streiktagebuch : „Wir streiken wohl nicht mehr“
Sabine Bulla fährt seit 21 Jahren Bus bei der BVG. Dort fehlen Busse und Fahrer.
„Wegen Karfreitag war es heute ziemlich ruhig auf den Straßen. Ich bin den M48 gefahren, von halb neun bis um halb fünf. In der Mittagspause bin ich kurz nach Hause, um nach dem Rechten zu sehen. Als ich kam, haben die Kinder gerade Wäsche gewaschen – nicht schlecht.
Im Moment gibt es nur wenige einsatzfähige Busse. Und es herrscht Fahrermangel. Vorhin bin ich an einem M48 vorbeigekommen. Der war einfach am Straßenrand abgestellt worden, weil der Ablöser fehlte. Der Kollege musste aber los, weil er noch eine andere Linie fahren sollte. Jetzt steht der Bus abgeschlossen am Rathaus Steglitz. Der Nächste kann sich dann den Schlüssel aus der Rathauskantine holen.
Der Fahrermangel hat mit den vielen Krankschreibungen zu tun, denke ich. Wenn man vor dem Streik nämlich krank geschrieben ist, kriegt man die Zeit im Ausstand nicht vom Lohn abgezogen.
Ich weiß nicht, wie viele Busse heute ausfallen. Auf der Strecke kriegt man das nicht so mit. Gestern hatte ich Reservedienst und war auf dem Bushof. Man muss ja vor Ort sein, um einzuspringen. Da herrschte richtig Stress. Es fehlten Busse und Ablöser. Ich hab auch länger gemacht, weil die Ablösung nicht kam.
Heute war ein älteres Pärchen bei mir im Bus. Die haben gesagt, wir sollen bitte nicht ab Dienstag wieder streiken. „Mal sehen, was sich machen lässt“, hab ich ihnen geantwortet.
Ich würde natürlich wieder mitstreiken. Mein Gefühl sagt mir aber: Wir streiken nicht mehr. Ich hab auch den Personalrat gefragt, was sie planen. Aber da war nichts rauszukriegen. Unter den Kollegen sind manche ganz schön sauer. Wenn keine Fahrzeuge zur Verfügung stehen, soll uns das ja von der Arbeitszeit abgezogen werden, auch wenn die Fahrer zum Dienst antreten.
PROTOKOLL: LISA THORMÄHLEN
Die taz begleitet Sabine Bulla durch den BVG-Streik, der seit Freitag ausgesetzt ist.