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Deutsche ExportwirtschaftBei Waffen ganz groß

Vor allem die deutsche Waffenindustrie boomt. Zwischen 2007 und 2011 ist die Ausfuhr von Waffen um 37 Prozent gestiegen. Ein Großabnehmer ist Griechenland.

Indien gehört zu den größten Importländern von Waffen – gut für die heimische Industrie. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | So wie im Export Deutschland ganz oben in der Ersten Liga spielt, stehen die Deutschen auch beim Waffenhandel an der Spitze. Deutschland hat zwischen 2007 und 2011 seine Ausfuhr von Waffen gegenüber dem vorangegangenen Vierjahreszeitraum um 37 Prozent ausgeweitet. Damit festigt Deutschland seinen Platz als weltweit drittgrößter Waffenlieferant.

Mit solchen Zuwachsraten lag man deutlich vor den beiden „Großen“, den USA (plus 24) und Russland (plus 12 Prozent). Den Abstand zu den nächstplazierten Ländern Frankreich (plus 12 Prozent) und Großbritannien (plus 2 Prozent) konnten die Deutschen deutlich ausbauen.

Diese Zahlen sind dem „Trendbericht“ des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri zu entnehmen, der am Montag veröffentlicht wird. Enthalten sind auch die ganz aktuellen Zahlen für 2011. Weltweit wuchs der globale Waffenhandel in den vergangenen vier Jahren um 24 Prozent. Vor allem die Nachfrage aus Asien ist groß: 44 Prozent aller Waffenimporte gingen nach Asien und Ozeanien. Zu den fünf größten Importländern zählen Indien, das wertmäßig allein ein Zehntel der international gehandelten Waffen importiert, gefolgt von Südkorea, Pakistan, China und Singapur. Sie stehen jeweils für 4 bis 6 Prozent der weltweiten Importe.

Für die deutschen Waffenschmiede blieb mit einem Anteil von 41 Prozent Europa der bedeutendste Waffenmarkt. 13 Prozent der deutschen Waffenexporte gingen ausgerechnet nach Griechenland. Diese Entwicklung dürfte sich allerdings nicht fortsetzen. Dass die Hellenen massiv sparen müssen, wird auch den deutschen Waffenverkäufern nicht entgangen sein. Athen, zuvor weltweit viertgrößten Waffenimporteur, ist bereits auf Platz 10 abgerutscht. 2011 stellten die Griechen den Kauf von konventionellen Waffen komplett ein.

China sechstgrößter Waffenexporteur

Auch die Abhängigkeit der großen asiatischen Importländer von ausländischen Einfuhren dürfte abnehmen, vermutet Sipri-Analytiker Pieter Wezeman. Viele dieser aufstrebenden Schwellenländer seien dabei, ihre eigene Waffenindustrie aufzubauen, um weniger abhängig vom Westen zu sein. So rangiere China, das von 2002 bis 2006 noch das größte Waffenimportland war, nunmehr nur noch auf Platz vier.

Gleichzeitig hätten die Chinesen die Ausfuhr ihrer eigenen Waffen in den vergangenen vier Jahren nahezu verdoppelt. Das Reich der Mitte ist damit inzwischen sechstgrößter Waffenexporteur und dürfte Großbritannien bald eingeholt haben.

Der Arabische Frühling hat sich dem Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge bislang kaum in der weltweiten Waffenhandelsstatistik niedergeschlagen. Zwar war in einigen Ländern zwischenzeitlich eine Debatte entbrannt, inwiefern die jahrelange Belieferung von Despoten in diesen bis vor Kurzem noch autoritär geführten Ländern dazu beigetragen hat, dass diese Regime die Proteste zum Teil so blutig zusammenschlagen konnten. Konsequenzen sind aber offensichtlich nicht wirklich gezogen worden.

Die USA würden weiter schwere Waffen sowohl nach Tunesien als auch nach Ägypten liefern, sagt Sipri-Analyst Bromley. Und auch Deutschland hat 2011 wieder neue Lieferverträge mit Algerien abgeschlossen. Russland rüstet zusammen mit Weißrussland Syrien auf – ein Land, das seine Waffeneinfuhren in den vergangenen vier Jahren um 580 Prozent gesteigert hat.

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10 Kommentare

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  • BJ
    Banana Joe

    Mit einem Schulterzucken nimmt der "aufgeklärte" taz-Leser offenbar den Skandal zur Kenntnis, dass "wir" in Deutschland das Geschäft mit dem Tod so "erfolgreich" betreiben. Hauptsache "es schafft Arbeitsplätze"...

     

    ...den Vogel schiesst jedoch Leser "GerdH" ab, der an anderer Stelle den Skandal verortet und abschliessend Handwaffen für alle fordert. Das Niveau sinkt schneller als ein sinkendes Schiff...

  • G
    GerdH

    Warum hat u.a. Griechenland so viele Schulden. Weil sie durch Kredite bei den Banken so viele Waffen auch aus Deutschland gekauft haben. Also bezahlen wir Steuerzahler nun die Waffen für Griechenland!

    Waffen für die ganze Welt. Aber uns Bürgern wird das Recht auf eine Handfeuerwaffe zur persönlichen Verteidigung der eigenen Person und unserer Familien im Ernstfall so schwer gemacht, das es faktisch nicht möglich ist. Wir sollen dann doch lieber eine halbe Stunde auf die Polizei warten und solange die Gangster oder Angreifer in ein "freundliches Gespäch" verwickeln. Das eigene Volk soll sich nicht im Ernstfall wehren können, aber andere bekommen haufenweise diese Dinger.

    In Deutschland befinden sich ca. 10 Mio Waffen legal in den Händen von einigen wenigen, wie Jägern, Sportschützen und Polizei/Militär. Aber ca. 20 Mio Handfeuerwaffen (Aussage der Bundespolizei) illegal in den Händen von Kriminellen(und wer das hauptsächlich ist, kann sich jeder ja mal überlegen)und anderen. Und die Dunkelziffer ist groß.

  • S
    Schneider

    Die finanziellen Hilfen für Griechenland waren umso nötiger, um die deutschen Waffenlieferungen zu bezahlen. Ein Teufelskreis und doch so durchschaubar.

  • G
    geschichtswerkstatt

    Wahrscheinlich fragt sich niemand, ob die Griechen das ein oder andere teure Stück auch einfach weiterverkaufen? Nicht nur in Krisengebiete sondern auch an Leute, die sich mehr für modernste Technik interessieren. Und das ganze dann Jahrzehnte, bevor etwas davon bezahlt sein oder als Schuld erlassen sein wird. Ich habe gar kein gutes Gefühl dabei, daß bis dahin der Steuerzahler einspringt und Vorschuß leistet. Nicht nur der deutsche sondern beispielsweise auch der amerikanische, der sich sonst um jeden Cent bereit ist zu prügeln.

  • AH
    aber hallo!

    @ Eisvogel

     

    Ich bin mir nicht sicher, ob sich irgend jemand hier auf taz.de für Detailfragen belgischer Sturmgewehre aus argentinischer Lizenzproduktion interessiert.

     

    Die taz ist eine Tageszeitung mit web-Präsenz und kein einschlägiges Waffenjournal, das Bild ist wohl offensichtlich als reine Illustration der Thematik im Allgemeinen gedacht.

     

    Unabhängig von dieser irrelevanten Klugscheisserei, ist es dann aber wohl gänzlich abwegig aus solchen Details irgendeine Aussage über angeblich 'linke Pazifisten' zu machen. Was ist daran links oder pazifistisch einen Artikel über Waffenexporte zu veröffentlichen?

     

    Wenn man nicht sachgerecht argumentieren kann, sollte man es lassen, anstatt hier in den Kommentaren andere Teilnehmen mit abwegigem Gefasel zu langweilen!

  • F
    Feuervogel

    Uhhh ja, die belgischen Gewehre mit argentinischer Lizenz bilden bestimmt eine ganz andere Ausgangslage als die deutschen... Wahrscheinlich fühlt sich ein mit belgischen Waffen erschossener Demokrat nicht so sehr betroffen... Dass wäre ja auch rein statistisch ein ganz anderer Fall!

    Die Frage sollte sein. Warum sollte man das wissen? Das zu erreichende Ziel sollte doch sein, dass eine steigende Anzahl von Menschen keine Ahnung mehr von Waffen hat. Natürlich ist man gleich ein Kommunist, wenn man gegen den Export von Waffen schreibt - so fängt die differenzierte Diskussion überhaupt erst an.

  • C
    Celsus

    Da hatte doch schon die Koalition die Waffenexporte nach Regierungsübernahme um 50 % steigern können. Und jetzt noch einmal letztes jahr eine Steigerung um 37 % berechnet nach den gestiegenen Exportzahlen? Das nach der schweirigen Situation des Wegfalles des zuverlässigen Importeuers in Libyen? Nicht zu vergessen, dass eines unserer hauptabnehmerlädner in Zahlugnsschwierigkeiten war (Griechenland). Das ist Spitze.

     

    Wir müssen den Damen und Herren in der Bundesregierung mal die bluttriefenden Hände drücken.

     

    Und für die Schäden und Ausfälle bei den Zahlungen kommt dann wieder die Allgemeinheit über Steuern auf?

  • E
    Eisvogel

    Passend zum Thema deutsche Waffen: ein Bild mit belgischen Sturmgewehren, eventuell aus Argentinischer Lizenzproduktion.

     

    Know your enemy, möchte man linken Pazifisten zurufen, die sich zu fein sind in die Materie des Abgelehnten einzusteigen...

  • J
    JPL

    Es freut mich, dass die taz an diesem Thema dran ist. Ein etwas detaillierterer und differenzierterer Artikel hätte mich noch mehr gefreut. Da wird immer von "Waffen" geschrieben, aber soweit ich weiß fallen unter die Definition des Sipri mehr als nur die unmittelbaren Abschussgeräte für Geschosse. Natürlich wird die Wirkung einer Streitmacht erst durch die Kombination von "unmittelbarem" und "mittelbarem" Kriegsgerät realisiert, die Trennung der Begriffe ist also sehr unscharf, evtl. auch gar nicht haltbar. Aber genau dies könnte man ja diskutieren. Würde den Artikel bereichern.

     

    Den Vergleich von Wachstumsraten finde ich auch etwas platt. Die USA und Russland gelten als "die Großen" weil sie große Exporteure von Rüstungsgütern sind. Wie viel Wachstum ist denn von den Großen noch zu erwarten? Wenn es um Volkswirtschaften geht, versteht doch auch jeder, dass das relative Wachstum des BIP kein Maß für die Bedeutung einer Volkswirtschaft ist. Wie groß ist denn der absolute Abstand zwischen den USA bzw. Russland und Deutschland?

     

    Außerdem: Ein Bild mit belgischen Gewehren passt nicht wirklich zu einem Artikel, in dem es stark um die deutschen Rüstungsexporte geht. Das macht den Inhalt des Artikels zwar weder besser noch schlechter, doch es entsteht der Eindruck, dass der Autor (oder wer auch immer das Bild ausgewählt hat) keine Ahnung von Waffen hat. Linke stehen bei "konservativ" besetzten Themen häufig im Verdacht, mangels Sachkenntnis einfach nur zu meckern. Ich glaube nicht, dass es so ist, aber es ist sicher ratsam, den Eindruck zu vermeiden.

  • A
    anke

    Die Einen sagen so, die anderen so: http://www.zeit.de/2012/02/Ruestung-Griechenland. Man fragt sich: lügt da jemand, oder steckt der Teufel nur im Wort "konventionell"?