Hinter hehren Worten der Schmutz

Betr.: „Sind Affenversuche ethisch vertretbar?“, taz nord vom 11. 8. 2008

Aufgrund meiner fast 15-jährigen Erfahrung als technische Assistentin in einem medizinischem Forschungslabor erlaube ich mir einige Anmerkungen: Tierversuche gehören zur Routinearbeit. Es ist bekannt, dass die Rhetorik bei der Antragstellung entscheidend ist und nicht, was später dabei rauskommt an großartigen Errungenschaften für die Menschheit. Ich konnte jedenfalls keinen Nutzen erkennen, der dieses Leid vertretbar gemacht hätte, jedoch eine Menge persönlicher Vorteile. Motivation war in 95 Prozent der Fälle nicht das Elend von kranken Menschen, sondern die eigene Karriereleiter und Geld, etwa in Form der Aussicht auf neue Drittmittel.

Beobachten ließ sich auch, wie eine Verrohung der Beteiligten antrainiert wurde. „Emotionale Reaktionen / Regungen“ wurden bestenfalls verlacht und verhöhnt, schlimmstenfalls gemobbt.

Die Ignoranz gegenüber dem Leid der Kreaturen war identisch mit der Gleichgültigkeit gegenüber den Kollegen und Mitmenschen. Insofern muss ich Herrn Scheich widersprechen: Bei manchen scheint die artspezifische Grenze zu den Affen nicht unüberwindlich zu sein.

Ethische Gründe konnte ich in sehr wenigen Fällen unterstellen. Auch wurden nicht genehmigte Tiere in dafür nicht vorgesehenen Räumen unter seltsamen Bedingungen gehalten und vor Sicherheitsbeauftragten versteckt, die in regelmäßigem Turnus die Abteilungen besuchen. Alle Tiere, die ich zu Gesicht bekam, hatten Angst. Auch so genannte schmerzarme Tierversuche verursachen großes Leid. Das Mitansehen der Versuche an Artgenossen wurde erkennbar von den „wartenden“ Tieren mit Schrecken erlebt. Einfachste Erleichterungen wurden von den Ausführenden aus Gleichgültigkeit unterlassen. Oft genug wurden Methoden angewandt, die nicht zulässig sind. Oft genug wurde leichtsinnig und verschwenderisch mit dem „Material“ umgegangen, da es ja bei Misslingen des Versuchs genügend Nachschub gab.

Die Vorgaben der Ethikkommission sind das eine. Die Praxis im Alltag sieht anders aus. NAME UND ADRESSE DER VERFASSERIN SIND DER REDAKTION BEKANNT