: „Es ist klasse, auf See zu sein“
Die Brigg „Roald Amundsen“ wird seit 1993 vom Verein „Leben Lernen auf Segelschiffen“ betrieben. Sein Motto: Segeln macht Spaß. Das Handwerk erlernt man auf traditionelle Art, in echter Handarbeit
OLIVER DIETTRICH, 40, gebürtiger Schweizer, ist Mitglied der Stammcrew der Roald Amundsen, auf der er seit 1999 segelt.
INTERVIEW FELIX GABER
taz: Herr Diettrich, warum segeln Sie mit Amateuren?
Oliver Diettrich: Es macht einfach Spaß, den Leuten, die als Trainee an Bord kommen, zu zeigen, wie so ein großes Schiff funktioniert. Nach und nach zu sehen, wie sich aus einer Gruppe, die keine oder kaum Vorkenntnisse hat, eine Mannschaft bildet, mit der wir das Schiff fahren können, ist beeindruckend. Ebenso die Beobachtung, wie die Trainees dabei ihre eigenen Grenzen Stück für Stück überwinden.
Ihr Verein heißt „Leben Lernen auf Segelschiffen“. Was lernt man bei Ihnen?
In erster Linie wollen wir den Leuten die Herausforderung der traditionellen Art zu segeln vermitteln. Das Schöne ist, dass durch die gemeinsame tägliche Arbeit am Schiff das Zusammenwachsen der Gruppe fast von selbst passiert.
Was müssen die Neulinge an Bord mitbringen?
Sie müssen vor allem Neugier mitbringen. Segel-Wissen ist nicht von Nöten und sie müssen auch keine Leistungssportler sein. Eine durchschnittliche Konstitution reicht vollkommen aus.
Haben die Mitsegler an Bord konkrete Aufgaben, oder ist es reiner Erholungsurlaub?
Es ist so etwas wie ein aktiver Erholungsurlaub auf der Roald. Die Aufgaben sind vielfältig. Eben alles was getan werden muss, um so ein altes Segelschiff in Fahrt zu halten: Segel setzen und bergen, Ruder und Ausguck gehen, Rein Schiff machen und den Kombüsendienst nicht zu vergessen. Es gehören eben alle von Anfang an zur Crew.
Was für Menschen sind an Bord?
Das ist so unterschiedlich wie an Land. Es sind sowohl Jugendliche, als auch Berufstätige oder Pensionäre. Es ist fast immer eine kunterbunte Mischung. Was sie eint, ist das Interesse auf solch einem großen Schiff zu segeln.
Bei so einer Mischung entstehen doch sicher Konflikte.
Durch den strukturierten Bordbetrieb kommen die Leute besser miteinander aus als sie es vielleicht an Land tun würden. Alle müssen anpacken, wissen worauf sie sich einlassen und tun das gerne. Deshalb kommen Konflikte eher selten vor.
Und wenn doch?
Dann regeln sie sich meist von selbst. Die Leute sehen einfach, dass man sich insgesamt etwas mehr einschränken muss und machen automatisch Abstriche. Natürlich haben wir von der Stammcrew aber die Verantwortung auch mal ein klares Wort zu sprechen.
Wieso tun Sie sich so was in Ihrer Freizeit eigentlich an?
Es ist einfach klasse auf See zu sein, Tag und Nacht unter freiem Himmel zu arbeiten. Außerdem ist es etwas Besonderes mit 30 Leuten an einem Strang zu ziehen, um solch ein großes Schiff in Bewegung zu halten. Es ist eine Art von Urlaub, wo Anstrengung und Erholung kein Gegensatz sind.
Auf welchen Routen segeln Sie?
Im Sommer ist die Roald meist in der Nord- und Ostsee unterwegs. Letztes Jahr ging es nach Stockholm, Kotka in Finnland und nach Klaipeda in Litauen. In diesem Jahr geht es beim „Tall Ship Race“ von Liverpool ins norwegische Maloy und weiter nach Bergen. Im Winter segeln wir meist rund um die Kanaren, mit einem Abstecher ins Mittelmeer. Manchmal geht es aber auch über den Atlantik, wie zum Beispiel in zwei Jahren wieder in die Großen Seen in Nordamerika.
Wie ist im Ausland der Kontakt zu den Einheimischen?
Oft gibt es Hafenfeste vor Ort. Da werden die Besucher aufs Schiff eingeladen. Die Begeisterung springt recht schnell über und wenn wir die passende Crew an Bord haben, ist die Verständigung umso leichter Es ist aber immer ein Erlebnis.