taz-lab-Kolumne weiter/machen #1 : Widerständen trotzen
Unsere Autorin hätte auch etwas Bodenständiges studieren können. Hier erklärt sie, warum es sich lohnt dran zu bleiben. Teil Eins der neuen taz-lab-Kolumne weiter/machen.
taz lab | Statt Politologie könnte ich auch Jura studieren. Um ein lukrativeres Fach zu wählen, um etwas „Anständiges“, etwas „Richtiges“ zu machen. So würde es mein Großvater formulieren. Nicht nur bei ihm stieß meine Studienwahl auf Skepsis. Phrasen und Klischees wie: „Was willst du denn damit machen?“, „Wie willst du Geld verdienen?“, oder: „Willst du etwa Politikerin werden?“ überfluteten mich.
Besonders laut wurden Stimmen älterer Personen aus dem Familien- oder Bekanntenkreis, die mir mit ihrem angeblichen Reichtum an Lebenserfahrung und ihrer Weltgewandtheit verdeutlichen wollten, welch belanglose Studienwahl ich doch getroffen hätte und welch ungewissen Ausbildungsweg ich dadurch einschlagen würde.
Irgendwann kommt sie gewiss zur Vernunft, hieß es. Doch trotz anfänglichen Zweifels und mir entgegengebrachten Argwohns, blieb ich bei meiner Wahl. Ich machte weiter. Ich blieb dran. Ungeachtet aller Gegenstimmen, sich Querstellenden. Oder vielleicht sogar: gerade wegen ihnen.
■ Jedes Jahr im April geht das taz lab, der Kongress der taz über die Bühne. Live im Stream und rund um den taz Neubau in Berlin.
■ Das taz lab ist Deutschlands Kongress für Debatte, Streit und Verständigung zu den Fragen der Zeit, ausgerichtet und kuratiert von der taz.
■ Unter einem alljährlichen Oberthema diskutieren am taz-lab-Tag Menschen aus Politik, Zivilgesellschaft, Forschung, Wirtschaft, Medien und Kultur. 2025 lautet das Thema: weiter/machen – Jenseits der Empörung.
■ 2025 findet das taz lab am 26. April statt. Tickets sind ab Anfang Februar verfügbar.
Lehre als Bankkauffrau?
Angesichts der bevorstehenden Wahlen und aktuellen Umfrageergebnisse mögen sich viele in einem Gefühl der Resignation wiegen. Weiterzumachen, sich gegen Widerstände zu behaupten, kann Überforderungen auslösen und anstrengend sein. Weitermachen bedeutet keineswegs, dass es einfacher wird. Lohnt es sich?
Ohne ein Weitermachen würde ich jetzt nicht hier sitzen, im 6. Stock des taz-Hauses, und diesen Text schreiben. Dann hätte ich, wenn es nach meinem Großvater ginge, eine Lehre als Bankkauffrau absolviert und würde souverän zwischen Papierstapeln und Exceltabellen mit Zahlen jonglieren und Kunden mit einem Lächeln die Risiken und Dienste eines Renditeglücks erklären. Aber ich bin eben politisch – deshalb weitermachen. 🐾
■ Hier schreiben unsere taz-lab-Autor*innen wöchentlich über das weiter/machen.