: Ermittlungen verschleppt
KRANKENHAUSMORDE Ein Oldenburger Ex-Staatsanwalt soll Anklage gegen einen Pfleger vertrödelt haben. Der hatte Patienten eine Überdosis eines Medikaments gespritzt
Der ehemalige Krankenpfleger Niels H. könnte für eine der größten Mordserien in Deutschland verantwortlich sein. Doch das ganze Ausmaß seiner Taten am Klinikum Delmenhorst wurde erst viele Jahre später bekannt – möglicherweise weil die Ermittlungen verschleppt worden sind. Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück hat Anklage gegen einen früheren Kollegen aus Oldenburg wegen Strafvereitelung im Amt und Rechtsbeugung erhoben. Die Familien der Opfer hatten dem Ex-Oberstaatsanwalt schon länger Vorwürfe gemacht.
Das Landgericht Oldenburg hatte Niels H. im Februar wegen des Todes von fünf Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte Patienten am Klinikum Delmenhorst eine Überdosis eines Herzmedikaments gespritzt. 2005 hatte ihn eine Krankenschwester auf frischer Tat ertappt. 2008 verurteilten ihn die Richter in einem ersten Prozess wegen Mordversuchs zu siebeneinhalb Jahren Haft. Zu der zweiten Anklage kam es erst Anfang 2014, nachdem Angehörige beharrlich für die Aufklärung gekämpft und eine andere Oberstaatsanwältin den Fall übernommen hatte.
Ihr Vorgänger war von August 2011 bis November 2013 für die Ermittlungen gegen Niels H. zuständig. Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück wirft ihm vor, diese in zwei Fällen verschleppt zu haben. Er soll im August 2011 keine weiteren Leichen von Patienten exhumieren lassen haben, obwohl zuvor bei fünf von neun untersuchten Toten Rückstände des Herzmedikaments gefunden worden waren. Ein Jahr später soll er trotz ausreichender Beweise keine Anklage gegen Niels H. erhoben haben. Dieser hatte seine Taten damals vor Mitgefangenen zugegeben. Im Prozess gestand Niels H. eine ganze Mordserie. 90 Patienten will er das Herzmedikament gespritzt haben. Bis zu 30 Menschen sollen gestorben sein.
Der Angeklagte arbeitet inzwischen als Richter an dem Landgericht und ist krankgeschrieben. Bei einer Verurteilung könnte ihm eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr drohen. Die Ermittlungen gegen einen weiteren Dezernenten der Oldenburger Staatsanwaltschaft wurden eingestellt. (dpa)