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Panter Preis

Panter Preis Nominierte VI Die Stadt der Zukunft mitgestalten

Mit viel Engagement und ehrenamtlicher Arbeit setzen sich der Klimaentscheid Erfurt und Bonn4Future für eine klimaneutrale Stadt bis 2035 ein.

Bürgerbeteiligung ist in Bonn grundlegend – und wird auch in Erfurt eingefordert Foto: C. Schnüll

VON VERENA KERN

taz Panter Stiftung, 29.05.2023 | Als Nadine Baumann letztes Jahr auf Erfurts Straßen unterwegs war, um für eine klimaneutrale Stadt bis spätestens 2035 zu werben, bekam sie einiges zu hören. „Schön, dass es das jetzt auch bei uns gibt“, hieß es oft, so erzählt es die 33-Jährige am Telefon. Aber es gab auch Gegenwind: „Ihr wollt uns die Parkplätze wegnehmen!“ Und: „Ohne Auto geht es nicht!“

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Klimaentscheid Erfurt

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Vier Monate lang sammelten Baumann und viele weitere Ehrenamtliche Unterschriften für ihr Bürgerbegehren. Das Ziel: Thüringens Landeshauptstadt auf 1,5-Grad-Kurs bringen. Ums Wegnehmen geht es der Initiative „Klimaentscheid Erfurt“ nicht. Im Gegenteil. Es geht um einen Zugewinn für die 200.000 Menschen in Erfurt – mehr Lebensqualität, mehr Gesundheit, mehr Gerechtigkeit. „Wir wollen eine lebenswerte, klimagerechte Stadt für alle“, sagt Baumann.

Ein Selbstläufer ist das trotzdem nicht, auch wenn die Argumente noch so gut sind. Viel Überzeugungskraft, Motivation, Ausdauer und Arbeit hat die Initiative in ihr Projekt gesteckt, die eigene Stadt nach vorn zu bringen. Monatelang traf sich ein Kernteam von 15 Personen einmal pro Woche – in ihrer Freizeit. Sie suchten das Gespräch mit der Stadt, feilten an der Formulierung ihrer Forderungen, die juristisch wasserfest sein müssen, organisierten sich anwaltliche Hilfe und warben Spenden ein, um dies finanzieren zu können.

taz Panter Preis

Der taz Panter Preis wird von der taz Panter Stiftung an Menschen vergeben, die sich gegen die Klimakrise engagieren. Dieses Jahr geht es unter dem Motto „Klima für Gerechtigkeit“ um solidarischen Klimaschutz. Eine Jury hat erstmals sieben Nominierte (statt sechs) für die Leser:innen-Wahl vom 3. bis 25. Juni ausgewählt. Zudem wird ein Preis von den ehemals Nominierten vergeben. Beide Preise sind mit 5.000 € dotiert und werden am 16. 09. verliehen. Infos: taz.de/panter.

Mit mehr als 7.000 gültigen Unterschriften erreichten sie das Quorum. „Wir haben die erste Hürde genommen“, sagt Baumann. Jetzt ist der Stadtrat am Zug. Er kann den Forderungen zustimmen oder einen Kompromiss anbieten. Oder ablehnen – dann kommt es zu einem Bürgerentscheid wie kürzlich in Berlin. Die Chancen stehen in Erfurt gut, glaubt Baumann. „Wir sind bei der Stadt auf offene Ohren gestoßen“, sagt sie. „Der Panter Preis würde uns Rückenwind geben. Wir möchten anderen Initiativen Mut machen: Was in Erfurt geht, geht überall!“

Die Zivilgesellschaft schiebt an

Bonn ist schon einen Schritt weiter. Das Netzwerk „Bonn im Wandel“ hat mit seiner Initiative Bonn4Future bereits das geschafft, was Erfurt nun anpeilt. 2019 beantragten Klimagruppen den Klimanotstand in Bonn. Mit großer Mehrheit beschloss der Stadtrat erst den Klimanotstand und kurz darauf, dass Bonn bis spätestens 2035 klimaneutral werden soll.

„Ein Gelegenheitsfenster hat sich geöffnet“, sagt Gesa Maschkowski von Bonn im Wandel e.V. und Erfinderin des Verfahrens. „Denn Klimaneutralität kann man nicht verordnen. Sie muss fair sein und braucht alle gesellschaftlichen Kräfte.“ Der Verein stellte mit vielen Unterstützer-Initiativen einen Bürgerantrag auf Bürgerbeteiigung. Daraus wurde das bisher umfangreichste Mitwirkungsverfahren von Bonn.

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Bonn4Future

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„Es geht um eine positive Vision von Bonn“, sagt Maschkowski. „Unser Ansatz war die Frage: Was muss passieren, damit Klimaneutralität gelingt?“ Bonn im Wandel e.V. erarbeitete das Konzept und schloss mit der Stadt einen Kooperationsvertrag ab. Der Stadtrat bewilligte über 700.000 Euro für gut zwei Jahre, und der Verein brachte noch einmal mehr als 90.000 Euro Eigenleistungen ein.

Es gab einen „Bürgerrat plus“ mit über 320 zufällig gelosten Bürger:innen, Vertreter:innen aus Initiativen, Organisationen, der Wirtschaft und der Verwaltung. Schließlich wurde der der Bonner Klima-Aktionsplan in vier großen Klimaforen von den Bürger:innen erarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel: Klimabüros in allen Quartieren, ein Runder Tisch für mehr Biolandwirtschaft in und um Bonn, ein durchgehendes und komfortables Radnetz oder auch – Klimapartys, um die 300.000 Menschen in Bonn für das Thema zu begeistern.

Vielen wollen sich engagieren

„Wir haben nach dem Transformationswissen der Menschen gefragt“, sagt Maschkowski. „Dabei hat sich gezeigt: Viele Menschen sind bereit, sich zu engagieren, wenn klar ist, was zu tun ist und wenn sie dabei Rat und Unterstützung bekommen.“

Im März beschloss der Bonner Stadtrat mit großer Mehrheit, die Empfehlungen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen und dann in den offiziellen Klimaplan der Stadt Bonn aufzunehmen. Jetzt schon wurden gut zwei Millionen Euro für die MItwirkung der Bürger:innen zur Verfügung gestellt und sehr konkrete Vorschläge aufgegriffen. „Mehr kann man nicht erreichen“, sagt Maschkowski. Wie die Erfurterin Baumann hofft sie auf Nachahmer:innen: „Wir würden uns freuen, wenn noch mehr Menschen davon erfahren.“

Das Preisgeld des Panter Preises käme sehr gelegen, sagt die 57-Jährige. Denn die Projektförderung endete im April. Jetzt braucht es Bonn4Future in allen Stadtteilen.

Infos: klimaentscheid-erfurt.de & www.bonn4future.de

Hinweis: Bonn4Future und der Klimaentscheid Erfurt sind von der taz Panter Preis-Jury gemeinsam nominiert worden. Sollten sie einen Panter gewinnen, teilen sie sich das Preisgeld!