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Archiv-Artikel

Kölner Karneval Kontra Krieg

Da waren die Lautsprecher überfordert: Mit rund 10.000 Teilnehmern übertraf die Friedensdemonstration von Köln die Erwartungen der Veranstalter. Auch der Karneval wird politischer – und eine Absage wie beim Golfkrieg 91 ist ausgeschlossen

aus Köln PASCAL BEUCKER

Mit einem solchen Zuspruch hatten die Organisatoren selbst nicht gerechnet. Eine Beschallungsanlage, die vielleicht für eine mittelgroße Dorfdisco ausgereicht hätte, hatten die Friedensfreunde vor dem Kölner Dom aufgebaut. Zu schwach für die über 10.000 Menschen, die am Samstag dem Aufruf der Initiative „Kein Krieg im Irak“ gefolgt und zum Roncalliplatz gezogen waren. So waren nur in den ersten Reihen noch die diversen Reden gegen die amerikanische Nahostpolitik zu hören.

„Immer wenn man denkt, die Wüste ist öde, dann sprießt der Protest“, kommentiert der Kabarettist Heinrich Pachl süffisant den Managementfehler. Der Grimme-Preisträger gehört zu einer Reihe Kölner Künstler – darunter Musiker wie Wolfgang Niedecken oder die Rockgruppe Brings und Schauspielerinnen wie Renan Demirkan –, die bereits seit Monaten versuchen, vor den drohenden Folgen eines immer wahrscheinlicher werdenden Irakkrieges zu warnen.

Sie sind Teil eines stetig wachsenden Friedensbündnisses in der Domstadt. So haben sich der Unterschriftenaktion der Initiative „Kein Krieg im Irak“ inzwischen auch zahlreiche Gewerkschafter, Professoren, Pfarrer und Politiker angeschlossen, zu denen die beiden Kölner Bürgermeisterinnen Renate Canisius (SPD) und Angela Spizig (Grüne) ebenso gehören wie Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen – ein Kreis, der weit über den der „üblichen verdächtigen“ Friedensbewegten und linken Kleinparteien hinausgeht. Entsprechend bunt war auch der Teilnehmerkreis der Demonstration am Samstag. Viele Bürger hatten sich dem Zug durch die Kölner Innenstadt spontan angeschlossen.

Für Heinrich Pachl ist klar: „Der neue Krieg wird eine ganz andere Katastrophe als der Golfkrieg 1991.“ So geht denn auch der Aufruf der „Kein Krieg im Irak“-Initiative deutlich über eine Unterstützung der rot-grünen Regierungspolitik hinaus. „Die Bundesrepublik Deutschland darf sich an diesem Krieg weder aktiv noch passiv (noch in sonst einer Form) beteiligen“, heißt es da. Das schließe die Verweigerung von Überflugrechten für US-Militärmaschinen im Kriegseinsatz ebenso ein wie den Abzug deutscher Soldaten aus Kuwait und vom Horn von Afrika.

Dabei ist eigentlich zur Zeit in Köln anderes als Protest angesagt: Die „fünfte Jahreszeit“ läuft auf vollen Touren. Es wird geschunkelt, bis es knallt. Doch nicht nur bei den Alternativkarnevalisten der „Stunksitzung“, die auch am Samstag auf der Demonstration auftraten, ist der drohende Irakkrieg ein Thema, auch der traditionelle Sitzungskarneval bleibt vom Friedensprotest nicht verschont: So zieht die Musikgruppe Höhner seit einigen Tagen zum Unwillen manches Karnevalsvereinspräsidenten mit einer kölschen Version des Antikriegsliedes „Sag mir, wo die Blumen sind“ durch die Festsäle. Ihr Motto haben sich die Höhnen dabei auch noch auf T-Shirts drucken lassen: „KKK“ – „Karneval Kontra Krieg.“

Nur für den Rosenmontagszug Anfang März ist der Krieg bislang noch kein Thema. Laut Zugleiter Alexander von Chiari gehöre er nicht in den Zug: „Die Leute hören schon genug schlechte Nachrichten.“ Auch eine Absage des Zuges wie beim letzten Golfkrieg 1991 steht diesmal bei den offiziellen Karnevalisten nicht zur Debatte.