: Lokalfürsten satzen sich durch
Die Liberalen haben eine neue Satzung. Zu Abgeordnetenhauswahlen will die FDP aber weiter mit einer Bezirksliste antreten. Interessanter ist: Wer wird neuer Parteichef?
Immer wieder erinnerten leidgeprüfte Delegierte des FDP-Landesparteitags daran: Nun schon 15 bis 20 Jahre versuche man vergeblich, sich eine neue Satzung zu geben. Doch gestern war es in einem Hotel nahe dem Bahnhof Friedrichstraße dann doch endlich so weit: Die Liberalen haben eine neue Satzung, „ein großes Werk“, wie Landeschef Günter Rexrodt lobte, denn es sei eine „schwierige, uns lange beschäftigende Angelegenheit“ gewesen.
Warum hat die Arbeit daran so lange gedauert? Weil es natürlich um Machtfragen ging, vor allem darum, wer die Kandidaten für die Wahlen ins Abgeordnetenhaus bestimmt. Bisher waren es die Bezirksgliederungen der Partei. Eine Landesliste, vom Landesvorstand präferiert, fand bis dato nie die nötige Zweidrittelmehrheit, die für eine Satzungsänderung vorgeschrieben ist.
So auch gestern: Es bleibt bei der Bezirksliste. Lokalfürsten wollen sich nicht diktieren lassen, wer vorne steht. Auch andere Satzungsänderungen fanden selten eine ausreichende Stimmenzahl. Die Neuerungen der neuen Satzung sind eher peripher, aber nun hat man eine – und hofft auf weniger Schiedsgerichtsverfahren wegen Mauscheleien um die Frage, wer wo wohnt oder arbeiter und deshalb wo als Kandidat antreten darf.
Und die zweite große Frage, die die Delegierten beschäftigte: Wer wird Landeschef(in), wenn Rexrodt im April beim nächsten Parteitag nicht mehr antritt? Ausgeguckt hat er sich offenbar den 43-jährigen Bundestagsabgeordneten Markus Löning. Ambitionen hat augenscheinlich auch der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Martin Lindner (39). Doch während Lindner die Delegierten rhetorisch zu packen vermochte, wirkte Löning eher blass. Beide betonen, eine Entscheidung sei noch nicht getroffen. Auf dem Parteitag war zu hören, in einer etwa Woche solle der Kandidat ausgekungelt sein. Recht auffällig war, dass Rexrodt ohne rechten Anlass von den Delegierten „menschlichen Anstand“ einforderte. Eigentlich will man gar nicht so genau wissen, was da hinter den Kulissen vorgeht. PHILIPP GESSLER