: Roter Wein in neuen Schläuchen
Die SPD probt den Neuanfang: Mit unverbrauchten Abgeordneten und berechenbarem Oppositionsgebaren will die Partei wieder in die politische Offensive kommen. Derweil fällt ihr Altbürgermeister von Dohnanyi ihr in den Rücken
Michael Neumann strahlt. „Das ist die beste Fraktion, in der ich je gearbeitet habe“, gibt der SPD-Fraktionschef am Sonntag nach dem Ende der Schneverdinger Fraktions-Klausurtagung zu Protokoll. 27 der 45 SPD-Bürgerschaftsabgeordneten seien neu in dem Parlament, und die frechen Newcomer würden den Altvorderen schon mal respektlos über den Mund fahren.
Mit Selbstetikettierungen wie „jung, spritzig und innovativ“ versucht Neumann sozialdemokratische Aufbruchstimmung zu vermitteln. Mit dieser Fraktion werde eine wiedererstarkte SPD nun „hart aber fair“ den zukünftigen schwarz-grünen Senat attackieren. Falsches werde die SPD schonungslos benennen, aber auch „gute Entscheidungen anerkennen“ geben Neumann und Parteichef Ingo Egloff als Devise aus, um gleich darauf das Gegenteil zu tun. Ihre Kritik am Koalitionsvertrag lässt kein gutes Haar an der Vereinbarung. Alternativen bleiben weitgehend ungenannt.
So brandmarkt Neumann die mit der sechsjährigen Grundschule einhergehende „Abschaffung des Elternwahlrechts“ als „Katastrophe für die Kinder“. Zudem werde durch die Primarschulen „die soziale Selektion nach vorne verlagert“.
„Das Ende aller Politik“ in Hamburg sei gekommen, wenn Vattenfall im Falle der Nicht-Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg seinen Regressanspruch von 1,3 Milliarden Euro vor Gericht durchbringe. Die Formulierung, die zuständige Behörde würde „rechtlich“ über die Genehmigung Moorburgs entscheiden, sei so nichts sagend wie der Satz, „dass morgen die Sonne aufgeht“, kritisiert Egloff. Zudem würden „88 Prüfungsaufträge“, die der schwarz-grüne Vertrag festschreibe, zu „einem Berichtsunwesen führen“.
Bei der Frage, ob ihm an der Regierungsvereinbarung auch irgendetwas gefallen würde, muss Michael Neumann lange überlegen, bevor er süffisant bemerkt: „Die Ankündigung die Stadtbahn zu bauen, ist nicht schlecht.“
Gegenwind bekommt die SPD derweil aus den eigenen Reihen. Dass ausgerechnet ihr Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi in der Welt am Sonntag Schwarz-Grün als „gute Kombination“ lobt und auch den Moorburg-Kompromiss und die Primarschul-Konzeption begrüßt, liegt den Genossen schwer im Magen. Dohnanyi sei „in seiner eigenen Regierungszeit stehen geblieben“, kanzelt Egloff den Altbürgermeister ab.
Schwerer verdaulich ist für die SPD-Führung die Kritik des am Sonnabend wiedergewählten Hamburger Juso-Chefs Danial Ilkhanipour. Dieser hatte auf der Juso-Deligiertenkonferenz der Hamburger SPD vorgeworfen, sich noch immer „hinter inhaltslosen Rechts-links-Phrasen“ zu verstecken und nicht mehr in der Lage zu sein, sich „ohne ideologische Scheuklappen den eigentlichen politischen Notwendigkeiten“ zuzuwenden.
Während Egloff und Neumann kritisierten, die koalitionsbereiten Grünen seien „ziemlich grau“ geworden, brandmarkte Die Linke den Moorburg-Kompromiss und die Zustimmung zur Elbvertiefung als „Bankrotterklärung“ der GAL. Gleichzeitig lobte sie aber die Wiedereinführung des Sozialtickets als „Konkretisierung des Klimaschutzprogramms“. MAC