm in Charkiw nach russischem Angriff zerstört
In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde der Fernsehturm bei einem russischen Angriff stark beschädigt. Auf Videos in sozialen Netzwerken war am Montag zu sehen, wie die Spitze des 240 Meter hohen Turms in die Tiefe stürzte. Selenskyj forderte vor diesem Hintergrund in seiner Abendansprache erneut mehr internationale Hilfe bei der Luftverteidigung ukrainischer Städte. Er erklärte zudem, dass die Arbeiten zur Wiederherstellung des Fernsehempfangs bereits liefen. (dpa)
EU-Länder zögern bei Patriot-Zusage an Kyjiw – außer Berlin
Mit Ausnahme Deutschlands zögern mehrere EU-Länder mit der Zusage, der Ukraine Flugabwehrraketensysteme vom Typ Patriot bereitzustellen. Die niederländische Außenministerin Hanke Bruins Slot sagte am Montag in Luxemburg, dass ihr Land „momentan jede Art von Möglichkeit“ prüfe. Man biete zudem finanzielle Hilfe für eine deutsche Initiative an, die Ukraine bei der Stärkung von deren Luftabwehr zu unterstützen und mehr Drohnen zu kaufen.
Auf die Frage, warum die Niederlande sich zieren, einige von ihren Patriot-Systemen abzugeben, entgegnete Bruins Slot, dass „wir erneut schauen, ob wir unsere Bestände dessen aufbrauchen können, was wir noch haben“. Doch sei dies schwer zu bewerkstelligen.
Schwedens Verteidigungsminister Pal Jonson antwortete auf die Frage nach einer möglichen Patriot-Bereitstellung durch sein Land, dass er dies nicht ausschließe, doch fokussiere sich Stockholm aktuell auf finanzielle Beiträge. Zudem verwies er darauf, dass mit weiteren US-Lieferungen von Luftabwehrsystemen zu rechnen sei, nachdem das Repräsentantenhaus in Washington am vergangenen Wochenende ein Hilfspaket in Höhe von 61 Milliarden Dollar bewilligt habe, darunter 13,8 Milliarden Dollar für Waffenkäufe der Ukraine.
Zuletzt kündigte Berlin an, Kyjiw ein zusätzliches Patriot-System zu liefern. Die Ukraine hat jedoch eindringlich um mindestens sieben der Einheiten gebeten, um die Luftangriffe der russischen Angriffstruppen abzuwehren. Russlands Luftwaffe ist jener der Ukraine zwar überlegen, doch können die hochmodernen Raketensysteme westlicher Partner den Kreml-Truppen, die offenbar Geländegewinne verzeichnen, massiv zusetzen. Insbesondere die Patriot-Systeme dienen zur Bekämpfung von Flugzeugen, taktischen ballistischen Raketen und Marschflugkörpern.
Ein wichtiger Vorteil, den die Patriot-Einheiten aus US-Produktion neben ihrer Effektivität haben, besteht darin, dass die ukrainischen Truppen bereits in deren Verwendung geschult sind. Allerdings kann die Herstellung von Patriots bis zu zwei Jahre dauern, weswegen viele Länder wohl zögern, sie abzugeben und dadurch womöglich eine Lücke in ihre eigene Verteidigung zu reißen. Die Bundesrepublik etwa hatte zwölf der Flugabwehrraketensysteme und liefert der Ukraine jetzt bereits das dritte. (ap)
Neun Verletzte bei russischem Drohnenangriff auf Odessa
Bei einem russischen Drohnenangriff auf die Hafenstadt Odessa sind nach ukrainischen Angaben neun Menschen verletzt worden. Darunter seien vier Kinder, teilte das ukrainische Militär am Dienstag mit. Die Kinder würden im Krankenhaus behandelt, drei der erwachsenen Verletzten ebenso, erklärte der Gouverneur der Oblast Odessa, Oleh Kiper, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Bei dem Angriff seien mehrere Wohnhäuser beschädigt worden und in Brand geraten.
Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte Russland 16 Drohnen und zwei Kurzstreckenraketen ein. 15 Drohnen seien durch die Luftabwehr zerstört worden. Sie seien auf Odessa und Mykolajiw im Süden der Ukraine, Tscherkassy in der Zentralukraine und auf die Hauptstadt Kyjiw angesetzt gewesen. In Kyjiw habe es weder Schäden noch Verletzte gegeben, teilte der Chef der Militärverwaltung, Serhij Popko, ebenfalls auf Telegram mit. (rtr)
Gesperrte Vermögen sanktionierter Russen in der Schweiz gesunken
Die von der Schweiz im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland gesperrten Vermögen haben innerhalb eines Jahres deutlich abgenommen. Ende 2023 waren Vermögenswerte in Höhe von 5,8 Milliarden Franken eingefroren, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) am Dienstag erklärte. Vor einem Jahr waren es noch 7,5 Milliarden Franken. Hauptgrund für diese Entwicklung war der Wertverlust von gesperrten Aktien und anderen Finanzanlagen, hieß es.
Dieser starke Rückgang könnte den internationalen Druck auf das neutrale Land verstärken, Vermögenswerte sanktionierter Russen schneller zu identifizieren und zu blockieren. Die Schweiz übernimmt die Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen Russland wegen des Einmarsches in die Ukraine. Das Staatssekretariat für Wirtschaft ist für die Einhaltung der Sanktionen zuständig.
Eine Konfiszierung privater russischer Vermögen zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine ist in der Schweiz nicht zulässig. Die Regierung ist der Ansicht, dass eine solche Maßnahme der Bundesverfassung widersprechen würde. Die Alpenrepublik stand bei Russlands Elite als Reiseziel und Aufbewahrungsort von Vermögen lange hoch im Kurs. Gleichzeitig waren Millionäre und Milliardäre aus Russland auch beliebte Kunden für die Schweizer Vermögensverwaltungsbanken. (rtr)
Scholz: Putin darf sich nicht auf Immanuel Kant berufen
Zum 300. Geburtstag von Immanuel Kant hat Bundeskanzler Olaf Scholz dem russischen Präsidenten Wladimir Putin das Recht abgesprochen, sich auf den Philosophen zu berufen. Putins Angriffskrieg widerspreche allen grundlegenden Aussagen des in Königsberg (der heutigen russischen Exklave Kaliningrad) geborenen Kant, sagte Scholz am Montag in Berlin laut Redemanuskript. Die russischen Angriffe und Verwüstungen in der Ukraine stünden „für einen Vernichtungswillen, wie ihn in seiner schieren Maßlosigkeit wohl die wenigsten von uns im Europa des 21. Jahrhunderts noch für möglich gehalten hätten“, fügte der SPD-Politiker hinzu.
Umso absurder sei es, wenn sich ausgerechnet der russische Präsident auf Kant berufe. Scholz zitierte in seiner Rede widersprüchliche Aussagen Putins. So habe dieser im Jahr 2005 noch gesagt: „Kant war ein kategorischer Gegner der Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten durch Krieg. Und wir versuchen, uns an diesen Teil seiner Lehre zu halten. (…) Ich glaube, dass die Vision, die Kant dargelegt hat, von unserer Generation verwirklicht werden sollte und kann.“
Anfang 2024 habe Putin Kant dann aber umgedeutet, als er sagte: „Kant ist ein fundamentaler Denker. Und sein Aufruf, den eigenen Verstand zu nutzen, ist höchst aktuell. Für Russland bedeutet das praktisch, dass wir uns von unseren nationalen Interessen leiten lassen.“ Dies sei absurd, weil Kant sich ausdrücklich gegen die Einmischung von Staaten in die Angelegenheit anderer Staaten ausgesprochen habe, betonte Scholz. (rtr)
Hamburgs Regierungschef Tschentscher zu Besuch in Kyjiw
Bei einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw hat Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) den Menschen dort Solidarität zugesichert. „Unsere Unterstützung in der Krise muss fortgeführt werden, bis der Krieg beendet ist und der Wiederaufbau beginnen kann“, erklärte Tschentscher am Montag. Mit Kyjiws Bürgermeister Vitali Klitschko sprach er über Hilfsprojekte.
„Wir leisten humanitäre Hilfe und unterstützen bei der Aufrechterhaltung der Versorgung“, betonte Tschentscher. Viele Gebäude in Kyjiw und große Teile der Infrastruktur seien zerstört worden. Der Bürgermeister übergab drei Busse der Hamburger Hochbahn. Sechs weitere Busse der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein stehen demnach ebenfalls für den rund 1.800 Kilometer langen Weg nach Kyjiw bereit.
Klitschko bedankte sich bei den Hamburgern für ihre Solidarität und Hilfe und erinnerte an den vor zwei Jahren geschlossenen Städtepakt zwischen der Hansestadt und Kyjiw. „Wir lernen voneinander, und die konkreten Projekte in den Bereichen Transport, Wasserversorgung, Jugendarbeit und Gesundheit sorgen dafür, dass beide Städte enger zusammenrücken.“
Tschentscher war vor einem Jahr von Klitschko bei dessen Besuch in Hamburg nach Kyjiw eingeladen worden. Begleitet wurde er auf seiner Reise in die ukrainische Hauptstadt von Partnern des Städtepakts, welche die humanitären Hilfslieferungen organisieren. Bislang wurden im Rahmen des Städtepakts unter anderem elf Rettungswagen, 1.400 sogenannte Lungenautomaten beziehungsweise Atemregler sowie 163 Paletten mit medizinischer Schutzausrichtung aus Hamburg nach Kyjiw gebracht. (afp)
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