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Archiv-Artikel

Zeichen gegen Vertreibung in Sichtweite

Kabinett billigt Pläne von Kulturminister Neumann für „Sichtbares Zeichen“ gegen Flucht und Vertreibung in Berlin. Für das Projekt werden 29 Millionen Euro plus Betriebskosten avisiert. Personelle Besetzung und inhaltliche Ausgestaltung noch unklar

VON CHRISTIAN SEMLER

Am Mittwoch winkte das Bundeskabinett den Projektentwurf des Kulturstaatsministers Bernd Neumann (CDU) zum „Sichtbaren Zeichen“ durch. Das ist der Startschuss für die konkrete Planung einer Erinnerungsstätte an Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg – unter der Regie des Bundes. Die Dauerausstellung soll im Berliner Deutschlandhaus gezeigt werden. Die Umbaumaßnahmen werden mit 29 Millionen Euro beziffert, die jährlichen Kosten mit 2,4 Millionen.

Entstehen wird eine unselbstständige Stiftung des Bundes, die an das Deutsche Historische Museum (DHM) andockt. Der Zusammenhang mit den DHM soll gewährleisten, dass das „Sichtbare Zeichen“ den wissenschaftlichen Kriterien musealer Präsentation verpflichtet wird. Es wird zudem von den Beständen des DHM profitieren können.

Staatsminister Neumann hat betont, dass die Bonner Ausstellung zu Flucht und Vertreibung, die das „Haus der Geschichte“ veranstaltet hat, Vorbild für die künftige Dauerausstellung sein werde. Damit ist eine inhaltliche Vorfeststellung getroffen, weil der historische Kontext des Vertriebenenschicksals durch die „Ankopplung“ an die Bonner Ausstellung klargestellt wird. Von Seiten der Bundesregierung wurde wiederholt versichert, die historische Darstellung werde keinen Zweifel am Verhältnis von Ursache – der nazistischen Eroberungs- und Ausrottungspolitik – und Wirkung – Flucht und Vertreibung der Deutschen – aufkommen lassen. Die Bonner Ausstellung hatte die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in die Gesellschaft der beiden deutschen Staaten akzentuiert. Also ein museumspolitisch willkommenes Happy End.

Beim „Sichtbaren Zeichen“ werden eine Dauerausstellung eingerichtet, ein Doku-Zentrum und Wechselausstellungen, es werden Konferenzen abgehalten, Publikationen erstellt. Neumann hat erklärt, er wünsche die Beteiligung ostmitteleuropäischer Historiker. Die personelle Besetzung der Gremien ist noch unklar, weshalb eine Einschätzung der künftigen inhaltlichen Ausgestaltung des „Sichtbaren Zeichens“ nicht möglich ist.

Der Projektentwurf sieht vor, dass neben Regierung und Parlament Vertreter der „Betroffenen“ und weitere Institutionen an der Stiftung beteiligt sein werden. Diese Formulierung schließt den „Bund der Vertriebenen“ (BdV) ein. Wer in den Gremium Platz nehmen wird, werden die genannten Institutionen entscheiden. Erika Steinbach als Vorsitzende des BdV hat erklärt, sie habe nicht die Absicht, neben ihrer Funktion im BdV den Posten einer Museumsdirektorin anzustreben. Damit ist die Frage ihrer Teilnahme am Kuratorium der Stiftung nicht beantwortet. Wie es auch unklar bleibt, was aus dem vom BdV gegründeten „Zentrum gegen Vertreibungen“ und dessen Ausstellung „Erzwungene Wege“ werden soll.

Die polnische Regierung unter Donald Tusk hat bereits beschlossen, sich am „Sichtbaren Zeichen“ nicht zu beteiligen, hat es aber polnischen Wissenschaftlern freigestellt, am Projekt mitzuarbeiten. Neumann wünscht dies ausdrücklich. Allerdings haben von polnischer Seite bereits die meisten Fachwissenschaftler abgewinkt. Sie sehen nach wie vor die Kontextualisierung von Flucht und Vertreibung als nicht gegeben an und wenden sich auch gegen Berlin als Standort.

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