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Archiv-Artikel

Angola säubert Minen

Zu Tausenden werden im größten informellen Diamantengebiet der Welt „illegale“ Schürfer vertrieben. Menschenrechtler im Kongo schlagen Alarm

VON DOMINIC JOHNSON

In Angola, viertgrößter Diamantenproduzent der Welt, läuft eine gigantische Militäroperation, um die informelle Schürferei im Diamantentagebau im Nordosten des Landes zu beenden. Ziel der Operation „Raid Brilhante“ sind die rund 290.000 „illegalen“ Schürfer, die auf eigene Gefahr in den Flussbetten des Kwanza-Tales und Umgebung nach den Edelsteinen suchen. Sie müssen sich nun entweder um eine kompliziert zu erwerbende offizielle Erlaubnis bemühen oder ihre Sachen packen. Letzteres ist die einzige Option für die rund 90.000 Ausländer unter ihnen, zumeist Bürger der benachbarten Demokratischen Republik Kongo sowie von Sierra Leone, Mali und Senegal.

10.000 Kongolesen sind seien seit Ende Dezember aus Angolas Diamantengebiet verjagt wurden, berichtete die kongolesische Menschenrechtsorganisation VSV (Voix des Sans-Voix) am Donnerstag. Verantwortlich für die „Akte der Barbarei“ seien Armee und Polizei „in Zusammenarbeit mit Mengen wütender Zivilisten, die keine Kongolesen mehr in ihrem Land wollen“.

Rückkehrer aus Angola berichteten im Kongo von schrecklichen Szenen. „Die Angolaner schossen auf uns und brannten unsere Hütte ab“, erzählte der ausgewiesene Schürfer Puis Kabanga. Er und seine Freunde seien elf Tage lang zu Fuß nach Kongo marschiert – und am Schluss hätten angolanische Grenzer ihnen all ihren Besitz abgenommen. Andere seien von Zivilisten mit Macheten angegriffen und ausgeraubt worden.

Angolas Regierung sagte, sie könne die Berichte weder dementieren noch bestätigen, und überhaupt sei die Armee zuständig. Nach Armeeangaben wurden bei der Operation 700 Menschen festgenommen, darunter 334 Ausländer. Die Soldaten hätten auch Waffen sichergestellt. „Die Militärs sollen alle Angolaner und Ausländer verhaften, die illegal Diamanten ausbeuten, und ihr Material beschlagnahmen“, erklärte der zuständige General Egidio de Sousa.

Angola war während seines jahrzehntelangen Bürgerkriegs zwischen marxistisch orientierter Regierung und Unita-Rebellen Ausgangspunkt für die internationale Debatte um konfliktfördernde „Blutdiamanten“, weil die Unita ihren Krieg zeitweise durch informelle Diamantenexporte in Milliardenhöhe finanzierte. Heute will Angola zum Vorreiter des neuen internationalen Regelwerks für „saubere“ Diamantenförderung werden, in dem nur Steine mit staatlichen Echtheitszertifikaten legal gehandelt werden können.

In diesem Zusammenhang sind die nordostangolanischen Diamantenfelder sehr wichtig. Denn in der Schlussphase des Bürgerkrieges, der 2002 endete, rissen sich angolanische Generäle große Diamantengebiete unter den Nagel. Unter ihrer Protektion arbeiteten viele der Schürfer, die jetzt vertrieben werden. Vor einer Woche meldete Angolas staatliche Nachrichtenagentur triumphierend, das Diamantengebiet am Kwanza-Fluss sei jetzt unter Armeekontrolle. So lösen neue Generäle die alten ab.