: Den Haufen zusammen halten
Die Schleswig-Holsteiner Linken haben am Sonntag einen neuen Vorstand gewählt. Doch innerhalb der Partei schwelen Konflikte: Der „Neumünsteraner Kreis“ will nicht so, wie der Rest der Partei
Der Personal- und Richtungsstreit bei der Linken in Schleswig-Holstein hat ein vorläufiges Ende: Auf dem Landesparteitag in Neumünster wählten die Delegierten an die Spitze des neuen Vorstandes Björn Radke und Cornelia Möhring – sie setzten sich gegen Lorenz Gösta Beutin und Angela Whyte durch, die vom informellen „Neumünsteraner Kreis“ unterstützt wurden. Eine Richtungsentscheidung für mehr Sach- und Realpolitik, findet Antje Jansen, bisherige Landessprecherin. Mitglieder des Neumünsteraner Kreises erwägen allerdings, die Wahl gerichtlich anzufechten.
Ein Grund für das Ergebnis war, dass der Bundestagsabgeordnete Lutz Heilmann mit Mitgliedern des „Neumünsteraner Kreises“ an die Öffentlichkeit gegangen war und den noch amtierenden Vorstand kritisiert hatte – eine Woche vor dem Parteitag. Die Reaktion folgte prompt. „Wer diese Chaostruppe für regierungsfähig hält, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank“, sagte Daniel Günther, CDU-Landesgeschäftsführer.
Der „Neumünsteraner Kreis“ hatte über Programme und KandidatInnen für die Sprecherposten beraten – Aufgaben, die in der Regel ein amtierender Vorstand leistet. Dass der Kreis damit seine Kompetenz überschreitet, hatte Nidda Schweda, Sprecherin der Gruppe zurückgewiesen: „Wir maßen uns keine Aufgaben an.“ Björn Radke sieht das anders: „Natürlich steht es jedem frei, sich informell zu treffen, aber der Neumünsteraner Kreis ist kein Gremium. Entscheidungsprozesse laufen in Gremien.“
Der unterlegene Gösta Beutin wäre Lutz Heilmanns Wunschkandidat gewesen: Er habe seine Sache gut gemacht, „den Haufen zusammengehalten“, die Delegierten würden das sicher honorieren. Ein Fehlurteil: Beutin verlor mit 45 zu 47 Stimmen gegen Radke, Angela Whyte holte nur 25 Stimmen, 65 Stimmen entfielen auf Cornelia Möhring.
Insgesamt gehören dem elfköpfigen Vorstand nur noch drei Mitglieder des alten Gremiums an, darunter Beutin, der Beisitzer ist. Nach der Wahl verließen die Mitglieder des „Neumünsteraner Kreises“ die Versammlung. Sie hatten zu Beginn des Parteitages dafür plädiert, Delegierte aus Lübeck und Kiel auszuschließen, da diese zu spät gewählt worden waren. In einem Flugblatt wurde die Lübecker Delegiertenwahl als „Beispiel für leider immer noch vorhandene totalitär agierende Sektierergruppen“ genannt.
Das Bundesschiedsgericht der Partei fand den Vorfall wenig dramatisch: Zwar würde noch geprüft, aber die Delegierten durften mitstimmen. „Ich finde es bedauerlich, dass die Neumünsteraner gegangen sind“, sagte Radke. Inhaltlich soll es nun darum gehen, ein Parteiprogramm und ein klares Profil zu erarbeiten. Durch die Kommunalwahl im Mai sind Linke in Gemeinderäte und Kreistage eingezogen, „die wollen jetzt Antworten und Strategien vom Landesvorstand“, so Radke. Der neue Vorstand werde mit der Sacharbeit beginnen, aber „nichts überstürzen“. Verteilungsgerechtigkeit und die Frage nach der Gesellschaftsordnung sollen im Mittelpunkt stehen, auch um eine mögliche Zusammenarbeit mit der SPD wird es gehen. Zu der Frage, ob Heilmann wieder als Spitzenkandidat für den Bundestag aufgestellt wird, wollte Radke nur so viel sagen: „Er wird sicher nicht der einzige Kandidat sein.“ ESTHER GEISSLINGER