: Wenig Toleranz
Frauenrechtlerinnen halten eine Senatsbroschüre zum Kopftuch für einen „Kniefall vor den Fundamentalisten“
Zwischen Toleranz und Diskriminierung liegt häufig ein schmaler Grat. Nirgends wird das so deutlich wie beim Streitfall Kopftuch. Eine Broschüre des rot-roten Senats sorgt nun für neuen Ärger: Mit dem Heft „Mit Kopftuch außen vor?“ wollten die Berliner Antidikriminierungsstelle und der Integrationsbeauftragte des Landes Berlin, Günter Piening, auf die Diskriminierung Kopftuch tragender Frauen hinweisen. Doch Frauenrechtlerinnen sind empört.
Bereits Mitte Juli gab die Berliner „Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“ die Broschüre heraus. In ihr heißt es unter anderem, das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Motiven sei nicht immer das Ergebnis von Unterdrückung oder Zwang. Für viele muslimische Frauen sei es stattdessen das Ergebnis eines „individuellen Entscheidungsprozesses“. Kopftuchverbote hingegen würden häufig als diskriminierend empfunden.
Laut dem Nachrichtenmagazin Focus bezeichnete die Berliner Anwältin Seyran Ates das Heft nun als ein „Pamphlet für das Kopftuch“. Wer diese muslimische Sitte ablehne, werde darin zum „Rassisten“ erklärt, so Ates laut Focus.
Einen „Kniefall vor den Fundamentalisten“ nannte die Frauenrechtlerin Serap Cileli dem Bericht zufolge die Broschüre. Die Inhalte der Broschüre stellten einen Verrat an den Rechten muslimischer Frauen dar.
Im öffentlichen Dienst in Berlin gilt seit 2005 ein Kopftuchverbot. Nach Angaben des Senats leben in Berlin rund 100.000 muslimische Frauen, nur ein geringer Teil von ihnen trage in der Öffentlichkeit Kopftuch. Laut der Broschüre erlebten aber gerade die Kopftuch tragenden Frauen häufig Diskriminierungen etwa im Job, bei der Wohnungssuche oder beim Gang zum Arzt. Mit der Broschüre sollten Musliminnen ermutigt werden, sich aktiv gegen Benachteiligungen zu wehren.
Das umstrittene Heft kann seit Mitte Juli bei der Verwaltung von Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) bestellt werden. DPA, DDP