: Gläserne Fluggäste in die USA
Im Kampf gegen den Terror dürfen die USA inzwischen bereits bei der Buchung die Flugdaten aller aus dem Gebiet der EU einreisenden Passagiere einsehen
BERLIN taz ■ An verschärfte Schuhinspektionen haben sich Passagiere mit dem Flugziel USA inzwischen gewöhnt. Auch daran, dass sie beim Auspacken mitunter einen Zettel in ihrem Koffer finden, dass der amerikanische Zoll ihn noch einmal extra untersucht habe. Seit gestern wird der Informationshunger von US-Behörden noch etwas mehr gestillt. Schon bei der Buchung eines Fluges in die USA können die im Computersystem gespeicherten Daten an den dortigen Zoll weitergegeben werden.
Möglich geworden ist diese Transparenz, die die USA schon lange von der Europäischen Union (EU) fordern, durch eine Vereinbarung zwischen EU-Kommission und US-Regierung vom 18. Februar. Dort heißt es, dass die EU-Datenschützer künftig nicht gegen Fluglinien vorgehen werden, die dem US-Zoll die bei der Buchung erhobenen Daten zur Verfügung stellen – was bis dato als Verstoß gegen die EU-Datenschutzrichtlinie galt.
Bei der Lufthansa zeigt man sich vorbereitet. „Die Zollbehörde erhält Zugriff auf Reservierungs- und Buchungssysteme, die bislang nur von uns operational genutzt wurden“, sagt Unternehmenssprecher Bernd Hoffmann. Was er nicht sagt: Bei einer Buchung über mehrere Flugziele liegen auch alle Informationen offen. Fliegt jemand von Frankfurt zu einer Messe nach Singapur, von da zur Tochterfirma nach Brüssel und dann nach Washington und bucht er alle Flüge auf einem Ticket, dann ist der komplette Vorgang ersichtlich. Einschließlich angegebener Handynummer, Kontaktadresse im Ausland, Kreditkartennummer bis zum Namen der Sekretärin. Bei Gruppenflügen ist auch nachvollziehbar, wer wann mit wem wohin unterwegs war.
Bundesdeutsche Datenschützer sind mit der Regelung „nicht glücklich“, so Peter Büttgen. Der Sprecher des Bundesamtes für Datenschutz erklärt, seine Behörde habe bei den Vorgesprächen mit der Bundesregierung für eine gezielte Versendung der Daten plädiert. Der nun zur Verfügung gestellte Zugriff sei aber unbedenklich, da es nur um Daten ginge, die zur Identifizierung dienten. Zudem werde der Kunde über die Weitergabe informiert, und die USA hätten versichert, dass die Daten nur zweckgebunden benutzt würden.
Wer das kontrollieren soll, weiß aber niemand. Amadeus, Anbieter des größten Buchungssystems, feilt mit europäischen Regierungen und Fluglinien an einem Katalog der Daten, die weitergegeben werden und dann gezielt versendet werden sollen. Das wird aber noch Monate dauern, heißt es bei Amadeus.
Bis dahin bleibt der Online-Zugriff bestehen: Und wem das nicht passt, so Lufthansa-Sprecher Hoffmann, „dem bleibt als einzige Konsequenz der Rücktritt vom Flug“. ANETT KELLER