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Archiv-Artikel

Haltung gezeigt

Dann eben ohne Staatsknete! Die Berliner Kunst-Werke wollen die RAF-Ausstellung selbst finanzieren. Ist staatliche Förderung nur noch bei Wohlverhalten zu erwarten?

VON BRIGITTE WERNEBURG

Die umstrittene Kunstausstellung zur RAF wird wie geplant im Winter 2004/2005 in den Kunst-Werken, Berlin, stattfinden. Staatsknete allerdings wird zu ihrer Finanzierung nicht beitragen. Die Ablehnung des staatlichen Zuschusses kam jedoch nicht vom Hauptstadtkulturfonds, der über den modifizierten, zweiten Antrag der Kunst-Werke zur Förderung ihrer Ausstellung am Montag entscheiden wollte. Die Kunst-Werke selbst und ihr Leiter Klaus Biesenbach kamen dieser Entscheidung zuvor, indem sie den Antrag an diesem Tag einfach zurückzogen.

Ein beachtlicher Schritt. Die Kunst-Werke zeigen Haltung und fordern damit auch Haltung in der Kunstwelt, denn die Ausstellung muss sich nun mittels Spenden und einer künstlerischen Edition finanzieren. Nur mit diesem Schritt ist nun sichergestellt, dass das Konzept verwirklicht werden kann, die ästhetische Auseinandersetzung mit der RAF aufzuzeigen, wie sie im Kunstbetrieb seit Jahren im Gange ist, von Joseph Beuys angefangen über Gerhard Richter bis hin zu Johannes Kahrs oder André Korpys und Markus Löffler. Die Einwendungen von Angehörigen der RAF-Opfer, die befürchteten, die Ausstellung mit dem Arbeitstitel „Mythos RAF“ wolle die Taten der Baader-Meinhof-Gruppe glorifizieren, lieferten nämlich im Sommer vorigen Jahres Politikern aller Couleur die passende Gelegenheit, sich als politisch korrekte Sittenwächter zu profilieren. Allen voran Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Innenminister und ehemaliger RAF-Verteidiger Otto Schily; lautstark aber auch Friedrich Merz und Guido Westerwelle.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss, die am Montag in einer ersten Stellungnahme betonte, jetzt könne die Kunstausstellung weiter vorbereitet werden, „ohne Kritikern die Chance zu geben, die staatliche Unterstützung als Vorwand für politische Polemik zu missbrauchen“, war freilich diejenige, die die Vorgaben aus dem Kanzleramt zu exekutieren hatte. Das den Kunst-Werken vom Hauptstadtkulturfonds – in dessen Entscheidungskommission die Staatsministerin Stimmrecht hat – schon zugesagte Geld wurde auf ihren Druck hin einer erneuten Prüfung unterzogen. Zudem wurde Biesenbach aufgefordert, das Konzept zu modifizieren und sich der wissenschaftlichen Beratung durch die Bundeszentrale für Politische Bildung und das Hamburger Institut für Sozialforschung zu versichern.

Nun also geht es ohne politpädagogisches Begleitprogramm. Nun qualifiziert sich die Tauglichkeit des Konzepts am ausgearbeiteten Gegenstand selbst, an der Ausstellung. Nun also wird es Kritik geben, aber keine Vorverurteilung. Das ist ein Sieg der Kunstfreiheit, und doch steht zu befürchten, es sei ein Pyrrhussieg. Denn die Frage, inwieweit unter der jetzigen Bundesregierung staatliche Kunst- und Kulturförderung nur bei Wohlverhalten zu erwarten ist, steht weiterhin im Raum. An die liberalen Grundsätze, die jeder staatlichen Förderung zugrunde liegen sollten, mag man jedenfalls nach dem RAF-Procedere nicht mehr glauben. Christina Weiss als Herrin der Künste war nicht gut beraten, als sie sich in die Vorzensur des Projekts verwickeln ließ.

Unbenommen steht es der Bundeszentrale oder dem Reemtsma-Institut zu, die überfällige historisch-kritische Ausstellung zur RAF zu machen – vielleicht sogar mit neuen Dokumenten aus den Archiven? Im Falle von Jan Philipp Reemtsmas Institut für Sozialforschung, kann man sich denken, würde auch diese Ausstellung ohne staatliche Förderung auskommen. Weithin bekannt wurde das Hamburger Institut ja durch die umstrittene und schließlich sogar revidierte Wehrmachtsausstellung, die mit Staatsknete auch nie durchzusetzen gewesen wäre.