: Ausländerbehörde kauft Papiere
Beamte der Hamburger Ausländerbehörde sind nach Guinea geflogen, um Abschiebungen von Papierlosen „zu optimieren“. Nach einem Bericht der „Jungle World“ soll dabei Geld geflossen sein
Laut Aufenthaltsverordnung sind Passersatz-Papiere dazu da, „dem Inhaber den Grenzübertritt zu gestatten“. Dies gelte nicht, „wenn der ausstellende Staat aus dem Geltungsbereich des Ausweises ausgenommen oder wenn der Inhaber nicht zur Rückkehr in diesen Staat berechtigt ist“. Soll ein Flüchtling in einen Staat abgeschoben werden, für den er keinen Pass besitzt, hat die Ausländerbehörde ein Problem. TAZ
VON DANIEL WIESE
Beamte der Hamburger Ausländerbehörde sind mit Dortmunder Kollegen nach Guinea gereist, um dort mit Regierungsvertretern über eine Erleichterung von Abschiebungen zu sprechen. Dabei haben sie offenbar auch Ausweispapiere für papierlose Flüchtlinge gekauft. Das berichtet die Berliner Wochenzeitung Jungle World in ihrer aktuellen Ausgabe.
Die Hamburger Ausländerbehörde bestätigt indirekt, dass die Reise stattgefunden hat. „Ich weiß, was Sie meinen“, sagt Sprecher Norbert Smekal. Für weitere Auskünfte sei die zentrale Ausländerbehörde in Dortmund zuständig. Deren Leiter Frank Binder sagt, bei der Reise sei es darum gegangen, „die Zusammenarbeit mit den Einreisebehörden in Guinea zu optimieren“. Diese hätten „die Passpapiere, die bereits ausgestellt worden sind“, zwischenzeitlich nicht mehr anerkannt. Ohne Staatsbürgerschaft können Flüchtlinge in Deutschland nicht abgeschoben werden (siehe Kasten).
Im Sommer 2007 war eine guineische Delegation nach Braunschweig gereist, um in der dortigen Ausländerbehörde abgelehnte Asylbewerber aus ganz Deutschland zu begutachten. Etwa die Hälfte der dort Vorgeführten wurde anschließend gegen eine Gebühr zu guineischen Staatsbürgern erklärt. Nachdem in der Presse über den Deal berichtet wurde, erklärte Guineas Regierung, die Delegation sei nicht autorisiert gewesen. Die guineische Botschaft weigerte sich daraufhin, entsprechende Papiere auszustellen.
Die Jungle World habe bei ihm angefragt, ob bei der jüngsten Reise nach Guinea auch Passersatzpapiere beschafft wurden, sagt Dortmunds Ausländerbehörden-Chef Binder. „Das konnte man nicht verneinen.“ Es sei dabei allerdings nur um „minimale Möglichkeiten“ gegangen.
Eine dieser „Möglichkeiten“ hatte offenbar Auswirkungen auf die Abschiebung eines Asylbewerbers aus dem Kreis Harburg: Vor der Reise notierte die für den Mann zuständige Ausländerbehörde in Winsen/Luhe in einem internen Schreiben, das auch der taz vorliegt, die Kollegen aus Dortmund wollten in Guinea „Ausreisepapiere für die Betroffenen“ besorgen. „Das Dokument würde unbegrenzt gültig sein und könnte für eine Abschiebung genutzt werden.“ Die Kosten betrügen 2.500 Euro, heißt es weiter: „Dafür müssten wir eine Kostenübernahmeerklärung abgeben.“
Unmittelbar nach dem Abflug der deutschen Beamten nach Guinea sei das offizielle guineisches Reisedokument für den Flüchtling aus Harburg aufgetaucht – „abzuholen bei der Hamburger Ausländerbehörde“, berichtet die Jungle World mit Berufung auf den Bremer Anwalt des Flüchtlings. Der Mann sei daraufhin in Abschiebehaft genommen worden.
Die Reise nach Guinea sei mit dem Bundesinnenministerium und den Innenministerien der Länder abgesprochen gewesen, sagte der Dortmunder Ausländerbehörden-Chef Binder der Jungle World. Die von der Zeitung recherchierten Preise seien allerdings nicht korrekt – man habe nicht 2.500 Euro bezahlt, sondern 250. „Vielleicht hat da jemand eine Null zu viel notiert“, mutmaßt Binder. Weitere Informationen könne er derzeit nicht geben.