+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Wagner-Gruppe entwaffnet

Präsident Selenskyj hat ein positives Fazit nach dem Nato-Gipfel gezogen. Die Wagner-Kämpfer müssen ihre Waffen abgeben. Es gab wieder Drohnen-Angriffe auf Kyjiw.

Joe Biden und Wolodymyr Selensky vor ukrainischer, japanischer und britischer Flagge

Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj während des Nato-Gipfels in Vilnius, 12.7.23 Foto: Pavel Golovkin/dpa/ap

Selenskyj zeigt sich nach Nato-Gipfel versöhnt

Die ukrainische Staatsführung hat nach zwischenzeitlicher Verärgerung über die ausgebliebene Einladung in die Nato ein positives Fazit des Bündnis-Gipfels in Vilnius gezogen. „Es gibt eine gute Verstärkung bei den Waffen. Das sind Flugabwehr, Raketen, gepanzerte Fahrzeuge und Artillerie“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache über die Lieferzusagen westlicher Partner. Zudem habe die Ukraine nun feste Sicherheitsgarantien und die klare Perspektive eines Nato-Beitritts erhalten. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf dem Westen vor, mit der Lieferung moderner Kampfjets an die Ukraine eine atomare Bedrohung für Russland zu schaffen.

Die Ukraine sei von ihren Unterstützern als Gleicher unter Gleichen behandelt worden, betonte Selenskyj nach der Abreise aus Vilnius in seiner im Zugabteil aufgenommenen Rede. Die Sicherheitsgarantien der G7-Gruppe westlicher Wirtschaftsmächte seien das Fundament für bilaterale Abkommen mit den stärksten Nationen. Zugleich schien er demonstrativ dem Ratschlag des britischen Verteidigungsministers zu folgen, der von ihm weniger Kritik und mehr Dankbarkeit gegenüber westlichen Regierungen für deren Waffenhilfe gefordert hatte.

Zuvor hatten die G7-Staaten der Ukraine langfristige militärische und finanzielle Hilfe zugesichert, solange sie noch kein Nato-Mitglied ist. Die USA, Deutschland und die fünf anderen Staaten der G7 stellen der Ukraine unter anderem moderne Ausrüstung für deren Luft- und Seestreitkräfte in Aussicht. Eine entsprechende Erklärung wurde zum Abschluss des Nato-Gipfels am Mittwochnachmittag unterzeichnet. (dpa)

Moskau kritisiert Nato-Gipfel als Rückkehr zum Kalten Krieg

Russlands Außenminister Sergej Lawrow schoss sich sogleich auf die westlichen Kampfflugzeuge und insbesondere die geplante Lieferung von F-16-Jets an die Ukraine ein. „Die USA und ihre Nato-Satelliten schaffen das Risiko einer direkten militärischen Auseinandersetzung mit Russland und das kann katastrophale Folgen haben“, sagte Lawrow dem russischen Internetportal lenta.ru. Man könne nicht ignorieren, dass die F-16-Kampfjets, die der Westen an die Ukraine liefern wolle, potenziell Atomwaffen tragen können, so der russische Chefdiplomat. „Allein den Fakt des Auftauchens solcher Systeme bei den ukrainischen Streitkräften werden wir als atomare Bedrohung vonseiten des Westens betrachten“, sagte Lawrow. Zugleich wies er zurück, dass Russland einen Atomschlag in der Ukraine plane.

Lawrows Ministerium warf der Nato die Rückkehr „zu Schemen des Kalten Kriegs“ vor. In einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums von Mittwochabend hieß es, dem Westen gehe es um den Schutz seiner Bevölkerung „vor dem Rest der Menschheit“ auf der Grundlage der willkürlichen Teilung der Welt in Demokratien und Autokratien. Um seine globale Hegemonie zu schützen, habe der Westen Russland als Hauptziel seiner aggressiven Politik auserkoren. „Alles verdrehend wird Moskau der Unterminierung der globalen Energie- und Lebensmittelsicherheit beschuldigt“, so die Kritik.

Von der strategischen Niederlage Russlands träumend baue die Nato an den russischen Grenzen offensive Waffensysteme auf und führe Manöver zum Einstudieren von Angriffen durch. Die Ukraine solle dabei als Rammbock dienen, werde deswegen mit leeren Versprechungen und Waffen gefüttert, sei für den Westen jedoch nichts weiter als „Verbrauchsmaterial“, behauptete das russische Außenministerium. (dpa)

Verletzte bei russischem Drohnenangriff auf Kyjiw

Russland hat die ukrainische Hauptstadt Kyjiw nach Angaben der Stadtverwaltung mit Schahed-Drohnen iranischer Bauart angegriffen. Explosionen waren am Donnerstagmorgen in unterschiedlichen Teilen der Stadt zu hören.

Insgesamt habe Russland 20 Drohnen losgeschickt, vorwiegend in die Region Kyjiw. Alle seien abgeschossen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Das ukrainische Militär fing den Angaben zufolge auch zwei Marschflugkörper ab. Eine Rakete sei nicht abgefangen worden, hieß es. Welche Schäden sie verursachte, wurde in der Mitteilung nicht ausgeführt. Mindestens zwei Menschen wurden mit Splitterverletzungen im Krankenhaus aufgenommen.

Die Verwaltung in der westukrainischen Region Chmelnyzkyj meldete, es sei ein Marschflugkörper über der Region abgefangen worden. Über Opfer dort wurde zunächst nichts bekannt. „Wir schätzen die sorgfältige Arbeit der Luftverteidigungskräfte der Ukraine“, schrieb die Regionalverwaltung bei Telegram. (ap)

Moskau feuert am Krieg beteiligten Armeegeneral nach Kritik

Russlands Militärführung hat den Oberbefehlshaber der im Süden der Ukraine stationierten russischen 58. Armee, Iwan Popow, dessen Angaben zufolge entlassen. Popow wandte sich in einer am Mittwoch auf dem Telegram-Kanal des Duma-Abgeordneten Andrej Guruljow verbreiteten Sprachnachricht an die Soldaten und erklärte, er sei wegen seiner Kritik an der ineffizienten Kriegsführung seines Postens enthoben worden. „Ich habe die Aufmerksamkeit auf die größte Tragödie des modernen Kriegs gelenkt – auf das Fehlen der Artillerieaufklärung und -bekämpfung und die vielfachen Toten und Verletzten durch die feindliche Artillerie.“ Danach habe sich das Verteidigungsministerium seiner entledigt.

Die Entlassung und Kritik Popows fügt sich in das Bild, das Militärexperten von der russischen Armee gut 16 Monate nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeichnen. Demnach herrscht in großen Teilen der russischen Streitkräfte Unzufriedenheit mit der eigenen Militärführung und deren geschönten Lageberichten. Auch der am Ende missglückte Aufstand der lange für Moskau kämpfenden Privatarmee Wagner richtete sich explizit gegen Verteidigungsminister Sergej Schoigu, dem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin Korruption und Unfähigkeit vorwarf. (dpa)

Wagner-Kämpfer werden entwaffnet

Nach der Revolte der Söldnertruppe Wagner sind deren Soldaten offenbar dabei, ihre Waffen an das russische Militär zu übergeben. Das meldete das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch. Unter den bislang ausgehändigten Waffen befanden sich demnach mehr als 2000 Ausrüstungsgegenstände wie Panzer, Raketenwerfer, schwere Artillerie und Luftabwehrsysteme, über 2500 Tonnen Munition und mehr als 20 000 Schusswaffen. Die Entwaffnung der Truppe scheint das Ende der Wagner-Operationen auf den Schlachtfeldern in der Ukraine einzuläuten.

Das Schicksal von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin war weiterhin ungewiss. Der Kreml hatte am Montag bestätigt, dass Prigoschin und 34 seiner Spitzenoffiziere am 29. Juni, fünf Tage nach dem Aufstand, mit Präsident Wladimir Putin zusammengetroffen waren. Putin habe in dem dreistündigen Gespräch eine „Einschätzung“ der Aktionen der Wagner-Truppe in der Ukraine und während der Revolte gegeben und sich Erklärungen von Wagner-Kommandeuren angehört, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Peskow sagte weiterhin, die Wagner-Kommandeure hätten ihre Version der Geschehnisse erläutert und versichert, dass sie treue Anhänger und Soldaten des Präsidenten und Oberbefehlshabers seien. Sie seien bereit, weiter für ihr Heimatland zu kämpfen.

Die Söldnertruppe Wagner kämpft an der Seite der regulären russischen Armee in der Ukraine. Prigoschin hatte die Militärführung immer wieder harsch kritisiert. Am 24. Juni warf er ihr vor, einen Angriff auf seine Truppe befohlen zu haben und schickte seine Kämpfer nach Russland. Prigoschin brach den Marsch seiner Söldner auf Moskau jedoch ab und willigte ein, gemeinsam mit seinen Kämpfern nach Belarus ins Exil zu gehen. Im Gegenzug sollten sie nicht strafrechtlich verfolgt werden. (ap)

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