: Fastet Kiel nun doch?
Nach ganztägigen hektischen Beratungen von SPD und CDU könnte die Diätenerhöhung im schleswig-holsteinischen Landtag doch noch kippen
von WOLFGANG SCHMIDT
Im Streit um die Erhöhung der Abgeordnetendiäten im schleswig-holsteinischen Landtag haben SPD und CDU gestern den ganzen Tag lang bis in den Abend über eine Lösung beraten. Am Nachmittag zeichnete sich bereits ab, dass die bisherigen Erhöhungspläne „kippen“ könnten. Unter starkem Druck der eigenen Basis und der Öffentlichkeit diskutierten die Fraktionen von SPD und CDU hinter verschlossenen Türen. Eine Entscheidung war bis Redaktionsschluss noch nicht gefallen.
Hintergrund sind die Proteste gegen die beschlossene Erhöhung der Diäten um 1800 auf 5700 Euro zum 1. Juni. Im Gegenzug zur Anhebung der Bezüge sollen die meisten Funktionszulagen und Pauschalen entfallen – entsprechend einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Erhöhung soll noch vor den nächsten Landtagswahlen 2005 über die Bühne gehen. Nach einer Aufstellung der grünen Abgeordneten Monika Heinold erhielte der Landtagspräsident nach der Erhöhung gar 10.260 Euro statt bisher 7735 Euro.
Zuletzt hatten die Spitzen von SPD und CDU in Krisengesprächen eine Lösung gesucht. Die Landesvorstände tagten, auch die Vorstände beider Fraktionen mit ihren Vorsitzenden Lothar Hay (SPD) und Martin Kayenburg (CDU) trafen zusammen, die Landesparteichefs Claus Möller (SPD) und Peter Harry Carstensen (CDU) telefonierten miteinander. „Ich habe deutlich gemacht, dass es wohl kein Gremium der Partei geben würde, das diese Diätenreform absegnen würde“, sagte Carstensen.
Beide Fraktionsführungen hatten bisher an dem Vorhaben festgehalten, während die Parteichefs Möller – mit Rückendeckung durch Ministerpräsidentin Heide Simonis – und Carstensen für eine Verschiebung auf 2005 plädierten. Dies forderten auch fast alle Kreisvorsitzenden der SPD, die den Abgeordneten mit Konsequenzen für die Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl 2005 drohten.
Die Kritiker werfen SPD und CDU vor, dass die Erhöhung der Diäten schon jetzt in Kraft treten solle, die „schmerzhaften“ Reformpunkte aber erst mit Beginn der neuen Legislaturperiode. Dazu gehören die von den Abgeordneten selbst zu bezahlende Altersversorgung und die Verkleinerung des Landtages auf 69 Sitze. Regulär hat das Parlament bisher 75 Abgeordnete, auf Grund von Überhang- und Ausgleichsmandaten derzeit aber 89. Die „kleinen“ Fraktionen von Grünen, FDP und SSW kritisierten heftig das Vorgehen der „Großen Diäten-Koalition“.
Kritik von der Bundesebene kam am Montag von den Liberalen: „Der Vorgang schürt das Misstrauen der Bürger und den Eindruck einer Selbstbedienung“, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper forderte eine Nullrunde bei den Diäten im Bundestag und den Landtagen. Wer von den Bürgern einen Sparkurs mit Einschnitten in das Sozialsystem verlange, dürfe sich selbst nicht raushalten, sagte Pieper. Die in Kiel geplante Erhöhung der Abgeordnetendiäten bezeichnete sie als „unmoralisch und nicht vertretbar“.