: Nadelstiche
Im großen Hörsaal des Universitätsklinikums Benjamin Franklin herrscht Entsetzen. Gebannt starren die Studenten auf die Leinwand. Normalerweise läuft hier keine Glotze, doch die Übertragung der Operation am offenen Bären ist kein normales Ereignis. Der Privatsender feiert die Serie „Friss Bär, oder stirb spezial“ als Sternstunde der Fernsehdemokratie, Talker Gregor vergleicht das Ganze mit England, wo Leichen sogar coram publico seziert werden.
Eine Studentin ruft: Uns wäre es genauso ergangen, nur eine Kommission hat uns gerettet. Kommission! Kommission!, ertönt es aus den Hörsaalreihen, da tritt die Schwester Oberin vors Publikum, sie hat den weißen Kittel inzwischen gegen ein T-Shirt getauscht, auf dem steht: Berlin ist pleite, ich bin schuld. Ihr wisst, dass ich der Rathausklinik gekündigt habe. Was wir brauchen, ist kein neues Bulletin, sondern eine neue Patientenoffensive. Macht kaputt, was euch kaputt macht!, ruft einer, die andern drehn sich um, ältere Semester, sie fallen hier auf.
Nun stehen die Studenten vor der Rathausklinik und drohen mit Nadelstichen. Kein heißer Herbst, es regnet. In der Notaufnahme reiben sie sich die Hände.