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Archiv-Artikel

Oskar spielt den Möllemann

Der Privatmann Oskar Lafontaine will zurück ins politische Geschäft. Die saarländische SPD jubelt. Auf dem Neujahrsempfang der Saarbrücken-SPD bekam nur einer mehr Beifall: Hajo Hoffmann, vom Dienst suspendierter OB der Landeshauptstadt

von MATTHIAS BRAUN

Wenn es einer Partei schlecht geht, melden sich ihre Veteranen zurück. Entweder reichen sie eine helfende Hand – oder sie treten nach. Der SPD geht es schlecht. Nur noch 25 Prozent der Bundesbürger, so wenig wie zuletzt 1977, würden den Genossen die Regierung anvertrauen, ermittelte das Politbarometer letzte Woche. Prompt ist Oskar Lafontaine zur Stelle – ob mit helfender Hand oder derbem Tritt, darüber streiten die Genossen seit dem Wochenende wieder.

Am vergangenen Freitagabend hat der Exminister und bissige Bild-Kolumnist sich jedenfalls in die Herzen von 700 Sozialdemokraten geredet. Auf einem Neujahrsempfang der SPD-Fraktion im Saarbrücker Rathaus buhlte Lafontaine öffentlich um sein politisches Comeback. Denn nächsten Jahr wird im Saarland gewählt. Der Aspirant für die Spitzenkandidatur heißt Heiko Maas. Und so lautete Lafontaines Neujahrsbotschaft: „Es geht nicht um Maas oder Lafontaine, es geht um Maas mit Lafontaine, es geht darum, die Mehrheitsverhältnisse in diesem Land zu verändern.“

Einen Gutteil der Schuld an den jetzigen Mehrheitsverhältnissen, da sind sich alle einig, trägt Lafontaine selbst. Nach seinem Rückzug als Bundesfinanzminister und SPD-Parteichef vor knapp vier Jahren ging die Saarwahl an die CDU. „Als Erstes soll er das Saarland wieder erobern als Wiedergutmachung – und als Eintrittskarte“, sagt Ludwig Stiegler, stellvertretender Fraktionschef der SPD im Bundestag. Eine vorsichtige Einladung.

Mit einer Ausladung reagierte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. „Niemand wartet auf Oskar Lafontaine“, bellte er Richtung Saarland. Franz Müntefering, Stieglers Chef in der Fraktion, sekundierte: „Wenn Oskar Lafontaine der SPD wirklich helfen will, gibt es dazu eine Möglichkeit: Er muss ganz einfach in der Öffentlichkeit den Mund halten.“ Münteferings Wunsch ist verständlich. Zuletzt hatte Lafontaine seinen alten Rivalen Gerhard Schröder mit dem Reichskanzler Brüning verglichen. Schröders Gattin reagierte mit einer verbalen Ohrfeige für Lafontaine.

Zuvor hatte der linke Genosse bereits auf 320 Seiten das neoliberale Profil der Regierung Schröder gegeißelt – ausgerechnet im Springer-eigenen Econ-Verlag. Seitdem lässt sich immer wieder montags in Bild nachlesen, dass ein Herz, das links schlägt, für den politischen Gegner interessant ist. In den Kolumnen sind private Häme und politischer Dissens nur schwer auseinander zu halten.

Präsent aber ist der Ruheständler damit schon seit längerem wieder. Ein gelungener Neustart könnte womöglich den linken SPD-Flügel stärken – doch die Berührungsängste sind groß. „Es ist besser mit ihm zu diskutieren, als dass er über die SPD diskutiert“, sagt bewusst vorsichtig Hermann Scheer, Mitglied im SPD-Bundesvorstand.

Wie also weiter mit dem Möllemann der SPD? Bei seiner Rede am Freitag hatte Lafontaine keinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur für die Saarwahl angemeldet. Lafontaine sprach immer zuerst von Maas. Noch. „Ich bin mir nicht ganz klar über das Verfallsdatum dieser Aussage“, sinniert ein Teilnehmer des Empfangs.

Nun müssen die saarländischen Sozialdemokraten entscheiden. Zwar habe es unter den Saarbrücker Genossen zuerst Widerstände gegen die Einladung Lafontaines gegeben, erfuhr die taz. Doch der Jubel nach der 35-minütigen Rede des umtriebigen Privatmanns im Rathausfestsaal soll ungeteilt gewesen sein. Nur einer, so berichten Beobachter, wurde bei Bier, Wein und Wiener Wurst noch lauter besungen: Hajo Hoffmann, vom Dienst suspendierter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, der unter dem Verdacht der Untreue steht. Gerade wartet er auf sein Berufungsverfahren.