Paarung im Seminarraum

Die International University Bremen (IUB) und das Konzerthaus Glocke untersuchen gemeinsam große Themen: Liebe ist dabei, Sex auch – und der Tod

Sitzen zwei auf einer Parkbank und haben Frühlingsgefühle. Sie Biologin, er Literaturwissenschaftler. Sagt er: „‘Liebe ist das einzige, was nicht weniger wird, wenn wir es verschwenden.‘ Steht so bei Ricarda Huch, deutsche Schriftstellerin, 1864 bis 1947.“ Sagt sie: „Dein Testosteron-Spiegel erreicht erst im September seinen Höhepunkt. Und das Dopamin in meinem Hirn ist spätestens in einem Jahr verschwunden.“

Das Fiese dabei: Die Biologin und der Literat, beide haben recht. JedeR für sich. Und weil sie doch zusammenkommen möchten, verlassen sie die Parkbank und treffen sich im Seminarraum wieder. Denn da ist die Idee interdisziplinärer Forschung an ein- und derselben Thematik gang und gäbe – zumindest wenn die Hochschule halbwegs auf der Höhe der Zeit ist.

Was die noch junge International University Bremen (IUB) für sich in Anspruch nimmt – so sehr, dass das fächerübergreifende Forschen und Lehren dort nicht mehr „inter-“, sondern gleich „transdisziplinär“ genannt wird. Früchte dieser Arbeit präsentiert die IUB ab Ende März in der Reihe „Sichtweisen“: Jeweils zwei IUB-Profs unterschiedlicher Fachrichtungen stellen ein Thema so dar, dass es „jeder verstehen kann“, sagt Biologie-Prof Alexander Lerchl. Die Themen sind so gewählt, dass eine breite Zuhörerschaft Interesse und eigene Gedanken mitbringen wird. Literaturwissenschaftler Thomas Rommel: „Wir beginnen an einem Punkt, wo wir die Leute abholen können.“

Bei der Auftaktveranstaltung am 31.3. heißt dieser Punkt „Frühlingsgefühle“. Lerchl und Rommel sprechen über „Liebe, Sex und Tod in Biologie und Literatur“, berichten, wie „Viren, Bakterien und Parasiten“ die Entwicklung der Sexualität beeinflussten (Lerchl) und wie „die Literatur reagiert auf die Erkenntnisse der Biologie“ (Rommel).

Aber das ist nicht alles: Ergänzt und befruchtet wird das gesprochene Wort durch die Kunst. Beim Termin „Frühlingsgefühle“ werden dies die Tango-Argentino Tänzer Valencia Batiuk (Argentinien) und Filippo Avignonesi (Italien) sein. IUB-Pressesprecherin Beate Wolff: „Was erzählt wird, wird visualisiert im Tanz. Der Tanz wird das Thema als ausdrucksstarkes Element dann deutlicher fassen oder zurückgenommener oder auch einen Bruch darstellen – das wird sich zeigen.“

Bestärkt wird der künstlerische Anspruch durch den Kooperationspartner und Veranstaltungsort der „Sichtweisen“: Die Bremer Glocke erhofft sich von dem Projekt, „neue Zielgruppen zu erschließen. Die Publikumsabgrenzungen sollen durchlässiger werden“, so Glocke-Geschäftsführer Thomas Weinsberg.

Außerdem versuche man sich mit der Reihe an der „Definition eines Kulturbegriffs für Bremen“, denn: Wissenschaft und Kultur gehen Hand in Hand, ganz wie‘s das vorläufige Konzept der Kulturhauptstadtbewerbung vorsieht. Weinsberg: „Wir spielen ein bisschen Kulturhauptstadt, wollen zeigen, wie so etwas funktionieren könnte.“ Zunächst drei Veranstaltungen lang, bei Zuspruch in der nächsten Saison auch gerne regelmäßig – wie‘s halt so läuft, wenn zwei sich im Frühling treffen. Klaus Irler

Die Reihe „Sichtweisen“ startet am 31.3. um 20 Uhr im kleinen Saal der Glocke mit dem Themenabend „Frühlingsgefühle“. Die nächsten Themen: Frauenpower (12.5.) und Signale (16.6.). Karten für 6 Euro (ermäßigt: 4 Euro) unter ☎ 0421 - 33 66 99