+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine in Bachmut unter Beschuss

Die ukrainische Verteidigung zieht sich aus einigen Positionen zurück. Der Europäische Rat hat die russische Söldnertruppe Wagner auf seine Sanktionsliste gesetzt.

Soldat feuert Granatwerfer ab

Bachmut ist schwer umkämpft (Foto vom 10. April) Foto: Libkos/dpa/ap

Russland startet überraschend Flottenmanöver im Pazifik

Vor dem Hintergrund massiver Spannungen mit dem Westen hat Russland bei einer unangekündigten Überprüfung seine gesamte Pazifikflotte in Alarm- und Gefechtsbereitschaft versetzt. Bei einer damit einhergehenden Truppenübung werde die Abwehr einer versuchten Feindlandung auf die südlichen Kurileninseln und die Insel Sachalin trainiert, erklärte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Freitag. Nach Angaben von Generalstabschef Waleri Gerassimow verläuft das Manöver in drei Etappen – von der Mobilisierung der Truppen über das Auslaufen der Schiffe bis hin zu simulierten Kampfhandlungen.

Flaggschiff der russischen Pazifikflotte ist der Raketenkreuzer Warjag. Daneben sind 3 Fregatten und rund 60 kleinere Kriegs- und Landungsschiffe sowie etwa 20 U-Boote, darunter auch Atom-U-Boote, im Dienst. An der Übung sollen auch Teile der Luft- und Raketenstreitkräfte sowie Versorgungseinheiten teilnehmen.

Nach Angaben Schoigus gilt es, die Einheiten besser auf einen möglichen Angriff vorzubereiten. Die ausländischen Militärattachés seien über das Ziel der Übung informiert. Brisant ist das plötzliche Manöver nicht nur wegen der ohnehin angespannten Beziehungen Moskaus zum Westen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, sondern auch wegen der benannten feindlichen Angriffsziele, unter denen die südlichen Kurilen sind. Zwischen Russland und seinem Nachbarn Japan gibt es seit Ende des Zweiten Weltkriegs Streit um die vier südlichsten Inseln der Kurilen. Bis heute hat dieser Konflikt die Unterzeichnung eines Friedensvertrags beider Nationen verhindert. (dpa)

Ukrainische Sportler dürfen sich nicht mit Russen messen

Die Ukraine untersagt ihren Sportlern und Sportlerinnen die Teilnahme an internationalen Wettbewerben, wenn dort Athleten aus Russland oder Belarus teilnehmen. Dies gelte für olympische, nicht-olympische und paralympische Veranstaltungen, teilt das Sportministerium mit. Es reagiert damit auf die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Sportler aus Russland und Belarus zuzulassen, wenn sie als Neutrale antreten. Das IOC öffnete mit der entsprechenden Empfehlung an Russland und Belarus deren Athleten die Tür, sich für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris zu qualifizieren.

Einige ukrainische Athleten, darunter der olympische Skeleton-Rennfahrer Wladyslaw Heraskewytsch, kritisieren das Teilnahme-Verbot und argumentieren, es führe zur Zerstörung des ukrainischen Sports. „Wenn ukrainische Vertreter bei Wettkämpfen nicht anwesend sind, dann räumen wir die internationalen Sportplätze vollständig und geben den russisch-belarussischen Vertretern die Möglichkeit, ihre Narrative und Propaganda zu verbreiten“, schreibt er auf Twitter. (rtr)

Finnische Botschaft in Moskau erhält Briefe mit Pulver

Die finnische Botschaft in Moskau hat einen Brief erhalten, in dem Pulver enthalten war. Sie habe daraufhin das russische Außenministerium kontaktiert, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern haben sich erheblich verschlechtert, seit Finnland am 4. April der Nato beigetreten ist. Das nunmehr 31. Mitglied des von den USA geführten Militärbündnisses teilt eine über 1.300 Kilometer lange Grenze mit Russland. (rtr)

London: Ukrainische Verteidigung in Bachmut stark unter Beschuss

Die ukrainische Verteidigung hält nach Einschätzung britischer Geheimdienste noch immer die westlichen Bezirke der schwer umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut. Sie sei aber in den vergangenen 48 Stunden „besonders starkem russischen Artilleriebeschuss“ ausgesetzt gewesen, wie das Verteidigungsministerium in London am Freitag mitteilte. Grund dafür sei, dass die Streitkräfte des russischen Verteidigungsministeriums und der russischen Söldnergruppe Wagner besser kooperierten.

Die ukrainischen Streitkräfte stehen den britischen Geheimdiensten zufolge vor erheblichen Nachschubproblemen. Sie hätten sich aber geordnet aus Positionen zurückgezogen, die sie aufgeben mussten. Im Zentrum der Stadt führten Wagner-Angriffsgruppen weiterhin den Hauptvormarsch durch, während russische Luftlandetruppen (VDV) einige Wagner-Einheiten abgelöst hätten, die die Nord- und Südflanke der Operation sicherten, hieß es weiter.

Die Lage im schwer umkämpften Bachmut hat sich nach Angaben beider Kriegsparteien in den vergangenen Tagen weiter zugespitzt. Nach monatelangen und verlustreichen Kämpfen hatten die russischen Angreifer zuletzt eigenen Angaben zufolge Geländegewinne erzielt und rund 80 Prozent der Stadt erobert. Kiew wiederum will die inzwischen fast völlig zerstörte Stadt trotz der Probleme nicht aufgeben. Die Ukraine will so die russischen Angreifer zu verlustreichen Angriffen zwingen und die Moskauer Truppen auf diese Weise abnutzen. In Bachmut lebten früher 70.000 Einwohner, aktuell harren dort noch Tausende aus.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor. (dpa)

Russland versetzt Pazifik-Flotte in höchste Alarmbereitschaft

Russland hat seine Pazifik-Flotte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Dies sei im Rahmen einer überraschenden Inspektion geschehen, berichten staatliche Medien unter Berufung auf Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Hauptziel sei es, die Fähigkeiten der Streitkräfte zu erhöhen, um von See kommende Angriffe abwehren zu können. (rtr)

Chinas Verteidigungsminister besucht ab Sonntag Russland

Inmitten der Diskussionen um die Haltung Pekings zum Ukraine-Krieg wird Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu ab Sonntag Russland besuchen. „Auf Einladung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu wird Verteidigungsminister Li Shangfu vom 16. bis 19. April zu einem offiziellen Besuch nach Russland reisen“, erklärte das Verteidigungsministerium am Freitag in Peking.

Im März hatte bereits der chinesische Präsident Xi Jinping Moskau besucht. China bemüht sich, sich hinsichtlich der Ukraine als neutrale Partei darzustellen. Doch Xi hat bislang weder die russische Offensive in dem Nachbarland verurteilt noch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski gesprochen.

Viele westliche Staats- und Regierungschefs halten Chinas Bemühen um ein neutrales Erscheinen für wenig glaubwürdig. Sie werfen Peking vor, Moskau stillschweigend zu unterstützen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief bei ihrem China-Besuch am Freitag die Führung in Peking auf, ihren Einfluss auf Russland geltend zu machen. Deutschland wünsche sich, „dass China auf Russland einwirkt, um seine Aggression endlich zu beenden“, sagte Baerbock bei einer Pressekonferenz mit Außenminister Qin Gang in Peking. (afp)

EU-Sanktionen gegen russische Söldnertruppe Wagner

Der Europäische Rat hat die russische Söldnertruppe Wagner wegen ihrer „aktiven“ Beteiligung am russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf ihre Sanktionsliste hinzugefügt. Begründet wurde die Maßnahme am Donnerstagabend in Brüssel damit, die Handlungen der Wagner-Gruppe untergrüben und bedrohten „die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine“. Darüber hinaus verhängte der Europäische Rat Sanktionen gegen die russische Medienorganisation Ria Fan. Sie gehört zur Patriot Media Group, deren Verwaltungsrat vom Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, geleitet wird. (dpa)

Borrell – EU kann China ohne dessen Streben nach Frieden nicht trauen

Für die EU ist es nach Einschätzung ihres Außenbeauftragten Josep Borrell sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, China ohne ein Bemühen um Frieden in der Ukraine zu vertrauen. China müsse an einer politischen Lösung arbeiten, heißt es in einer auf der Website der EU verbreiteten Rede Borrells, die dieser eigentlich vor einem Forschungsinstitut in Peking halten wollte.

Wegen einer Corona-Infektion ist Borrell aber nicht nach China gereist. „Es wird für die Europäische Union äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, ein Vertrauensverhältnis zu China aufrechtzuerhalten, das ich gerne sehen würde, wenn China nicht zur Suche nach einer politischen Lösung auf der Grundlage des Rückzugs Russlands von ukrainischem Gebiet beiträgt“, heißt es in dem Redemanuskript. „Neutralität angesichts der Verletzung des Völkerrechts ist nicht glaubwürdig.“

Borrell appelliert an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenski zu sprechen und der Ukraine mehr humanitäre Hilfe zu leisten. (rtr)

🐾 Video von Enthauptung eines Ukrainers: „Übersteigt die Taten von Butscha“

Das Video über die mutmaßliche Enthauptung eines Ukrainers sorgt für breites Entsetzen. Auch Russland verspricht eine Untersuchung des Falls. taz-Korrespondent Bernhard Clasen hat sich die Geschichte näher angesehen.

Chinas Außenminister – Liefern keine Waffen in Krisengebiete

China liefert nach Angaben von Außenminister Qin Gang keine Waffen in Krisengebiete. Auf die Frage, ob China Waffen an Russland liefere, sagt er nur, dass sich die chinesische Praxis nicht ändern werde. Eine Lieferung sogenannter Dual-Use-Güter, die auch militärisch genutzt werden können, prüfe man gemäß der gesetzlichen Vorgaben.

Zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Peking von China gefordert, keine Waffen an Russland zu liefern. Auf ihre Forderung, dass China seinen Einfluss auf Russland nutzen solle, den Ukraine-Krieg zu beenden, geht der chinesische Außenminister nicht weiter ein. China wolle einen Friedensschluss und werde nicht mehr Öl ins Feuer gießen, sagt er lediglich. (rtr)

Baerbock – China soll Putin zu Kriegsende bewegen

Außenministerin Annalena Baerbock hat China aufgefordert, mehr Einfluss auf Russland auszuüben, um den Krieg in der Ukraine zu stoppen. „Ein Mann kann den Krieg morgen beenden“, sagt sie bei ihrem Besuch in Peking mit Verweis auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie mahnt nach einem Gespräch mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang, dass China Russland auch keine Waffen liefern soll. Sie verstehe nicht, wieso China bisher Russland nicht aufgefordert habe, den Krieg zu stoppen. (rtr)

Selenski lobt Schlagkraft ukrainischer Waffen

In seiner abendlichen Videoansprache lobte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski indes zum Jahrestag des Beschusses und Untergangs des russischen Kriegsschiffs „Moskwa“ die Schlagkraft eigener Raketen. Raketen vom Typ Neptun hätten vor einem Jahr am 13. April gezeigt, wie professionell der militärisch-industrielle Komplex der Ukraine arbeite, sagte Selenski. Er habe deshalb per Dekret festgelegt, das Datum künftig als Tag der Rüstungs- und Verteidigungsindustrie zu begehen. Die Ukraine hatte das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte vor einem Jahr versenkt und dies als großen Triumph im Krieg gefeiert.

Die Ukraine sei heute in der Lage, „alles von Granaten bis zu Raketen, von Artilleriegeschossen bis hin zu Drohnen zu produzieren“, sagte Selenski. Man freue sich aber auch sehr auf die Lieferung von Waffen, die Partner versprochen hätten. (dpa)

Pistorius sieht keine Kursänderung bei westlichen Kampfflugzeugen

Von Polen etwa erhält die Ukraine MiG-29-Kampfflugzeuge aus früheren DDR-Beständen. Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht nach dem grünen Licht der Bundesregierung für eine Weitergabe der Jets an die Ukraine keinen Kurswechsel mit Blick auf eine Lieferung westlicher Kampfflugzeuge. Von Bedeutung sei alles, was schnell helfe, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Bamako, der Hauptstadt Malis.

„Es geht um MiGs, weil die unmittelbar eingesetzt werden können bei den ukrainischen Streitkräften, weil sie bekannt sind, weil sie sofort geflogen werden können, weil sowohl Unterhaltung als auch Instandsetzung und Wartung quasi reibungslos und übergangslos möglich sind“, sagte Pistorius. „Das gilt alles für westliche Flugzeuge, insbesondere solche, die wir in Deutschland haben, nicht. Von daher stellt sich diese Debatte für uns nicht.“

Pistorius, der seine Reise in Westafrika fortsetzte, kündigte an, dass am Freitag die formale, schriftliche Bestätigung an die polnische Regierung für die Erlaubnis zum Reexport in die Ukraine rausgehe. Ein erst am Donnerstag in Berlin eingegangener Antrag war binnen weniger Stunden positiv beschieden worden. Es handelt sich um Flugzeuge, die Deutschland 2003 Polen überlassen hatte. Die Bundeswehr hatte sie aus früheren Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR übernommen. (dpa)

🐾 Diskussion um Kriegsbeteiligung: Selbstvergewisserung durch Streit

Die Linie zwischen Kriegsteilnahme und Nichtteilnahme ist nicht so klar, wie es viele gern hätten. Das zeigt die Diskussion um die Nato-Spezialkräfte, schreibt taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann.

Schwere Kämpfe an allen Teilen der Ostfront

Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hannah Malyar berichtet über schwere Kämpfe an allen Teilen der Ostfront. „Die meisten feindlichen Angriffe finden im Sektor Bachmut statt“, schreibt Malyar auf Telegramm. Die russischen Kommandeure hätten Truppen aus anderen Gebieten dorthin verlegt. „Der Feind setzt dort seine professionellsten Einheiten ein und greift in erheblichem Umfang auf Artillerie und Flugzeuge zurück.“

Jeden Tag verzeichne man 40 bis 50 Stürmungsversuche und rund 500 Mörserangriffe in der Region. Den ukrainischen Streitkräften sei es jedoch in den meisten Gebieten gelungen, die Angriffe abzuwehren. (rtr)

Verband: Reserve der Bundeswehr ist in desolatem Zustand

Der Reservistenverband sieht die Reserve der Bundeswehr in einem desolaten Zustand. „Sie ist eine Truppe, die noch weitgehend auf dem Papier existiert“, sagte Verbandspräsident Patrick Sensburg der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Eine funktionierende Reserve sei Teil einer wirksamen Abschreckung, derzeit vor allem gegenüber Russland. Doch so, wie die Reserve aktuell konzipiert sei, könne sie das nicht leisten. Sensburg fordert eine Neuausrichtung und bessere Ausrüstung. Er empfiehlt, dass die Reservisten verpflichtet werden, alle zwei Jahre für 14 Tage zu üben. (dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.