: Schleswig-Holsteiner mit Schule zufrieden
Ergebnisse des zweiten Schul-Tüv zeigen aber auch reihenweise Mängel: Es fehlt an individueller Förderung und Eigenaktivitäten der Schüler. CDU fordert Aussetzen der Tests wegen vieler Reformen. Kritik an Prüfmethode
Mehr als 80 Prozent der Schüler-Innen und Eltern in Schleswig-Holstein sind mit ihrer Schule zufrieden. Das ist das Ergebnis der zweiten „Externen Evaluation im Team“ (Evit) – Spitzname „Schul-Tüv“ – die am Mittwoch vorgestellt wurde. Schleswig-Holstein führte die Prüfungen vor zwei Jahren als erstes Bundesland ein, die meisten anderen zogen nach. Der Bericht basiert auf Besuchen in den Schulen und 148.000 Fragebögen, die Lehrer, Eltern und Kinder ausfüllten.
Dem Schul-Tüv zufolge sei der Unterricht verständlich, sagte Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Die Zahl der Sitzenbleiber sei gesunken – vor einigen Jahren war das Land hier Spitzenreiter. Aber es gebe auch Mängel: Nur ein Viertel der Lehrkräfte arbeiteten mit Computern. Individuelle Lehrpläne fehlten. Zwar bemühten sich die meisten Schulen, lernschwache Kinder zu unterstützen, aber nur 48 Prozent kümmerten sich auch um die Leistungsstarken. 42 Prozent der Schulen förderten keine Eigenaktivitäten der Jugendlichen. Die SchülerInnen gäben sogar zu gut 50 Prozent an, sie dürften selten den Unterricht mitgestalten. Bauliche Mängel seien an zehn Prozent der Schulen festgestellt worden.
„Es besteht sicher Entwicklungsbedarf“, räumte Erdsiek-Rave ein. Sie glaube aber, dass der Test an sich schon einen Wert habe: „Eine Lehrerin sagte, dass vor dem Besuch der Prüfer zum ersten Mal seit 15 Jahren gründlich aufgeräumt wurde.“
Kritik kam von der CDU-Fraktion: Wegen der vielen Reformen – verkürzte Zeit bis zum Abitur, Gemeinschafts- und Regionalschulen – solle Evit ausgesetzt werden. Die FDP beklagte den „bürokratischen Überprüfungsapparat, der Papierberge von begrenztem Nutzen hervorbringt“.
Auf der Pressekonferenz musste sich Erdsiek-Rave Fragen zur Genauigkeit des Tests anhören: Schulen könnten während der zweitägigen, lange vorbereiteten Besuche Teamunterricht und innovative Konzepte vortäuschen. Seien die Prüfer weg, würden die Stühle wieder für den Frontalunterricht umgestellt.
Die Ministerin konterte mit Hinweisen auf die Fragebögen und Gespräche mit Elternbeiräten und Schülervertretungen: „Das sind ja keine Sprechpuppen.“ Zudem stünde nicht fest, welches Klassenzimmer die Kommission wann besuche. Erstaunlich sei etwas anderes: „Als wir Evit eingeführt haben, galt es als Kulturrevolution, dass Schulen sich überhaupt testen lassen müssen. Und heute geht es offenbar nur um die Messmethode.“ ESTHER GEISSLINGER