: Die Linke bleibt locker
Die Hamburger Linkspartei ist sicher, dass der Skandal um die niedersächsische Abgeordnete Wegner keine Auswirkungen auf die Wahl kommende Woche haben wird: „Die Leute haben nicht Angst vor Kommunismus, sondern vor sozialer Not.“
VON ELKE SPANNER
Vor einer Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne hat die Hamburger Linkspartei keine Angst. Der Vorstand zeigte sich gestern zuversichtlich, dass der Skandal um die niedersächsische Linkenabgeordnete Christel Wegener keine Auswirkungen auf den Wahlkampf und das Ergebnis der Linkspartei bei den Bürgerschaftswahlen kommende Woche haben wird. „Wer uns wählt, will etwas gegen den Sozialabbau und für soziale Gerechtigkeit tun“, sagte Vorstand Wolfgang Joithe gegenüber der taz. „Davon lassen sich die Wähler auch nicht durch eine Diffamierungskampagne abhalten.“
Landessprecherin Christiane Schneider betonte, die Linke wolle weiterhin das Thema Bildung und soziale Gerechtigkeit in den Wahlkampf einbringen und sich nicht an der Einzelposition einer niedersächsischen Abgeordneten abarbeiten. Deshalb sehen die Elb-Linken auch keinen Anlass, sich ausdrücklich von den Thesen Wegners zu distanzieren. Die hatte in einem Fernsehinterview die DDR-Mauer verteidigt und sich für die Wiedereinführung der Staatssicherheit (Stasi) ausgesprochen (taz berichtete). Zudem, hatte sie erklärt, müsse man die „Macht des Kapitals“ durch die „Vergesellschaftung der Produktionsmittel“ überwinden.
Schneider betont, dass die Auffassung Wegners, die als DKP-Mitglied über die offene Liste der Linkspartei ins Parlament gekommen war, keine DKP-Position sei. Auch auf der Hamburger Liste kandidiert am Sonntag ein DKP-Mitglied. Auf Platz zehn ist Olaf Harms nominiert, der den aktuellen Wahlumfragen zufolge auch Chancen hätte, in die Bürgerschaft einzuziehen. Er selbst war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Schneider aber sagte, sie wisse definitiv, dass Harms die DDR nicht verherrliche. Die Basis der Zusammenarbeit sei für alle Kandidatinnen und Kandidaten das Sofortprogramm der Linkspartei zur Wahl. Auf dieser Grundlage seien die Listenkandidaten gewählt worden. „Mit solchen Positionen, wie sie Christel Wegner vertritt, wäre bei uns niemand auf die Liste gekommen.“
Auch Vorstandsmitglied Horst Bethge fürchtet keine Konsequenzen für die Hamburg-Wahl. Dass auf den offenen Listen der Linkspartei Mitglieder der DKP kandidieren, sei schon lange bekannt. An den Infoständen der Linkspartei aber habe das in der Vergangenheit nie eine Rolle gespielt. „Die Leute kommen mit ihren Rentenbescheiden und Rechnungen für die Schulbücher ihrer Kinder“, erzählt Bethge. „Angst vor Kommunismus hat seit dem Zusammenbruch des Kommunismus im Osten heutzutage niemand mehr. Die Leute haben ganz andere Probleme.“
Bethge sagt, dass es in der Linken noch viel Bedarf gebe für Diskussionen über das eigeneVerhältnis zur linken Geschichte. Beispielsweise habe er mehr als 20 Jahre lang gegen Berufsverbote gekämpft und finde sich nun in einer Partei mit ehemaligen SPD-Mitgliedern wieder, die Berufsverbote mitgetragen hatten. „Wir haben noch viel zu diskutieren. Aber das ist auch wichtig in einer lebendigen Partei.“
In Niedersachsen hingegen stehen jetzt klare Konsequenzen an. Bisher hat Christel Wegner den vom geschäftsführenden Landesvorstand verlangten Rücktritt noch nicht erklärt. Unentschieden ist noch, wie sich die Fraktion in dem Fall verhält, dass Wegner an ihrem Mandat festhält. „Wer solche Positionen vertritt, hat bei uns keinen Platz“, sagte die Fraktionsvorsitzende Kreszentia Flauger gestern gegenüber der taz. Dennoch scheint nicht eindeutig zu sein, dass Wegner im Falle ihrer Weigerung aus der Fraktion ausgeschlossen wird. „Wir werden dann darüber beraten, wie wir weiter vorgehen.“ Schon am Vortag hatte sich der geschäftsführende Landesvorstand entschieden von der Abgeordneten distanziert. „Die Äußerungen des DKP-Mitglieds Wegner sind für uns inakzeptabel“, hieß es in der Erklärung. „Es kann mit uns keinerlei Rechtfertigung für die Verbrechen der Staatssicherheit geben.“
Flauger zeigte sich aber davon überzeugt, dass der Skandal in der eigenen Fraktion die Wähler in Hamburg nicht beeinflussen werde. „Die Menschen wählen aufgrund der inhaltlichen Positionen, die im Programm stehen.“
brennpunkt SEITE 3