++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN ++ (2): Antifa applaudiert der Polizei
Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 2): Aktuelle Berichte von den Protesten gegen das NPD-Fest, von der DGB-Demo un der Mayday-Parade.
Der Liveticker mit jüngeren Berichten vom Abend findet sich hier.
17.40 Uhr, Moritzplatz: Eigentlich versuchen die Macher der Mayday-Parade, ihre Abschlussreden zu halten. Doch die Techno-Musik ist zu laut: Niemand hört zu, alle tanzen.
17.35, Manteuffelstraße: Im "M99", dem Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf, ist der Teufel los. Aufkleber "Nazis raus!", Koppeltaschen oder T-Shirts finden reißenden Absatz. HG, der 50-jährige Betreiber des Ladens, nimmt es gelassen: "Zu autonomen Festtagen ist das immer so".
17.15, Naunynstraße, Kreuzberg: Vor der Hiphop-Bühne des MyFestes stehen zwei Polizisten, sichtlich lärmgestresst. Der Beamte Dietz - laut Namensschild - trägt auf der Schulter vier Sterne. Neben ihm Herr Reimann - drei Sterne. Sie brüllen sich gegenseitig laut ins Ohr. Überall ist es deutlich voller als im Vorjahr. Es wird viel Alkohol getrunken. Ein junger Mann ist schon auf der Bordsteinkante eingeschlafen. Ein anderer torkelt einer leicht bekleideten Frau entgegen und brüllt: "Mensch bist du geil".
FARBEIER SCHMÜCKEN FINANZMINISTERIUM
16.48, Online: Die Mayday-Organisatoren versenden per Mail eine Presseerklärung zur Farbattacke auf das Finanzministerium (siehe 16.17 Uhr). Darin heißt es: "Das war keine unpolitische Randale sondern eine deutliche Meinungsäußerung. Wenn große Demonstrationen mit mehreren 10.000 Teilnehmern keine Bedeutung mehr haben und es immer noch Maßnahmen wie Hartz IV gibt, ist es verständlich wenn die Menschen andere Ausdrucksformen suchen. Das Finanzministerium scheint für viele ein symbolisches Objekt gewesen zu sein um zu zeigen, dass sie mit den derzeitigen Verhältnissen nicht einverstanden sind." Insgesamt seien etwa 60 Farbeier geflogen. Ein Polizeisprecher sagte, die Fassade in der Wilhelmstraße sehe "ganz schön bunt" aus.
16.45, Naunynstraße: An der Ecke zur Adalbertstraße spielt ein Punkband. Etwas weiter im Gewimmel tanzen junge Hiphopper auf einer Bühne bei einem Breakdanceturnier. Dahinter toben junge Leute in einem Käfig einem Fußball hinterher. Am Ende der Straße erhebt sich wie ein riesiges Schiff die Rapbühne. Sie ist mit modernster Lichttechnik angestrahlt. Auch der Sound kommt über teure Anlagen.
16.31, Rudi-Dutschke-Straße: Hallo Mayday! Die Parade flaniert gerade am taz-Haus vorbei. Jonglier-Keulen fliegen durch die Luft. "Es war nicht alles schlecht im Kapitalismus", erinnert ein Transparent in der Menge. Der Wagen dahinter gemahnt in Großbuchstaben nicht nur an die "KRISE", sondern auch ans "EIS". Die aktuelle Temperatur beträgt 22,4 Grad.
Weitere Transparent- und Pappenslogans: "Mein Auto bekommt ihr nicht!", "be.streik be.berlin", "Haha Kapitalismus", "Macht die Glotze aus", "Schweinsystem", "Kuchen, Kakao, Kommunismus" , "Kein Bock auf ne prekäre Karriere", "Dr. Klaus Zumwinkel Fanclub", "Und für wessen Arsch arbeitest du?", "Schweinerei", "Hol dir dein Leben zurück", "Freiheit ist die Freiheit anders zu denken".
Man tanzt ausgelassen hinter dem Wagen von "ZENSURSULA": "Die haben echt Basswoofer inszwischen, das ist der Wahnsinn", kommentiert eine taz-Redakteurin mit langjähriger Demoerfahrung.
"Wenn das nur 2.000 sein sollen, dann waren beim DGB niemals 20.000", sagt eine Beobachterin, die beide Aufzüge gesehen hat.
16.20, Kottbusser Tor: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, weiße Aufschrift: "Antifaschist". In diesem Outfit flaniert ein junger Mann gepierced und mit Basecap durch die Menge. Aus seiner rechten hinteren Hosentasche hängen lässig zwei Lederhandschuhe heraus. Man sieht die skurrilsten Typen. Ein Glatzköpfiger mit Ganzkopftattoo sagt, er sei 60 Jahre alt. Auf seinem Rücken trägt er die Aufschrift: "Wir sind nicht auf der Welt, um zu sein, wie andere uns wollen."
16.17, Bundesfinanzministerium, Wilhelmstraße: Grauer Granit, das war einmal. Die Fassade des Ministeriums ist seit wenigen Minuten bunt gesprenkelt. Rund zwei Dutzend Teilnehmer der Mayday-Parade haben sie mit Farbeiern beworfen.
16.15, Kottbusser Tor: Auf dem Platz steht eine riesige Bühne mit der Aufschrift "Antifascista". "So, der Act kann beginnen", begrüßt der Performer das Publikum. "Welcome in the quarter 36. We will meet us in the street and figth capitalism." Bevor die Band Tapete an die Mikrofone tritt, ruft er noch zur Teilnahme an der 18-Uhr-Demo auf. "Danach kommen wir hoffentlich unversehrt hierher zurück. Und dann geht's weiter".
16.10, Kottbusser Straße, Kreuzberg: Zum Abschluss der ersten revolutionären 1. Mai-Demonstration erklingt die Internationale vom Band. Dazu werden fast mehr rote Fahnen geschwenkt, als noch Teilnehmer da sind. Unterwegs waren die Revolutionäre auf unterschiedlichste Reaktionen gestoßen. Ein Araber, der vor einem Wasserpfeifencafé in Neukölln saß, meinte, er fände das ganz okay mit der internationalen Revolution. "Aber die Demonstranten hier sind ja alles Kreuzberger, das geht uns hier nichts an." Ein älterer Türke vor der Zentrale von Milli Görüs wollte auch nicht mitgehen: "Das sind alles gottlose Kommunisten", meinte er. Dann riefen die Demonstranten: "USA - BRD - das faule Gesicht der Demokratie - Massenmörder, das sind sie!". Das sei zwar nicht ganz falsch, kommentierte ein Türke am Wegesrand. "Aber es gehört sich nicht, als Ausländer so über Deutschland zu reden." Eine ältere Deutsche ging hingegen aus Neugier mit. "Ich finde vieles gut, was hier gesagt wird, etwa über die Frauenbefreiung. Nur dass Revolution der einzige Weg ist, das finde ich nicht richtig."
15.55, Oranienstraße, Kreuzberg: Eine braune Bordeauxdogge liegt mitten im Trubel des MyFestes schlafend vor einem Caipirinhastand. Neben ihr einen Gelddose mit dem Schild: "Einmal noch in Puff". Münzen im Wert vom etwa 5 Euro haben sich schon eingefunden. Der Hund sei schon sehr alt, sagt die Besitzerin, diesen Wunsch, wolle sie ihm noch erfüllen.
DEMOS MAU BESUCHT, MYFEST LÄUFT ÜBER
15.40, Oranien, Ecke Adalbertsraße: Das MyFest ist kurz davor, wegen Überfüllung geschlossen zu werden. Die Menschen stecken an der Kreuzung in der Menge fest. Nur auf dem Bürgersteigen ist noch etwas Platz zum Ausweichen. "Das wird krass, wenn es so weiter geht", sagt eine Beobachterin. Ein Blick nach Nord, Süd, Ost und West zeigt ein wogendes Köpfemeer. Alle strömen wie auf einer Demo die Straße entlang. Bierflaschen oder Pappbecher in den Händen, eingehüllt vom Dampf der Grillstände. Umgeben vom Dröhnen der Bässe. Kaum ist man an einer Bühne vorbei empfängt einen der Soundbrei der nächsten. Das Motto des von Anwohnern und Bezirksamt zum siebten Mal organisierte n Festes lautet diese Jahr. "Wir sind Kreuzberg 36. Wir sind Subkultur, wir sind cosmopolitisch". Menschen aller Hautfarben, Männer, Frauen, Kinder, Alte mit Rollator, Mütter mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer, jede Spezies ist tatsächlich vertreten. Die 18 Bühnen versprechen ein buntes Kulturprogramm bis Mitternacht.
15.40, Behrenstraße, Mitte: Die Mayday-Parade zieht mit mittlerweile gut 2.000 äußerst bunt gekleideten Teilnehmern an der britischen Botschaft vorbei. Viele tragen die rosa gefärbten "Tarnkappen", die zu Beginn verteilt worden waren. Einige nutzen sie als Sonnenschutz, andere tragen sie wie Karnevalsmasken vorm Gesicht. Auch die von den Paradisten bereitgestellten Pappsprechblasen zum selber Ausfüllen sind offenbar gut angekommen. "Fight for your right, stop gentrification", steht auf einer. Aber auch Slogans wie "Ich möchte ein Gummibärchen sein", "Hände weg vom RAW-Tempel" oder "Wir wollen alle Eiscreme" sind zu sehen.
15.35, Moritzplatz, Kreuzberg: Ein Fahrradfahrer mit einer Tuba auf dem Rücken umkurvt geschickt die Fußgänger auf dem weg zum MyFest. Gleich sei sein Auftritt am Naunynplatz, sagt er.
MAYDAY-PARADE FLANIERT UNTER DEN LINDEN
15.25, Bebelplatz, Mitte: Soeben hat sich die "Mayday-Parade" in Bewegung gesetzt. Zunächst nur rund 1.000 Menschen paradieren über den Boulevard "Unter den Linden". Es werden allerdings schnell mehr, da aus den Seitenstraßen zahlreiche Nachzügler eintreffen.
15.20 Sonnenallee, Neukölln Seit die erste revolutionäre1. Mai-Demo Kreuzberg verlassen hat, hat sie nochmal rund ein Viertel ihrer Teilnehmer verloren. Die sind offenbar gleich auf dem MyFest geblieben, dass mittlerweile in Kreuzbreg begonnen hat. Dafür ist die Minidemo mit nun rund Teilnehmern umso bunter. Kinder und Altkommunisten, Kurden, Türken, Spanier und Afrikaner sind zu sehen. Allerdings guckt kaum niemand hin. Publikum gibt es in Neukölln auf der Sonnenallee nicht. Dafür zeigt sich eine Sprecherin des Demo-Bündnisses sehr radikal: "Wir sind die einzige revolutionäre Demonstration", sagt sie. Die Organisatoren der zweiten, gleichnamigen Demo, die um 18 Uhr beginnen soll, seien doch allenfalls reformistisch.
15.03, Mandrellaplatz, Köpenick: Die NPD hat ihre Kundgebung beendet und sich wieder in ihre Parteizentrale verzogen. Auch die Gegendemonstranten sind abgerückt. Nur noch die Polizei bewacht den nun leeren Platz.
NPD BRÜLLT GEGEN "DIE ÄRZTE" AN
14.55, Mandrellaplatz, Köpenick: Bei der NPD-Kundgebung fordert der Parteivorsitzende Udo Voigt: "Deutschland muss sich wieder um das Wohl seiner Arbeiter kümmern, statt um Ali und Mustafa". Selbst um sich bei seinen gerade mal zweihundert Zuhörern verständlich zu machen, muss Voigt brüllen. Aus einer benachbarten Schule erklingen Anti-Nazi-Songs der Band "Die Ärzte".
14.47, EXKURS nach Göttingen: Wie uns soeben aus Göttingen mittgeteilt wird, wurde die dortige Mai-Kundgebung des DGB von rund zehn Angehörigen der Burschenschaftsszene gestört. Während Mehrdad Payandeh vom DGB-Bundesvorstand einen Redebeitrag über die Finanzkrise hielt, liefen die Störer vor die Bühne am Gänseliesel. Einer von ihnen bließ in ein mitgebrachtes Blashorn, um den Redebeitrag zu unterbrechen. Mehrere Kundgebungsteilnehmer drängten die Personen daraufhin vom Marktplatz. Der Vorsitzende der DGB-Region Südniedersachsen-Harz, Lothar Hanisch, sprach den Personen einen Platzverweis aus. Störungen von Rechten könne er nicht tolerieren, sagte Hanisch. Er sprach von einer neuen Qualität der Agitation aus dem Burschenschafts-Milieu.
DEMOS BISHER WINZIG
14.30, Bebelplatz, Mitte: 200 potenzielle Teilnehmer der "Mayday-Parade" lauschen den deutschen Protestsongs der Band "the incredible Herrengedeck"
14.20, Oranienplatz, Kreuzberg: Mit über einer Stunde Verspätung startet die erste sogenannte revolutionäre Mai-Demonstration in Kreuzberg. Der von türkischen, maoistisch-leninistischen Gruppen organisierte Aufzug hatte lange Zeit fast gar keine Teilnehmer gefunden, was selbst die Polizei verwunderte. Mittlerweile ziehen etwa 300 Demonstranten durch Kreuzberg.
NPD ERSTMALS AUS DEM HÄUSCHEN
14.00, Mandrellaplatz, Köpenick: Die Teilnehmer des Nazi-Festes haben die Parteizentrale verlassen und sammeln sich für eine Kundgebung auf dem benachbarten Mandrellaplatz. Marschieren dürfen sie nicht. Eine Demonstration zum S-Bahnhof Spindlersfeld wurde ihnen von Polizeieinsatzleiter Michael Knape untersagt. In unmittelbarer Nähe rufen Gegendemonstranten hinter Absperrgittern: "Nazis raus!"
13.41, EXKURS nach Hannover: Rund 20.000 Menschen haben am 1. Mai in Hannover friedlich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit demonstriert. Die Polizei sprach von 12.000 Teilnehmern, die Veranstalter von 25.000. "Das ist ein deutliches und ansteckendes Signal", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bei einer Kundgebung. Hannover und Niedersachsen positionierten sich damit klar gegen Rassismus. Anlass waren Pläne von Rechtsextremisten zu einem Aufmarsch mit mehr als 1.000 Teilnehmern am Mai-Feiertag in Hannover. Dieser war jedoch von Polizei und Justiz mit dem Hinweis auf drohende Gewalt untersagt worden. Die NPD hatte daraufhin bundesweit zu ihrem "Familienfest" nach Berlin-Köpenick mobilisiert.
13.40, Bebelplatz, Mitte: Vor zehn Minuten war offizieller Beginn der Auftaktkundgebung für die "Mayday-Parade". Auf dem Platz neben der Staatsoper tummeln sich jedoch mehr Touristen als Demonstranten. Erst gut 150 Paradenteilnehmer haben sich eingefunden. Sie spielen Frisbee oder legen - getreu dem diesjährigen Paraden-Konzept - Masken an. "Wir rechen auch nicht mit richtig vielen Teilnehmern", sagt eine Sprecherin. Die meisten seien ja noch in Köpenick. Die eigentliche Parade werde erst so gegen 15 Uhr los ziehen.
13.35, Brandenburger Tor: Das rund zweistündige Redenprogramm bei der DGB-Kundgebung ist durch. Jetzt spielt die Band "Die Busfahrer".
POLIZEI VERHAFTET SS-BILDER
13.30, vor der NPD-Zentrale, Köpenick: Ein Polizeisprecher teilt mit: In der NPD-Bundeszentrale wurden elf Bilder mit SS-Totenköpfen und Runen beschlagnahmt - wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Die Zahl der Festnahmen bei der Gegendemo liege derzeit "im mittleren zweistelligen Bereich".
13.20, NPD-Zentrale, Köpenick: Gerade mal 200 Rechtsextreme drängeln sich im Innenhof der NPD-Bundeszentrale auf Bierbänken bei Grillfleisch und müden Reden. Draußen vor dem Haus auf der Seelenbinderstraße plaudert Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch entspannt mit Kollegen. Sein Einsatzleiter spricht von einem insgesamt sehr friedlichen Verlauf. Das Polizeikonzept habe sehr gut gegriffen. Die Gegendemo mit - laut Polizei inzwischen - rund 1.500 Teilnehmern ist derweil weitergezogen. Die Veranstalter selbst haben 3.000 Teilnehmer gezählt.
12.50, Brandenburger Tor: Der Berliner DGB-Vorsitzende Dieter Scholz greift in einer historischen Rede über den Kapitalismus auf die Spekulationskrise mit Tulpen in den Niederlanden im Jahr 1637 zurück. "Spekulation im Kapitalismus ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel", sagt Scholz. Daraus müsse man Konsequenzen ziehen. Er fordert eine Renaissance des Sozialstaates und Umverteilung von oben nach unten. "Kapital und Vermögen müssen die Konsequenzen der Krise tragen, nicht die Arbeiter", ruft Scholz. "Wenn es denn so einfach wäre", kommentiert ein Kundgebungsteilnehmer. Schließlich hätten auch die Arbeiter und der Mittelstand vom Wohlstand profitiert. Den größten Applaus erntet Scholz für seine Forderung nach mehr Mitbestimmung in der Wirtschaft.
12.30 Uhr, Straße des 17.Juni: Eine Gruppe von Tamilen fordert mitten in der Gewerkschaftsdemo "Freiheit für Sri Lanka". "Keine Vergewaltigung von Minderjährigen" steht auf einem Plakat, auf einem anderen das Bild eines Mannes in Militärkleidung mit Munitionsgürtel, darüber steht: "Prabhakaran, unser Präsident". Nach einer Viertelstunde ziehen sie geschlossen wieder ab.
ANTIFA APPLAUDIERT DER POLIZEI
12.29, Kinzerallee: Nachdem ein Anwohner minutenlang auf seinem Balkon den Hitler-Gruß gezeigt hat, wird er von Demonstranten mit Steinen angegriffen. Die Polizei geht gegen die Antifademo vor. Die Situation droht zu eskalieren. Dann verhaftet die Polizei den Balkonsteher - und erntet heftigen Applaus aus der Demonstration. Danach beruhigt sich die Lage wieder.
12.20, Kinzerallee, Köpenick: Die Gegendemonstration hat die Seelenbinderstraße überquert. Teile der Demonstranten vermummen sich. Der schwarze Block versucht nun über die Kinzerallee von hinten Richtung NPD-Zentrale zu gelangen.
12.10, Bahnhof Köpenick: Vom Bahnhof startet einen Demonstration gegen das Nazi-Fest. Vorneweg mischen sich die Fahnen von Antifa, DKP, SPD und Grünen. Dahinter laufen viele ganz normale Bürger, auch ältere Leute mit Richtung NPD-Zentrale in der Seelenbinderstraße.
12.10 Uhr, Straße des 17.Juni: Am Stand der IG-Metall und ihrer Kampagne "Gemeinsam für ein gutes Leben" streiten sich ein Westberliner Linker und ein Ostberliner über die Zukunft des Kapitalismus. Man müsse das System abschaffen, meint der eine, der andere glaubt an den humanen Kapitalismus.
12.00, Bahnhof Köpenick: Mit der ersten wieder eingefahrenen S-Bahn ist rund ein Dutzend Nazis angekommen. Sie werden unter Polizeischutz durch einen Nebenausgang zum Elcknerplatz herausgeführt.
11.55, Bahnhof Köpenick: Mittagszeit. Der Thai-Imbiss vor dem Bahnhof macht das Geschäft seines Lebens. Die Gegendemonstranten stehen Schlange zum Nudelfassen. Auf die Anfrage einer Journalistin sagt der viel beschäftigte Betreiber nur: "Hinten anstellen!"
11.50, Köpenick: Laut Polizei sind aktuell 200 Teilnehmer beim NPD-Fest im Hinterhof der Parteizentrale und 650 Menschen bei der Gegendemo. Vor Ort erscheint das wesentlich mehr. Der Bahnhof ist mittlerweile geräumt, erste Züge fahren wieder ein.
11.50, Brandenburger Tor: Ein Sprecher sagt, mittlerweile seien 20.000 bei DGB-Kundgebung. Die Verdi-Jugend und weitere Fahnenträger laufen ein, auf Transparenten wird der Mindestlohn gefordert. Ein Sprecher begrüßt speziell die Türken, da in der Türkei der 1. Mai erstmals Feiertag sei. Viele Touristen mit Bratwurst bestaunen die DGB-Demonstranten. Die rufen: "Hoch die internationale Solidarität."
11.20, Mandrella-Platz, Köpenick: Vom NPD-Maifest ist nichts zu sehen, außer den Straßensperren der Polizei. Journalisten müssen durch drei Kontrollen, um auf den leeren Platz zu gelangen. Das eigentliche Fest der Nazis soll im Hof der benachbarten NPD-Parteizentrale stattfinden. "Da werden schon Leute drin sein", sagt ein Polizist. Wieviele ist jedoch auch ihm unklar.
MOMPER LOBT ZIVILEN UNGEHORSAM
11.10, Bühne vor dem Bahnhof Köpenick: Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper (SPD) lobt den zivilen Ungehorsam, der die Anreise von NPD-lern erschwert habe.
10.35, Bahnhof Köpenick: Die Polizei beginnt den Bahnhof zu räumen. Einige Demonstranten werden weggetragen, andere flüchten über die Gleise. Auch Evrim Baba, Abgeordnete der Linken, wird weggeräumt. Die Demonstranten skandieren: "Wir sind friedlich, was seid ihr?" Die Bahn lässt durchsagen., dass der Zugverkehr in beide Richtung bis auf weiteres ausgesetzt ist.
10.28, Brandenburger Tor: Mit Motorrad, Fahrrad oder auf Skates sind gerade mal ein paar hundert Gewerkschaftler dem Aufruf des DGB gefolgt, vom Wittenbergplatz zum Brandenburger Tor zu demonstrieren. Es sind fast ausschließlich ältere Menschen zu sehen, jüngere sind allenfalls als Begleiter ihrer Eltern anwesend. "Es ist erstaunlich, dass selbst jetzt in der Krise die Leute so ruhig bleiben", sagt eine Betriebsrätin der Bundesdruckerei. "Die Krise ist halt noch nicht durchgeschlagen", meint ein ehemaliger Nokia-Mitarbeiter.
ANTIFA BESETZT BAHNHOF
10.20, Bahnhof Köpenick: Mehrere hundert Antifas besetzen den Bahnhof Köpenick, an dem viele NPD-Anhänger auf dem Weg zu ihrem Mai-Fest erwartet wurden. Rund 30 Teilnehmer einer Sitzblockade am Bahnhofsausgang wurden von der Polizei weggetragen. Weitere Aufrufe der Polizei den Bahnhof zu verlassen werden mit Buh-Rufen quittiert.
9.43, Bahnhof Ostkreuz: Der Bahnsteig Richtung Köpenick ist gänzlich vollgestopft mit Schwarzgekleideten, roten Fahnen und Trommlern. Sie wollen nach Köpenick fahren, um das Mai-Fest der NPD zu verhindern. Ihr Aufruf: Leistet zivilen Ungehorsam. Wenig später startet eine bis zum Rand mit Antifas gefüllte S-Bahn.
9.30, Brandenburger Tor: Auf der Ostseite fotografieren die Touristen. Auf der Westseite wartet die Jugend des DGB auf erste Anweisungen zum Flyer-Verteilen. Die Kundgebung soll hier gegen 11 Uhr starten. Die ersten Gewerkschaftler trinken ein erstes Bier.
8:29, Polizeimeldung: In der Nacht zum 1. Mai ist es in Berlin wie in den Vorjahren zu Ausschreitungen gekommen. Nach Mitternacht stand im Stadtteil Friedrichshain eine teils aggressive und betrunkene Menge von rund 200 Personen der Polizei gegenüber. Die Beamten wurden mit Flaschen und Steinen beworfen. In zwei Straßen wurden Gegenstände in Brand gesteckt. Insgesamt nahm die Polizei bis zum Morgen 49 Randalierer fest, 48 Beamte wurden zumeist leicht verletzt. Dennoch sprach die Polizei von einer weitgehend friedlichen Walpurgisnacht. Schwere Krawalle wie in früheren Jahren seien ausgeblieben. Im Mauerpark in Prenzlauer Berg war es hingegen friedlich geblieben. Hier feierten rund 2.000 bis tief in die Nacht. Auch am Boxhagener Platz in Friedrichshain feierten rund 2000 Menschen friedlich. Bei vereinzelten Ausschreitungen erteilten die Polizisten Platzverweise, ein Großteil der Versammlung löste sich auf. Gegen 3.00 Uhr am Freitagmorgen hatte die Polizei am Wismarplatz in der Nähe des Boxhagener Platzes noch rund 100 Personen eingekesselt. Von einzelnen Randalierern sollten die Personalien festgestellt werden. Zunächst hatte sich die Polizei zurückgehalten, dann griff sie Störer gezielt heraus. Die offizielle Bilanz der Polizei findet sich hier.
8.00, Prinzenbad Kreuzberg: Raus zum 1. Mai? Zunächst mal rein ins Wasser! Aber mit dem Anbaden in Berlins beliebtesten Sommerbad wird es erstmal nix. Die Chloranlage ist defekt. Die enttäuschten Gäste, darunter der neue Pressesprecher der Berliner Bäder Betriebe (BBB), Matthias Oloew trösten sich in der Cafeteria mit Sekt und Kuchen. Als man sich aufmacht zu gehen, kommt doch noch die ersehnte Ansage: "Bahn frei".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers