: Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhe
Nur 1997 suchten mehr Menschen Arbeit: Zahl der Erwerbslosen im Februar auf 921.200 geklettert. SPD-Wirtschaftsminister Harald Schartau will dennoch aus der Arbeitsmarktpolitik aussteigen
VON ANDREAS WYPUTTA
Rezession und Winterwetter haben die Massenarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen ein neues Rekordhoch getrieben: Nie zuvor waren in einem Februar mehr Menschen arbeitslos als im vergangenen Monat. Die Zahl der Erwerbslosen stieg um über 7.000 auf 921.200 – die Arbeitslosenquote verharrte dennoch bei 10,4 Prozent. Nur im Januar 1997 suchten noch mehr Menschen in NRW Arbeit: Vor sieben Jahren waren 921.330 Erwerbslose registriert.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg im Vergleich zum Vorjahr um erschreckende 15,4 Prozent – mit knapp 326.000 stellt diese Gruppe mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen. Auch die Zahl der jüngeren Arbeitslosen stieg um 5.820 auf 97.940. Besonderes Sorgenkind im Land blieb das Ruhrgebiet: Hier stieg die Arbeitslosenquote um satte 1,4 auf 13,4 Prozent. Die höchsten Quoten verzeichnen Gelsenkirchen und Dortmund mit 16,2 und 15,1 Prozent. In Bonn und Rheine ist die Arbeitslosigkeit mit 7,4 und 7,6 Prozent landesweit am geringsten.
Die Reaktion der Opposition kam prompt: Die Zahlen seien der „Nachweis falscher und gescheiterter rot-grüner Politik“, glaubt der sozialpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Rudolf Henke. „Statt Weichen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu stellen, werden die Unternehmen mit Bürokratie und finanziellen Belastungen stranguliert.“ Gehard Papke, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, warf der Landesregierung eine „wirtschafts- und beschäftigungspolitische Geisterfahrt“ vor. Nötig sei eine wirtschaftsfreundlichere Politik, insbesondere zur Stützung des Mittelstands.
Auf diesen Kurs umschwenken will auch Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau (SPD): Die Landesregierung zieht sich aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik – also aus der Förderung und Qualifizierung Erwerbssuchender – komplett zurück: „Sonderprogramme des Landes gibt es künftig nur noch für Behinderte und Jugendliche“, so Schartaus Sprecherin Heike Döll-König zur taz. „Die klassische Arbeitsmarktpolitik soll die Bundesagentur für Arbeit machen.“
Stattdessen will der Wirtschaftsminister verstärkt Unternehmen direkt fördern – und hofft, durch diese Subventionen entstünden neue Arbeitsplätze. Nach der „Neuressortierung“, also der Zusammenlegung von Arbeits- und Wirtschaftsministerium, wolle er nun auch seine „Wirtschafts- und Arbeitspolitik jetzt auch inhaltlich noch stärker integrieren“. Dabei fährt Schartau, der auch Landesvorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD ist, eine riskante Doppelstrategie (siehe auch Analyse): Im Landtagsausschuss für Arbeit und Soziales hatte der Ex-Gewerkschafter am Mittwoch noch verkündet, Langzeitarbeitslose auch zukünftig mit Programmen des Landes fördern zu wollen. Kurz darauf im Wirtschaftsausschuss legte Schartau entgegen Absprachen mit den Grünen einen Schwerpunkt auf Unternehmensförderung: „Da bekommen wir einen heftigen Konflikt.“