: Neue Verteilungsidee für mehr Arbeitsplätze
Gewerkschaftsbund schlägt Freibetrag für Sozialabgaben, aber dafür höhere Steuern vor. Arbeitgeber dagegen
BERLIN taz ■ Alle stöhnen über die hohen Sozialversicherungsbeiträge – der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lieferte gestern dazu eine neue Idee. DGB-Chef Michael Sommer schlägt vor, die Sozialabgaben durch höhere Steuern zu senken. Er erhofft sich dadurch einen Zuwachs von hunderttausenden von Arbeitsplätzen.
Sommer erklärte gestern in Berlin, dass nur noch von dem Teil des Einkommens Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden sollten, der 250 Euro monatlich übersteigt. Damit entstünden den Sozialkassen Verluste von jährlich rund 30 Milliarden Euro.
Um diese Finanzierungslücke auszugleichen, fordert Sommer im Gegenzug höhere Steuern. So soll nach dem Willen des DGB die Mehrwertsteuer um zwei Prozent erhöht werden. Auf Bruttoeinkommen und auf „entnommene“ Gewinne sollten neue Steuern von jeweils einem Prozent erhoben werden. Der DGB wolle die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme „auf eine neue Basis stellen“, erklärte Sommer. Der Plan sei eine „Alternative zu Leistungskürzungen“.
Nach dem DGB-Vorschlag müsste ein Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 1.000 Euro dann nicht mehr über 20 Prozent Sozialabgaben abführen, sondern nur 15,4 Prozent. Auch die Arbeitgeberbeiträge würden entsprechend sinken. Die Quote für die Sozialversicherungsabgaben läge bei einem Durchschnittseinkommen von 2.500 Euro bei 18,5 Prozent. Vor allem geringer verdienende Beschäftigte und Unternehmen mit hohem Personalkostenanteil würden von dem neuen Freibetrag profitieren.
Der DGB-Vorschlag wird ein Planspiel bleiben. Die Gegenfinanzierung mit einer höheren Mehrwert- und Einkommensteuer stieß auf scharfen Protest von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Der Vorschlag bedeute nur eine Verschiebung der Soziallasten von den Beitragszahlern auf die Steuerzahler, so Hundt. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) lehnte gestern erneut eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ab.
Sommer schlug gestern außerdem noch etwas vage einen „Pakt für Beschäftigung“ vor, wobei besser verdienende Arbeitnehmer erwägen sollten, ob sie ihre Arbeitszeit nicht ohne Lohnausgleich auf 70 bis 90 Prozent verringern könnten. Damit sollten neue Jobs geschaffen werden. Schon der frühere Sozialminister Norbert Blüm hatte gefordert, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit freiwillig verringerten, um für andere neue Beschäftigung zu schaffen – ohne größeren Erfolg. BD