: Kassen bauen Betten ab
Krankenkassen setzen den Ruhr-Kliniken letzte Fristen für einen Bettenabbau. Die Krankenhäuser fordern mehr Zeit
VON ANNIKA JOERES
Den Ortskrankenkassen geht der Betten-Abbau in den Ruhr-Kliniken nicht schnell genug: Bis Februar sollen die Krankenhäuser möglichst viele Betten aus ihren Stationen rausschmeißen. Sonst solle das Land selbst den Rotstift ansetzen.
“Bisher gibt es keine konkreten Vorschläge für Einsparungen in den Dortmunder Kliniken“, klagt der Chef der Dortmunder Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), Thomas Fritz. Dortmund sollte im vergangenen Jahr über 400 Betten einsparen. Offensichtlich hätte die Freiwilligkeit bisher zu keinen Ergebnissen geführt, sagt Fritz. Bis Februar will die AOK nun feststellen, ob die Verhandlungen gescheitert sind - und dann solle NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) selbst entscheiden, wo die Dortmunder Klinik sparen soll, so Fritz.
„Das sind leere Drohungen“, sagt Matthias Albrecht, Arzt in der Dortmunder Klinik und Sprecher der Liste „Soziales Gesundheitswesen“ der Ärztekammer NRW. Auf einen Vorschlag der Klinik, weniger Betten einzusparen, habe die AOK nicht reagiert, ihre Daten würde sie immer verheimlichen. „Die AOK will Druck machen“, sagt Albrecht.
Hintergrund des Streits zwischen Kliniken und der Landesregierung ist die „regionalisierte Krankenhausplanung“. Die Krankenhäuser verhandeln mit den örtlichen Krankenkassen über ihr Budget, meistens fordern sie einen drastischen Bettenabbau. Den Kliniken geht mit jedem Bett eine pauschale Zuweisung des Landes verloren – dabei sind diese Zuweisungen das einzige liquide Mittel für zum Beispiel Reparaturmaßnahmen. Die Kranken sollen in Zukunft schneller gesund werden, sagt Ministerin Fischer: „Kürzere Verweildauer und bessere Bettenauslastung“, ist ihre Formel.
Um trotz Bettenabbau in Zukunft aber noch genügend Plätze für unerwartet Kranke oder Epidemien freizuhalten, müssten die Kranken allerdings sehr viel schneller genesen: In den letzten Jahren waren jährlich mehr als 4 Millionen PatientInnen in den NRW-Kliniken, zuvor waren es immer deutlich weniger als 4 Millionen. Und durchschnittlich waren 80 Prozent aller Betten belegt, in krankheitsreichen Zeiten wie während der Sommerhitze standen zuwenig Betten zur Verfügung.
„Krankheit kann nicht geplant werden“, sagt Jürgen Dahmen von der Gewerkschaft Verdi. Es müßte immer eine größere Anzahl von freien Betten geben, sonst müßten in Notfällen Kranke abgewiesen werden. Für Verdi geht der Bettenabbau aber auch auf Kosten von der Belegschaft: „Langfristig soll hier Personal entlassen werden“, sagt Dahmen. Wenn Kranke schneller abgefertigt und dann früher entlassen würden, werde am Ende die Belegschaft verkleinert. „Schon jetzt müssen wir zu schnell und hektisch arbeiten.“
Der Druck auf die Krankenhäuser ist auch in Münster groß. Das Haushaltsloch von 9 Millionen Euro sollen entlassene MitarbeiterInnen stopfen. In der Bäderabteilung sollen 16 MitarbeiterInnen ohne Sozialplan auf die Straße gesetzt werden, in der Physiotherapie sind es 10. Die verbleibenden MitarbeiterInnen müssen sich jetzt auf öfter wechselnde Schichtdienste einrichten und mehrere Stationen gleichzeitig versorgen.