rürup-kommission : Zurück zur Ära Kohl
Insgesamt gibt die Rürup-Kommission kein glückliches Bild ab: Bei der Gesundheitsreform konnte man sich nicht einigen, ob man die Kopfprämie will – oder doch lieber neue Beitragszahler heranziehen möchte. Und auch beim Thema Rente stellt sich keine komplette Einmütigkeit ein.
Kommentarvon ULRIKE HERRMANN
Doch selbst wenn sich die Rürup-Kommission auflösen sollte: Ihr Vorsitzender kann zufrieden mit sich sein. Denn immerhin ist seine Lieblingsmeinung zur Rente jetzt Mehrheitsmeinung im Gremium. Nur die Gewerkschaften sind dagegen. Man könnte es auch anders sagen: Rürup hat erneut die Position durchgesetzt, die er schon einmal zur Politiknorm erheben konnte – als Berater von CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm.
Nur heißt der „demografische Faktor“ von damals jetzt „Nachhaltigkeitsfaktor“ – und seine rechnerischen Wirkungen sind auch nicht ganz die gleichen wie bei Blüm, weil man in der Kommission mehrheitlich beschlossen hat, das Rentenalter ab 2011 sukzessive von 65 auf 67 Jahre anzuheben.
Aber das sind Details. Insgesamt fügt sich die Rentenbotschaft der Rürup-Kommission bestens in das Gesamtbild der rot-grünen Sozialreformen. Man macht jetzt dort weiter, wo die Regierung Kohl aufgehört hat. Die erste Legislatur der Ära Schröder war ein folgenloser Ausflug bei den Sozialreformen. Ein paar Beispiele: Die Minijobs gibt es wieder als Nebenverdienst, das Scheinselbstständigengesetz ist durch die Ich AG obsolet, und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall soll erneut eingeschränkt werden – diesmal, indem das Krankengeld nur von den Arbeitnehmern zu versichern wäre.
Der Streit in der Rürup-Kommission oder die Auseinandersetzungen im Bundestag verdecken, wie enorm der Konsens eigentlich ist. Ob CDU, Grüne, FDP oder der Mainstream der SPD: Man ist sich einig, dass die Lösung lautet: „Weniger Staat, mehr private Vorsorge und Eigenverantwortung“. Genau dies ist auch die Botschaft der neuen alten Rentenformel.
Doch kann nur fürs Alter sparen, wer gut genug verdient. Nur: Das gilt nicht für die unteren 30 Prozent der Bevölkerung. Sie haben kein Vermögen, sondern vor allem Schulden. Man wird sich um sie kümmern müssen. Diese schlichte Erkenntnis kann man jetzt noch durch eine komplizierte Rentenformel ausblenden. Aber die Frage wird sich irgendwann dringend stellen, was eigentlich aus den Armen werden soll.