: Schilder zu Altmetall
In einem Modellversuch baut Hamburg Park- und Halteverbotsschilder ab und ersetzt sie durch gelbe Fahrbahnmarkierungen. Die behördliche „Regulierungswut“ (ADAC) bleibt also erhalten, sie sieht jetzt aber besser aus
Hamburgs Radfahrern steht ein schwerer Schlag bevor: Die Innenbehörde der Hansestadt lässt seit gestern 142 Halte- und Parkverbotsschilder im Bezirk Mitte abbauen – das sind gleichzeitig 142 potentielle Fahrradparkplätze weniger in der Innenstadt. Zwar werden die Verbotsschilder durch Fahrbahnmarkierungen ersetzt, damit Autofahrer auch weiterhin wissen, wo sie nicht halten dürfen – an Fahrbahnmarkierungen kann aber niemand sein Fahrrad anschließen. Daran hat offenbar keiner der Verantwortlichen gedacht, als der Modellversuch mit dem Namen „Klar Schiff Hamburg“ beschlossen wurde.
„Wir wollen den Schilderwald in Hamburg endlich etwas lichten“, sagt Markus Schreiber (SPD), Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. Eigentlich sollten Verkehrsschilder den Autofahrern helfen, die Straßenverkehrsordnung korrekt umzusetzen. Bei der Vielzahl von Schildern in der Hamburger City seien diese aber „mehr verwirrend als hilfreich“, sagt Schreiber. „Die Autofahrer werden mit Informationen überflutet.“ Ein weiteres Argument für die Reduzierung der Schilder sei städtebaulicher Natur. Der Blick auf „architektonische Perlen wie das Kontorhausviertel“ würde dann weniger verstellt.
Die Verbotsschilder werden aber nicht nur in Hamburg-Mitte abmontiert, auch in weiteren Bezirken sollen sie reduziert werden. So ist beispielsweise für Altona geplant, 98 Schilder abzubauen, in Eimsbüttel sollen es 70 Stück und im Bezirk Harburg sogar 152 Schilder werden. Wenn Hamburgs Autofahrer das Projekt positiv annehmen, könnte es auch bundesweit eingeführt werden. „Eine Frist dafür gibt es aber nicht“, sagt Markus Schreiber. Man müsse nun abwarten, ob die Autofahrer die Farbe Gelb bei Halte- und Parkverbotszonen akzeptieren – gewöhnlich werde die Farbe nur für Straßenmarkierungen bei Baustellen genutzt.
Der ADAC Hansa begrüßt die Initiative der Innenbehörde. Diese verbessere das Stadtbild und spare zugleich rund 350 Euro pro abmontiertem Verkehrsschild ein. „Das ist ein kleiner Schritt in die absolut richtige Richtung“, sagt Carsten Willms, Hamburger Verkehrsexperte des ADAC. „Nur die Menge ist falsch.“ Nach Schätzungen des Clubs gibt es in Hamburg etwa 220.000 Verkehrsschilder, von denen der ADAC rund 40.000 als überflüssig einstuft. Insbesondere in Tempo-30-Zonen gebe es „deutlich zu viele unnötige Schilder“, sagt Willms. „Das ist eben die typische deutsche Regulierungswut.“ CLAAS GIESELMANN