: Einfluss verloren und ab die Post
Im Machtpoker mit den beiden Vorstandschefs der Deutschen Bank hat er hoch verloren, jetzt verlässt Rainer Neske das Flaggschiff des bundesrepublikanischen Kapitals. Der für das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank zuständige Topmanager führt Berichten zufolge Auflösungsverhandlungen mit seinem Arbeitgeber. Die Deutsche Bank will das kurz vor ihrer mit Spannung erwarteten Hauptversammlung am Donnerstag nicht kommentieren. Dabei ist für sie angesichts fälliger Rekordstrafen, laufender Prozesse und renitenter Aktionäre ein abtrünniger Manager ein überschaubares Problem.
Der im April verkündete Schrumpfungskurs der Bank ging voll auf Kosten des 50-Jährigen. Neske hatte die Übernahme der Postbank 2010 eingefädelt. Damit wurde der gebürtige Münsteraner mit erst 46 Jahren der wichtigste deutsche Bankmanager im Privatkundengeschäft – verantwortlich für 28 Millionen Kunden. Im April hatten Neskes Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain erklärt, dass die Deutsche Bank die Tochter an die Börse bringen wird. Ein Affront gegen Neske, ebenso wie die beschlossene Schließung von 200 der 700 Geschäftsstellen in Deutschland.
Neske hat sein halbes Leben bei der Deutschen Bank verbracht. Nach dem BWL- und Informatikstudium in Karlsruhe stieg er 1990 bei der Bank ein. Dort arbeitete sich der dreifache Vater bis zum Vorstand hoch. Im Jahr 2014 zahlte die Deutsche Bank ihm stolze 4,35 Millionen Euro. Neske gilt als charmanter Plauderer und zeigt sich gerne in staatsmännischer Pose. Sein Rückzug wird nicht das Ende seiner Karriere sein. Neske ist Mitglied im CDU-Wirtschaftsrat, er hat ausgezeichnete Kontakte in die Politik.
Die wirtschaftsnahe Presse arbeitet bereits am Mythos des guten deutschen Managers Neske. „Er war der personifizierte Gegenentwurf zum Londoner Investmentbanker Jain“, schreibt das Handelsblatt. Neske sei kein Freund überzogener Renditeziele, sondern wolle „stabile Erträge mit dem Geld deutscher Bürger und Unternehmer“ erwirtschaften. Auch mit der Aufarbeitung der diversen Skandale der Deutschen Bank sei er nicht einverstanden gewesen.
Eine personelle Erneuerung der skandalgeschüttelten Deutschen Bank löst Neskes Abgang wohl nicht aus. Als seine Nachfolger im Gespräch sind sein Stellvertreter Christian Ricken und der Strategie- und Finanzvorstand Stefan Krause. ANJA KRÜGER