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Archiv-Artikel

Rechtsstaatlichkeit beachten!

Folter-Debatte: Orientierungshilfe von Münsters Grünen für Wahrheit-Leser

Zu der Äußerung des Vorsitzenden des Dt. Richterbundes Geert Mackenroth, es seien „Fälle vorstellbar“, in denen zum Schutz „höherrangiger Rechtsgüter auch Folter oder ihre Androhung erlaubt sein können“, stellt die AG Demokratie und Recht des Kreisverbandes Münster von Bündnis 90 / Die Grünen / GAL ein „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Entführungsopfern und zur Verhinderung von Straftaten von erheblicher Bedeutung“ zur Diskussion:

§ 1 (Anwendung der Folter)

(1) Die Polizei ist befugt, das Mittel der Folter gegenüber Personen anzudrohen und anzuwenden, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder zur Abwehr einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist.

(2) Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Entführungsopfers oder die Verhinderung einer Straftat auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre.

(3) Eine geschlechtsspezifische Folter ist unzulässig. Die Folter einer Frau ist durch weibliche Foltervollzugsbedienstete durchzuführen. Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Anwendung einzelner Foltermethoden zu treffen.

§ 2 (Zuständigkeit; Benachrichtigungspflichten)

1) Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur durch die in § 74 f. des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte Folterkammer am Landgericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch den Polizeipräsidenten mit Zustimmung des Innenministers erfolgen.

(2) Bei den Landgerichten werden besondere Folterkammern gebildet. Diese sind mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt.

(3) Nach Durchführung der Maßnahme sind die Angehörigen des Verdächtigen unverzüglich über Anlass, Dauer, Ergebnis und Kosten der Maßnahme zu benachrichtigen. Wurde eine Frau gefoltert, ist zudem die Frauenbeauftragte der Gemeinde am Sitz der Folterkammer zu benachrichtigen.

§ 3 (Durchführung der Folter)

(1) Die Folter darf nur durch zuverlässige Personen angewendet werden, die vor der Industrie- und Handelskammer die Meisterprüfung im Gewerbe des Folterknechts abgelegt haben.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer ohne im Besitz des Befähigungsnachweises gem. Abs. 1 zu sein, das Foltergewerbe ausübt oder an Dritte weitervermittelt.

§ 4 (Kosten)

(1) Die Kosten der Durchführung der Maßnahme sind aus Gründen der angespannten Haushaltssituation des Landes Nordrhein-Westfalen von dem Inquisiten oder im Falle seines Versterbens von dessen Angehörigen zu tragen.

(2) Die Kosten können dem Inquisiten erstattet werden, wenn er in einem späteren Strafprozess freigesprochen wird. Über die Kostenerstattung entscheidet die in § 74 f. des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichnete Folterkammer beim Landgericht.

§ 5 (Befristung; Evaluierung)

(1) Dieses Gesetz tritt am 31. 12. 2008 außer Kraft, es sei denn, dass der Landtag zuvor seine Verlängerung beschließt.

(2) Nach Ablauf von jeweils drei Jahren beauftragt das Innenministerium die Polizeiführungsakademie in Münster als unabhängige Stelle mit der Erstellung eines Gutachtens über die Frage, ob sich die Maßnahme bewährt hat. Das Gutachten wird unverzüglich den Mitgliedern des Landtages zugänglich gemacht.

WILHELM ACHELPÖHLER, DR. STEFAN RIESE, DR. HOLGER NIEHAUS, THOMAS MARCZINKOWSKI