: „Bio“ im Abo und frei Haus
Lebensmittel vom Ökomarkt oder aus dem Bio-Supermarkt sind oft teuer. In Köln und Umgebung etabliert sich nun ein flächendeckender Lieferservice. Bringdienste liefern „bio“ auf Bestellung
VON NICOLE KLEMP
Noch Mitte der 80er Jahre gab es in Köln einige wenige Bioläden, die geschmacksneutrale Tofuwürfel und schrumpelige Äpfel anboten. Prädikaten wie „bio“ und „öko“ haftete ein Geruch von Verzicht an – Verzicht auf Genuss, Spaß und bunte Warenwelt. Zwei Jahrzehnte später sieht die Situation erfrischend anders aus. Die Bioproduktpalette ist inzwischen ebenso vielseitig wie die konventionelle. In Köln stellt sich mittlerweile auch die Darreichungsform so bunt dar: Neben zahlreichen Bioläden, die in Sortiment und Beratung schwer aufgeholt haben, neben Ökomarkt und vier großen Bio-Supermärkten, etabliert sich ein flächendeckender Bio-Lieferservice.
Durch Lebensmittelskandale und Gendiskussion entdecken immer mehr Verbraucher die Vorzüge von unbehandeltem Obst, gesundem Fleisch und nährstoffreichem Gemüse. Laut einer Emnid-Studie kaufen mittlerweile 60 Prozent der Verbraucher Bioprodukte ein oder zu.
Doch „bio“ hat auch einen negativen Beigeschmack: Ökoprodukte sind für viele Verbraucher immer noch unerschwinglich. Auch hier könnten die Bio-Bringdienste für die Kölner Abhilfe schaffen, denn der Direktvertrieb und mit ihm die Möglichkeit des gezielteren Anbaus und des geringeren Überschusses lässt die Preise zum Teil unter denen des Bio-Großhandels liegen. So könnte sich auch der „kleine“ Kölner „bio“ und „öko“ leisten.
Die Biogemüse-Abos und Bring-Services, die Gemüse, Obst, Kräuter, Brot, auch Milch, Eier, Käse, und Wurst aus ökologischem Anbau direkt zum Kunden bringen, werden im Raum Köln, Düsseldorf und Bonn bisher von knapp 5.000 Haushalten genutzt. Das wohl bekannteste unter den Bio-Abonnements ist die „Rheinisch-Ökologische Gemüse-Tüte“. Die Tüte, für deren Design eine Wundertüte aus den 70er Jahren Pate stand, ist die am meisten verbreitete Bio-Einkauf-Alternative. Über 1.500 Ökoliebhaber holen sich jede Woche die farbige Tüte im nächsten Bioladen oder Reformhaus ab. Zuvor bezahlt und aus sechs verschiedenen Gemüse- oder Obstsortimenten sowie Preiskategorien ausgewählt, verspricht Landwirt Christoph Dornbusch jede Woche eine wechselnde Auswahl aus rund 80 überwiegend regionalen Gemüsen mit passenden Rezepten und Frischegarantie.
Das kann auch das „Gemüse-Abo von Apfelbacher“ garantieren. Seit 1980 existiert der ökologische Gemüseanbau nach BIOLAND-Verband-Richtlinien des Familienbetriebs im Vorgebirge. Damit war der Hof einer der ersten in NRW, der nach kontrollierten Bestimmungen anbaute, wenn es auch in den vergangenen Jahren immer mehr wurden. Waren es 1996 nur 437, gab es 2003 schon 1.028 Betriebe, die nach der EG-Öko-Verordnung wirtschafteten.
Bereits seit 1995 beliefern Apfelbachers neben dem Ab-Hof-Verkauf ihre Kunden im linksrheinischen und in den südlichen Vororten Kölns frei Haus. Sie bieten Saisongemüse aus der eigenen Gärtnerei, der Region und einen kleinen Teil, vor allem von Januar bis März, aus Südeuropa. Die Bauern kennen sie persönlich. „Die Kollegen produzieren gezielt und nach Absprache“, sagt Landwirtin Tita Apfelbacher. „Manchmal schicken wir sogar eigenes Saatgut.“
Acht verschiedene Sortimente in drei bis vier Größen werden angeboten, dazu Eier, Kartoffeln und Brot im Abo und eine Vielzahl an Produkten in Zubestellung. Wie die Tüte werden auch diese Pakete nett mit Rezepten und ein bisschen Warenkunde geschnürt. Der Lieferservice verspricht Überraschung, Abwechslung und Neues. Darüber hinaus geht er auf die Bedürfnisse seiner Kunden ein: Das Mutter und Kind-Sortiment für stillende Mütter etwa schließt treibende und blähende Gemüsearten aus. Und die Individualkiste kann ab einem Wert von 20 Euro völlig frei zusammen gestellt werden.
Ob Tüte oder Kiste – es steckt fast immer Regionales drin. So wird die regionale Wirtschaft und auch der Umweltschutz gefördert. Denn der Anbau ohne synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel erhält die Gesundheit des Bodens. Und somit die der Verbraucher.